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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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darauf, daß sie nach Hause käme und mir erklärte, was zum Teufel sie sich eigentlich dabei gedacht hätte.
    Kurz nach elf kam sie nach Hause. Sie sah mich und schwieg. Ihr Gesicht war kalt und abweisend. Sie ging in ihr Schlafzimmer, und ich hörte sie umhergehen, während sie sich auszog. Dann kam sie zurück ins Wohnzimmer in klappernden Pantoffeln und einem hellblauen Morgenrock, ihre Uniform auf einem Bügel in der Hand. Ich hatte das Bügelbrett nicht fortgeräumt, das Eisen jedoch abgestellt.
    Sie legte die Hand auf das Bügelbrett und fragte: »Brauchst du das gerade?«
    »Nein.«
    Sie bückte sich, um den Stecker des elektrischen Bügeleisens wieder einzustecken, und legte die Uniformjacke so über das Bügelbrett, daß sie zuerst den Rücken bügeln konnte. Ganz wie wir es gelernt hatten, zuerst den Rücken, dann die Ärmel, dann das Vorderteil und zum Schluß den Kragen. Während das Eisen warm wurde, klapperte sie im Zimmer umher und suchte eine Zigarette; und während sie sie anzündete, sagte ich: »Ray Duer hat angerufen.«
    »Tja.« Sie klapperte zurück zum Bügelbrett.
    Ich wartete bis sie wieder zur Ruhe kam. »Er hat mir erzählt, er sei mit auf dem Flug morgen.«
    »Tja.«
    »Du weißt also Bescheid?«
    »Tja.«
    »Und wieso und warum weißt du Bescheid, Jurgy?«
    »Er war auf der Gesellschaft heute.«
    »Was hatte Doktor Duer auf der Gesellschaft der Viehzüchter zu suchen?«
    »Luke hatte ihn eingeladen.«
    »Warum hatte Luke ihn eingeladen?«
    »Luke mag ihn gern.«
    »Wirklich?«
    »Tja.«
    »Wieso mag Luke ihn auf einmal so gern?«
    Sie sagte eisig: »Was heißt hier auf einmal. Luke hat ihn bei einer Schlägerei mit irgendeinem Burschen gesehen. Luke hat gesehen, wie er hoch kam vom Boden und den anderen fast umbrachte. So was imponiert Luke. Für Kerle mit Mumm hat er ‘ne Schwäche. Duer ist im Charleroi wegen des neuen Kursus. Und als wir ihn neulich abend zufällig getroffen haben, hat Luke ihn zu der Gesellschaft eingeladen. Zufrieden?«
    »Und wieso hat Ray Duer einen Platz in der Maschine morgen?«
    »Luke hat ihn eingeladen.«
    »Warum?«
    »Ich hab’s dir schon einmal gesagt. Luke mag ihn gern.«
    »Heißt das, du hast mit alldem überhaupt nichts zu tun?«
    Sie schwieg.
    »Antworte, Jurgy.«
    »Tja. Ich hab’ was damit zu tun.«
    »Du hast es Luke vorgeschlagen?«
    »Tja. vielleicht.«
    »Okay, Jurgy. Was hast du dir dabei gedacht?«
    »Willst du es wirklich wissen?«
    »Und ob, Jurgy, ich platze vor Neugierde.«
    »Meinetwegen, Carol.« Sie bückte sieb und zog den Stecker des Bügeleisens wieder heraus. »War’ ein Jammer, wenn ich ein Loch in mein Jackett sengte, ausgerechnet heute abend, wie?«
    Sie drückte Sorgfältig ihre Zigarette aus, ohne jede Eile, blieb hinter dem Bügelbrett stehen und blickte mich an. Sie sagte: »Bei Gott, ich hab’ mir geradezu ein Bein ausgerissen, um Duer in dieses Flugzeug morgen zu bekommen. Ich und Luke — wir haben uns den Mund fusselig geredet, bis wir ihn endlich so weit hatten, daß er sich diese vier Tage frei nimmt und mitkommt.«
    »Interessant, wirklich sehr interessant!«
    »Du bist eine Hexe, Carol, ja, das bist du.«
    »Jurgy — «
    »Duer auf dieser Gesellschaft heute abend, das war das reinste Häufchen Unglück. So was hab’ ich mein Lebtag noch nicht gesehen. Und weißt du, warum? Weil er sich einbildete, es könnte dich vielleicht aufregen, ihn wiederzusehen. Ausgerechnet dich! Ha!«
    »Jurgy —«
    Sie fauchte: »Du wolltest es doch wissen, oder? Also halt den Mund und laß mich ausreden.« Sie krempelte sich umständlich den linken Ärmel ihres Morgenrocks hoch, »Ich hab’ langé mit dem armen Kerl gesprochen. Ich hab’ ihm gesagt, er soll dich anrufen. Ich hab’ ihm gesagt, du sitzt hier ganz allein und grämst dich zu Tode. Ich hab’ ihm gesagt, er soll dich einladen, ins Hotel ‘rüberzukommen. Ich hab’ ihm gesagt, du liebst ihn noch immer. Ja, all das hab’ ich ihm gesagt und noch mehr. Ich hab’ zu ihm gesagt, nehmen Sie den Telefonhörer auf, und Sie werden sehen. Und wahrhaftig, er tut’s. Und was tust du?« Sie lachte auf: »Du stößt ihm einen Dolch ins Herz.«
    »Das ist nicht wahr —«
    »Mach dir nichts vor. Es ist wahr.« Ihr Mund wurde schmal. »Nachdem er aufgehängt hatte, kam er zurück und sagte: >Es wird nichts daraus, ich komme nicht mit.< Mit einem Gesicht, kalkweiß, der arme Teufel. Carol, wie oft, meinst du, kannst du einem Mann so etwas antun?«
    »Jurgy, das geht dich nichts

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