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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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auf der Straße auf gelesen haben. Jeden Tag wird unser Personalbüro überschwemmt mit Bewerbungen von jungen Mädchen, die Stewardeß bei der Magna International Airlines werden wollen.« Sie hielt inne, damit diese bedrohliche Statistik sich einprägen konnte. »Unter sechshundert Bewerbungen wird eine, nur eine einzige für die Ausbildung ausgesucht.«
    Niemand wagte es, sich auch nur zu rühren.
    »Vielleicht«, sagte sie, »wundert ihr euch darüber, daß wir so kleinlich sind. Ich werd’s euch erklären, warum. Es ist leicht zu verstehen. Wenn ihr als Stewardeß in einer unserer Düsenmaschinen fliegt, habt ihr den wahrscheinlich verantwortungsvollsten Beruf, den ein junges Mädchen heutzutage ausüben kann. Es bedeutet nicht nur, einem Passagier ein Kissen hinter den Kopf zu stecken; es heißt nicht nur, Kaffee, Tee oder Milch servieren; es gilt nicht nur, jemandem ein freundliches Lächeln zu schenken. Ihr habt eine weit größere Verantwortung, wie ihr lernen werdet, eine Verantwortung, die in manchen Fällen sogar Tod oder Leben für viele Menschen bedeuten kann. Ich mache euch da nichts vor, Kinder, es stimmt. Und wir werden niemanden als Stewardeß in unseren Maschinen fliegen lassen, ehe wir nicht vollkommen sicher sind, daß sie in der Lage ist, diese Verantwortung auch zu tragen. Wir müssen ihrer Intelligenz sicher sein. Wir müssen sicher sein, daß sie Mut hat.« Plötzlich wurde ihre Stimme eisig. »Mag sein, daß euch das hart in den Ohren klingt. Wenn dem so ist, tut’s mir leid. Aber wenn ihr diesen Anforderungen nicht gewachsen seid, haben wir keine Verwendung für euch. Dann tut ihr besser daran, euch nach einer anderen Arbeit umzusehen.«
    Sie verstand es gewiß, sich in klaren Worten auszudrücken. Ich wartete auf die nächste Salve von Kanonenkugeln.
    Aber sie kam nicht. Sie rutschte von der Pultkante, reckte sich graziös und sagte: »Okay, Kinder. Das ist alles. Ich will euch nicht länger aufhalten. Guten Abend.«
    »Guten Abend«, sagten wir, wenn es auch erst ein paar Minuten nach fünf war. Und hier machte Donna ihre berühmte Bemerkung. »Gott«, seufzte sie, »ich dachte, sie sei ein Seelchen.«
    Ich sagte: »Ich auch.« Oh, Junge!

    Um fünf Uhr nachmittags lag Miami Beach noch in strahlendem Sonnenschein, die Leute waren alle fröhlich, sie winkten unserem Bus zu und pfiffen hinter uns her, die Hotels am Strand leuchteten, die Königspalmen und die Kokospalmen und die Dattelpalmen raschelten in der Brise, die Luft war süffig wie Wein. Wir stiegen aus unserem Gefährt vor dem Charleroi, wir gingen durch das großartige Portal, und siehe da, etwa tausend Männer drehten sich um und grinsten uns an. Grinsen, Grinsen, Grinsen. Alte Männer, junge Männer, Männer in mittleren Jahren, behaarte Männer, glatzköpfige Männer, alle grinsten sie. Lieber Himmel, was glaubten sie mit diesem Grinsen zu erreichen? Man könnte meinen, auf diese Weise bewiesen die Westler ihre Männlichkeit — je größer das Grinsen, desto größer auch alles andere.
    Die einzige Art, wie man diese Affen behandeln mußte, war, so zu tun, als wären sie gar nicht vorhanden, und das taten wir auch, alle, ohne Ausnahme. Jede hielt sich großartig. Nicht eine trödelte hinterher, nicht eine blieb stehen, um mit ihrer Kollegin zu schwätzen. Wir schritten geradenwegs durch die Halle zum Fahrstuhl, voll ruhiger Würde, und die grinsenden Männer blieben zurück und glotzten uns blöde nach. Ich hab’ nichts dagegen, wenn ein Mann mich mit gesundem Interesse betrachtet. Ich hasse es jedoch, angegrinst zu werden, als wäre ich ein dreckiger Witz.
    Ich war immer noch wütend, als ich in Nummer 1412 ankam. Ich ließ mein Handbuch aufs Bett fallen und sagte unwirsch zu Donna: »Was hast du als nächstes vor?«
    »Kindchen, ich steig in meinen Badeanzug und springe in dieses Meer.«
    Ich sagte: »Bevor du dich umziehst, steht noch die Ernährung auf dem Stundenplan.«
    »Ernährung? Ich hab’ keinen Hunger. Diese Stullen von heute mittag liegen mir noch immer —«
    »Ich meine die Vorräte, die wir für unsere Mahlzeiten hier brauchen. Jurgy will fürs Frühstück sorgen; und ich bin bereit, mich ums Abendessen zu kümmern; aber ich muß wissen, was ihr essen wollt, damit ich eine Liste aufstellen kann.«
    »Was du willst, Liebling«, sagte Donna. »Das überlasse ich dir von ganzem Herzen.«
    Ich klopfte an die Verbindungstür zwischen den beiden Räumen und trat nach einem »Herein« ein. Nur Annette war da,

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