Töchter der Luft
Spiel, das die Menschheit kenne. Es klang aufregend.
Vorher jedoch gingen wir in ein anderes riesiges und elegantes Restaurant, um, wie Elliott sagte, einen Happen zu Abend zu essen; ehe jedoch etwas bestellt wurde, schlüpften Donna und ich fort in die Waschräume, um ein paar Tupfen Puder aufzutragen und eine Konferenz abzuhalten.
»Wie findest du diese beiden?« fragte sie. »Sie sind nett, nicht wahr?«
»Ja. Nett.«
»Du scheinst ganz gut mit dem Leutnant zurechtzukommen.«
»Er ist okay.«
Sie kicherte. »Oh, Carol. Ist es nicht himmlisch, sich wieder lebendig zu fühlen? Oder?«
Ich antwortete nicht. Ich brauchte Elektrizität, um mich wirklich lebendig zu fühlen, und hier war nirgends Elektrizität. Warum bin ich so verschossen in diesen verdammten Burschen, fragte ich mich; und ich konnte es nicht beantworten. Ich war einfach in ihn verschossen; und das gehörig.
Er war beim Jai-Alai-Spiel, mit Mister Garrison, Mrs. Garrison und Pew Webley. Natürlich. Wenn ich mir die Zeit genommen hätte, nur eine Minute nachzudenken: Nachdem Donna und ich nun einmal auf das Pfeifen des Schicksals gehört und uns hatten auflesen lassen von Elliott und Bob, hätte es wahrscheinlich keinen Winkel auf diesem Planeten gegeben, wo wir uns an diesem Abend hätten verkriechen können, ohne Ray Duer und Amie Garrison in die Arme zu laufen.
Und unausweichlich hatten wir Plätze drei Reihen vor ihnen. Und ich war so gelähmt durch die Art der Behandlung, die das Schicksal mir zuteil werden ließ, daß ich dasaß, steif wie ein Laternenpfahl im Schneesturm, Knie zusammen, Kinn hoch, Brust raus und so weiter. In jeder anderen Lebenslage hätte ich für Miß Webleys Erziehung Ehre eingelegt. Hier jedoch war ich nichts als eine umherstreifende Schlampe, die einen anständigen, aufrechten, amerikanischen Jungen aufgelesen hatte mit der Absicht, Schande zu bringen sowohl über ihn als auch über seine Uniform. Ich spürte förmlich, wie die Blicke vierer Augenpaare angewidert auf meinen Nacken geheftet waren. Es war ein Höllenlärm um uns her, während die Spieler den Ball hin und her warfen mit diesen Körben an den Händen: die Leute brüllten und gellten und schlossen Wetten ab, sie standen auf von ihren Plätzen und schlängelten sich hinaus, sie schlängelten sich wieder zurück, und sie aßen heiße Würstchen, ich jedoch hörte und sah kaum etwas. Um die Sache noch schlimmer zu machen, wurde Bob von überwältigender Zuneigung zu mir ergriffen, während das Spiel fortschritt. War ich nicht seine Seelengefährtin? Jedesmal, wenn er an Zen dachte, griff er zärtlich nach meiner Hand. Er mußte auch Norman Mailer gelesen haben, denn hin und wieder ließ er, ganz zufällig, die Hand fallen und spielte mit meinem Rocksaum und versuchte, seine Hand in meine Kniekehle gleiten zu lassen. Oder er zündete sich eine Zigarette an und hielt, ganz zufällig, die Zigarette so, daß seine Fingerknöchel meine linke Brust streiften. Oder er legte mir das Programm auf den Schoß, und eine Minute später tastete er umher, um es wiederzufinden. Jetzt verstand ich, warum Magna so versessen darauf war, daß wir ein Mieder trugen, wann immer wir ausgingen. Mein Gott, sie hätten uns mit stachelbewehrten Keuschheitsgürteln ausstatten sollen — es war das wenigste, das sie für uns hätten tun können in diesem wahnsinnigen Dschungel, der sich Leben nennt. Die vollkommene Hölle jedoch war, daß ich Bob abwehren mußte, ohne daß es auffiel, wie ich ihn abwehrte. Ich konnte mich unter dem forschenden Blick dieser vier Augenpaare nicht zu ihm umdrehen und voll Autorität sagen: »Laß die Finger davon!« Sie hätten es gesehen. Ich konnte nur aus dem Mundwinkel heraus ihn anfauchen, und das wiederum schien er als ein Zeichen zu deuten, seine Bemühungen zu verdoppeln.
Bei Halbzeit, oder wie immer die Pause hieß, trotteten wir hinaus in die strömende Menge, um dem Schicksal offen entgegenzutreten.
Sie warteten schon auf uns, nicht voller Zorn, sondern mit mildem Interesse. Mister Garrison hatte ein nachsichtiges Lächeln aufgesetzt; Mrs. Garrison, eine reizende Frau von etwa fünfunddreißig, lächelte geradezu einladend, als wollte sie sagen, auch sie sei einmal jung gewesen; Miß Webley lächelte ihr »Nun, Kinder«-Lächeln. Ray Duer trug ein regelrechtes Psychiaterlächeln zur Schau: er hatte schon alles erlebt, ihn konnte nichts mehr erschüttern.
Donna stürzte vor und ergriff den Stier bei den Hörnern.
»Sieh da, hallo. Mister
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