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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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Seinem Rang entsprechend hatte er auch die erste Wahl, kein Wunder, daß er sich Donna aussuchte und die Brosamen seinem Untergebenen überließ. Mir war es gleich — ich hätte sowieso nichts dagegen tun können, und eigentlich gefiel mir von den beiden Bob Keeler sogar besser. Bei näherem Hinsehen erwies sich Elliott als ein ziemlich rauher Bursche, grobknochig und recht selbstsicher. Bob war ruhiger und netter — vielleicht war er darum auch nur Leutnant. Er war hellhäutig, hatte braune Augen und Haare wie Getreidestoppeln; gut möglich, daß das unserer Bekanntschaft zugute kam, denn mein Herz war entzweigebrochen von einem Menschen mit grauen Augen und dunklem Haar, Psychiater seines Zeichens.
    Das Sonderbare an der Situation war, daß ich eine ganze Weile vor lauter Hemmungen den Mund nicht aufkriegte. Aber im Laufe des Nachmittags gab es sich. Elliott war amüsant, Donna war witzig wie der Teufel. Auch Bob war ganz lustig, und wir lachten viel. Das half. Lachen ist ein guter Eisbrecher. Und allmählich ging es mir auf, daß diese beiden Jungen bei Licht besehen in der gleichen Klemme saßen wie Donna und ich. Ich erriet es aus der Art, wie sie sprachen, daß wir ihnen einen ungeheuren Gefallen damit taten, mit ihnen in einem eleganten Restaurant zu sitzen und pfundweise Krebse zu verschlingen. Soweit ich das beurteilen konnte, waren sie beide ziemlich niedergeschlagen. Ich vermutete, daß sie von Kap Kennedy oder einem anderen Raketenversuchsort waren, und später erfuhr ich, daß auch Donna das angenommen hatte. Wir durften es ihnen nicht übelnehmen, daß sie so verschlossen waren. So, wie wir sie aushorchten, konnten sie mit Fug und Recht annehmen, daß wir soeben aus einem russischen Unterseeboot an Land gekommen seien.
    Elliott hatte einen blitzenden neuen Dodge, und nach dem Mittagessen bestand er darauf, uns Fort Lauredale zu zeigen; Bob Keeler und ich saßen hinten auf dem Rücksitz und fingen an, einander kennenzulernen. Es stellte sich heraus, daß er ein intellektueller Typ war, und ausgerechnet als Leutnant der Luftwaffe war er wild nach diesem alten Kram der Geschlagenen Generation! Man lernt nie aus mit Menschen, und ich bin immer wieder verblüfft. Soweit ich das feststellen konnte, war sein einziger Ehrgeiz, abgesehen von dem, eine Rakete zum Mars oder sonstwohin zu schicken, der, seine unsterblichen Worte in irgendeiner lausigen Anthologie von San Francisco gedruckt zu sehen. Natürlich erwähnte ich nicht, daß ich ein halbes Jahr lang in Greenwich Village gelebt, daß ich endlose Tage und Nächte lang mit einigen dieser Typen ‘rumgesessen hatte, ich ließ nur ganz beiläufig durchblicken, daß ich dieses gelesen hatte und jenes, und der Junge machte Augen, als wäre ihm eine Bombe auf den Kopf gefallen. Er wollte seinen Ohren nicht trauen. Er war einem menschlichen Mädchen begegnet, das von Sartre gehört hatte! Das von Zen gehört hatte. »Wahrhaftig!« sagte er immer wieder. »Wahrhaftig!« als wäre das ein Weltwunder.
    Ich hätte mein loses Mundwerk halten sollen. Zu der Zeit, da wir im Fort Lauredale ankamen, hatte er sich Hals über Kopf in mich verliebt — nicht in mich, sondern in die Seelengefährtin, die ihm von der Vorsehung geradewegs in die Arme gesandt worden war. Wahrscheinlich träumte er schon lange von dem Tag, da er die Armee hinter sich hätte und die Uniform ausziehen und sich einen Bart wachsen lassen könnte, und plötzlich erschien ich in seinem Leben, gewissermaßen geradewegs aus dem Overnite Café. Er geriet geradezu in Verzückung darüber. Und alles, was ich denken konnte, war: Hier ist der Beweis, man soll sich nie auflesen lassen von fremden Männern. Erst N. B., jetzt Bob Keeler.
    Fort Lauredale erinnerte mich an Venedig mit all den vielen Kanälen, ein aufgeblasenes, aufgetakeltes, verflachtes Venedig, vollgestopft mit Vierzigtausend-Dollar-Motorbooten und Hundertfünfzigtausend-Dollar-Strandvillen. Donna war entzückt davon, und ihre Begeisterung stachelte Elliott zu einem neuen Vorschlag an. »Hört mal, Kinder. Wie wär’s, wenn wir heute abend zum Jai-Alai-Spiel gingen?«
    Ich hielt den Mund, denn ich hatte keine Ahnung, worüber er redete, aber Donna fand es heraus. »Donnerwetter! Das klingt himmlisch!« rief sie mit voller Lautstärke. »Was ist das?«
    Er erklärte, es sei ein wenig wie Handball, aber die Spieler schnallten sich eine Art Korb an den Arm, den sie statt ihrer Hände benutzten, und es sei das härteste, schnellste, schwerste

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