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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Heimkehr. Als ich mich in meine Eiserne Jungfrau klemmte, sagte Miß Webley: »Carol, wollen Sie sich nicht lieber hier nach vorn setzen?« Aber es war nicht nötig. Ich blieb sitzen, wo ich bisher gesessen hatte, mit Almas Geist auf der einen Seite und Donnas Geist auf der anderen. Sie waren keine furchterregenden Geister, sie waren nicht bösartig; sie schienen einfach ihrer Arbeit nachzugehen wie ich der meinen, und einmal oder zweimal waren sie so wirklich, so nahe, so lebendig, daß ich ein kleines Schlucken des Kummers ausstieß. Jede in der Klasse hörte mich. Jede in der Klasse tat so, als hätte sie nichts gehört.
    Jurgy hatte ganz recht. Irgend etwas ist von Grund auf falsch an der amerikanischen Erziehung. Wie kann ein weibliches Wesen das reife Alter von zweiundzwanzig erreichen, ohne über solche hygienischen Belange Bescheid zu wissen? Jedes Mädchen brauchte, das wurde mir, während ich Miß Webley lauschte, ganz klar, einen Monat unbarmherzigen Unterrichts, in dem ihm in Miß Webleys deutlicher und ausführlicher Art alles beigebracht wurde über Menschliches, allzu Menschliches. Was wir. außer unseren Düsenhandbüchern brauchten, war ein Mädchenhandbuch; was wir auswendig zu lernen hätten, in harten Einzelheiten, ohne um den heißen Brei herumzugehen, waren die Tatsachen über uns. Und ich meine Tatsachen in deutlichen Worten. Ich wußte einfach nichts von diesen Tatsachen. Zum Beispiel, angenommen, es stieß einem so etwas zu, das Orgasmus hieß. Das konnte jeder zustoßen, die Champagner-Cocktails, Wodka-Martinis und Brandy auf Schlaftabletten goß: Nun: Was geschah dann? Wurde man automatisch schwanger? Und, gesetzt den Fall, wie konnte man so etwas verhindern, wenn man in die Hände eines gewissen N. B. geriet? Verdammt noch mal, wenn man uns beibrachte, wie man ein Feuer löscht in einem Flugzeug, dann sollte man uns auch beibringen, wie man ein Feuer löscht in uns selbst.
    Und ausgerechnet jetzt lernten wir zweieinhalb Tage lang nichts anderes, als wie man mit unerwarteten Zwischenfällen fertig wurde; aber das waren Flugzeug-Zwischenfälle und nicht übliche weibliche Zwischenfälle. Doktor Elizabeth Schwartz hielt ihre berühmte Vorlesung, wie man sich als Hebamme mitten über dem Atlantik betätigte und ich mußte zugeben, sie beschönigte nichts, und ich hatte allen Grund, aufmerksam zuzuhören. Aber selbst dabei erwähnte sie Sauerstoff. Sie sprach mehrere Male zu uns, und immer erwähnte sie Sauerstoff. Sauerstoff war offensichtlich so wichtig, daß nach Doktor Schwartz’ Vorlesung Miß Webley noch einmal alles wiederholte, was sie über Sauerstoff gesagt hatte, und dann kamen Ingenieure und hielten uns Vorlesungen und wiederholten alles, was Miß Webley gesagt hatte. Sauerstoff. Sauerstoff. Sauerstoff.
    Der springende Punkt schien der zu sein, daß Menschen in einem Flugzeug, das in einer Höhe von fünftausend Fuß fliegt, dazu neigen, in einen Zustand zu verfallen, der Hypoxie gekannt wird, das heißt so viel wie Sauerstoffmangel. Und das kann ziemlich beunruhigend werden. In fünftausend Fuß Höhe ist die Wirkung nicht schlimm, weil nur das Sehen bei Nacht beeinträchtigt wird. Bis zu zehntausend Fuß gleicht der Körper den Sauerstoffmangel dadurch aus, daß er einen zwingt, schneller zu atmen. Aber je höher man fliegt, desto dünner wird die Atmosphäre, das heißt, es herrscht ein niedrigerer Druck, und das wiederum bedeutet, daß weniger und weniger Sauerstoff in den Blutkreislauf aufgenommen werden kann; und ohne Sauerstoff gibt das Gehirn einfach den Geist auf. In achtzehntausend Fuß Höhe verliert man das Bewußtsein innerhalb einer halben Stunde. In fünfundzwanzigtausend Fuß ist der Druck so gering, daß man in zwei Minuten bewußtlos wird; in fünfunddreißigtausend Fuß Höhe ist der Druck so lächerlich niedrig, daß man schon in einer halben Minute alle viere von sich streckt. Natürlich wollen die Fluggesellschaften vermeiden, daß ihren lieben Passagieren so etwas zustößt, und demzufolge schaffen Flugzeuge sich ihren eigenen atmosphärischen Druck in ihrem Innern, so daß man, ganz gleich, wie hoch man fliegt, vollkommen sicher ist, denn der Flugingenieur kümmert sich um den Druck, und man bekommt allen Sauerstoff, den ein vernünftiger Mensch nur verlangen kann, ganz so, als ginge man im Central Park spazieren. Wenn es einem jedoch plötzlich in den Kopf kommt, irgendwelche Weltraumforschungen außerhalb des Flugzeugs in dreißigtausend Fuß Höhe zu

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