Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
Vom Netzwerk:
hübscheste Wagen, den ich je gesehen hatte.
    Jurgys Stimme klang unheilschwanger: »Was ist damit?«
    Er antwortete demütig: »Er ist für dich, Mary Ruth.«
    »Für mich«, rief sie. »Für mich! Was soll das heißen, für mich? Hab’ ich darum gebeten? Was hast du im Sinn, Luke Lukas, was hast du eigentlich vor?«
    »Mary Ruth«, bettelte er, »du hast heute deine Ausbildung abgeschlossen, nicht wahr?«
    »Na und?«
    »Mary Ruth, ich hab’ nie im Leben Gelegenheit gehabt, jemandem, den ich liebe, zu einem solchen Tag ein Geschenk zu kaufen. Du bist der erste Mensch, für den ich’s tun kann.«
    Sie heulte los. Himmel! Wir waren ein feines Gespann! Die Springbrunnen von Miami Beach. »Du großer dummer Tölpel«, schluchzte sie, »wenn ich dich nicht liebte, ich brächte dich um.«
    »Nun, nun, Mary Ruth.«
    »Was soll ich mit einem Wagen? Ich kann nicht fahren.«
    »Mary Ruth, Herz, das ist bald geregelt. Das ist das Allerleichteste auf der Welt, mein Lamm. Und wenn du erst in Kansas “ist, brauchst du tagaus tagein einen Wagen. Das ist anders wie hier in der Stadt, Mary Ruth.«
    Sie wandte sich schluchzend an mich: »Hab’ ich’s dir nicht gesagt, er führt was im Schilde?«
    »Ja, das hast du.«
    »Kannst du fahren?«
    »Ja.«
    »Bringst du’s mir bei?«
    »Gerne.«
    Sie fuhr herum zu Luke: »Du langes Ende, bieg mal dein Gesicht ‘runter.« Er tat’s, und sie küßte ihn auf die Wange. »Du verdammter Narr, ich schwör’s dir, ich bringe dich noch eines Tages um, wenn du so weiter machst.«
    Er richtete sich wieder auf, strahlend. Dann sagte er: »Carol, Herzchen.«
    »Ja, Luke.«
    »Willst du vielleicht auch einen armen alten Mann wie mich erschlagen, was?«
    Ich lachte ihn an. »Nein, bestimmt nicht.«
    »Okay«, sagte er. »Dann ist’s wohl ungefährlich, wenn ich dir das gebe. Nur ‘n kleines Andenken an Mary Ruth und mich anläßlich des heutigen Tages.«
    »O nein«, sagte ich. Es war eine goldene Omega-Armbanduhr mit einem goldenen Armband.
    Und schon heulte auch ich los, mitten vor dem Charleroi, und nachdem ich die Uhr umgebunden und wir den Corvette von oben bis unten untersucht hatten, wobei Jurgy noch ein wenig schluchzte, gingen wir in ein Grill zum Essen. Sie waren ganz reizend zueinander, Jurgy und Luke. Alle konnten es sehen, wie hingerissen er von ihr war, sie war ohne Fehl und Makel in seinen Augen. Sie hingegen war sehr streng mit ihm, wie sie es mit jedermann war, mich inbegriffen. Sie war zum Beispiel ganz besonders streng, als er seinen vierten Bourbon bestellen wollte. »Hör mir mal genau zu, Luke Lukas«, sagte sie. »Es ist mir gleich, was du tust, wenn du mit deinen Kumpanen ausgehst. Aber du wirst dir keinen anzwitschern, wenn du mit Carol und mir zusammen bist, verstehst du? Wenn du mit uns ausgehst, bist du ein Gentleman und hast dich wie ein Gentleman zu benehmen.«
    Er kratzte sich das Kinn. »Ja, Mary Ruth, das ist ‘n Gesichtspunkt, mein Herz, und ich muß zugeben, du hast recht. Tja, ich glaub’, du hast hundertprozentig recht.« Er war nicht überzeugt, aber er gab sich alle Mühe, so zu tun, als wäre er überzeugt. Hin und wieder vergaß sie allerdings ihr puritanisches Blut und war fröhlich und ausgelassen und strömte über vor Lachen, und Luke fiel fast vom Stuhl vor Verlangen nach ihr Es war die Liebesgeschichte des Jahrhunderts.
    Wir hatten noch nicht den letzten Bissen gegessen, als ich Luke bat, mich zurückzubringen ins Hotel. Es hatte keinen Sinn, mir etwas vorzumachen. Ich schluckte an einem Kloß in der Kehle, der Ausbildungskurs war beendet, und die Spannung in mir hatte natürlich nachgelassen. Ich dachte an Doktor Duer, ich überlegte, ob ich wohl schwanger wäre, ich dachte an tausenderlei, und das Niederträchtigste war, ich beneidete Luke und Jurgy.
    Ich beneidete sie darum, daß sie einander hatten, wohingegen ich niemanden hatte.
    Laut Anweisung mußte der vierzehnte Stock bis Samstag mittag geräumt sein — in anderen Worten morgen — um die neue Brut von vierzig häßlichen Entlein aufzunehmen... Und das sahen wir ein, denn schließlich mußten die Hotelangestellten alles gründlich saubermachen, und wenn auch die meisten erst am Montag erwartet wurden, so würden doch einige schon früh am Sonntag ankommen, weil Freiplätze in unseren Maschinen rar sind. Jurgy und ich hatten uns darüber bereits unsere Gedanken gemacht und waren übereingekommen, morgen in ein billiges Hotel zu ziehen, bis wir ein Appartement gefunden hätten. Von dem

Weitere Kostenlose Bücher