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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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an Alma dachte und an Donna. Wenn man von dem Menschen, den man liebt, nicht erwarten kann, daß er menschlich ist, was, zum Teufel, kann man dann erwarten? Einen Orgasmus einmal in der Woche? Unsinn. Das Geschlechtsleben ist nur ein kleiner Teil der Geschichte. Meiner Meinung nach jedenfalls.
    Mister Garrison ließ sich über unsere Zukunft aus. »Sie werden Fehler machen«, sagte er. »Das geschieht uns allen. Aber bitte, glauben Sie mir, Sie wissen mehr, als Sie ahnen. Sie haben es uns bewiesen. Und prägen Sie es sich ein, ein für allemal, von nun an sind Sie verantwortungsvolle menschliche Wesen, und es gilt, Ihre Verantwortung mit beiden Händen fest anzupacken.« Ja, dachte ich. Okay. Okay. Aber an diesem Punkt fesselte etwas anderes meine Aufmerksamkeit: die Gäste. Peg Webley hatte uns gesagt, wenn wir Freunde und Verwandte zur Abschlußfeier einladen wollten, so dürften wir das gern tim. Ich hatte niemanden eingeladen. Ich begann ein neues Leben, und ich hatte kein Verlangen nach einem Zeugen dafür. Ich war die Katze, die allein jagte. Eine unabhängige Kreatur.
    Ich zählte zwei Gäste, mehr waren es nicht. Eine nett aussehende Dame in mittleren Jahren und den alten Luke Lukas. Sie saßen auf einer Seite neben der Tribüne, wo man vorsorglich dreißig Stühle aufgestellt hatte. Und zum erstenmal, glaub’ ich, traf es mich wie eine Kanonenkugel vor den Kopf, daß ich nicht die einzige unabhängige Kreatur war auf dieser Welt; ich war umgeben von ihnen. Fast alle diese Mädchen waren wie ich — sie brauchten ihre Familien nicht mehr, sie hatten das Band zerschnitten, sie hatten beschlossen, ihr eigenes Leben zu leben. Einige von ihnen hatten sich an ihren eigenen Schnürsenkeln fortgezogen, aber Sie hatten es geschafft. Zwei Gäste. Mein Gott, es gab mir plötzlich einen kalten Schauer.
    Mr. Garrison beendete seine wenigen Worte. Mrs. Montgomery sagte ein paar Worte, und nachdem sie geendet hatte, begann die eigentliche Feier. Peg Webley und Janet Pierce bauten sich vor den Klassen auf, für die sie verantwortlich waren; Namen wurden aufgerufen, und paarweise standen die Mädchen auf und schritten nach vom. Die Kappe ab, die silberne Schwinge wurde angesteckt, die Kappe auf, und eine nach der anderen schritten wir an der Tribüne entlang, um von Mister Garrison einen Händedruck und unser Diplom in Empfang zu nehmen. »Viel Glück, Carol«, flüsterte Peg Webley mir zu, und ich lächelte und ging weiter, schüttelte Mrs. Montgomerys Hand, Mister Garrisons Hand, Doktor Schwartzs Hand, Doktor Duers — aber er hatte keine Hand zum Schütteln. Er war hors de combat, kampfunfähig. Er sagte leise: »Meinen Glückwunsch, Carol«, und ich mußte ihn ansehen. Ich spürte den elektrischen Schlag vom Kopf bis in die Zehe, und ich hauchte: »Danke, Sir«, und ging zurück an meinen Platz.
    Das war alles. Die Feier war aus, die letzte Schwinge war angesteckt, es gab noch ein paar Gruppenaufnahmen, und dann durften wir aufstehen. Jurgy kam zu mir und sagte: »He, Carol, komm und sag Luke guten Tag.« Ich sah’s mit einem Blick: der Felsen von Gibraltar thronte an ihrem linken Ringfinger, wo er hingehörte, endlich. Ich ging hinüber zu Luke, und er dräute über mir und gurgelte aus seiner schartigen Kehle: »Hallo, junge Dame, hal-lo. Meine Güte, oh, du meine Güte, sehen wir aber schmuck aus heute, wie? Ist das eine Augenweide für müde Augen!« Dann tauchte Mister Garrison auf, leicht verlegen; er hielt es wohl für seine Pflicht, die Gäste zu begrüßen (alle beide). Wer die nette Dame in mittleren Jahren war, konnte er sich schließlich denken, aber was dieser alte Vogel hier zu suchen hatte, das machte ihm wahrscheinlich einiges Kopfzerbrechen.
    Jurgy half ihm. »Mister Garrison, darf ich Sie mit meinem Verlobten bekannt machen? Mister Luke Lukas.«
    Mister Garrison wurde erst weiß, dann rot, sein Mund öffnete sich, aber er brachte kein Wort hervor.
    »Nun, Harrison ~«, setzte Luke voll Begeisterung an.
    »Mister Garrison, Lieber«, verbesserte ihn Jurgy.
    »Ich weiß, ich weiß«, dröhnte Luke, »Harrison, das muß ich sagen. Ich bin ‘rumgekommen in den Jahren, und ich hab’ ‘ne Menge junge Mädchen gesehen, aber ‘nen schmuckeren Haufen als Ihre hab’ ich mein Lebtag nicht gesehen, im Ernst. Ja, Sir. Hübsch. Wie’n Bild, jede einzelne. Macht Ihnen alle Ehre, Harrison.«
    »Danke, Mister Lukas. Freut mich. Freut mich, Ihren Beifall
    zu finden.«
    »Wie wär’s, wollen Sie nicht mit uns in

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