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Töchter der Sechs (German Edition)

Töchter der Sechs (German Edition)

Titel: Töchter der Sechs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Buchmann
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Schlafgewand gegen ihr Kleid zu tauschen. Die beiden waren so in ihr Gespräch vertieft, dass sie sie nicht bemerkten. Als sie sich angekleidet hatte, gesellte sie sich zu ihnen und wünschte ihnen einen guten Morgen. 
     
    Der Klang von Zadas Stimme ließ sie aufschrecken. Sie hatte nicht bemerkt, wie sie den Salon betreten hatte, zu vertieft war sie in ihr Gespräch mit Mawen gewesen. Gemeinsam hatten sie über ihre gegenwärtige Situation nachgedacht. Das, was sie bisher von Helwa gesehen hatten, entsprach in keiner Weise ihren Erwartungen. Sie hatten ein Land erwartet, das sich nicht wesentlich von Cytria unterschied. Doch schon die wenigen Stunden hatten ausgereicht, diese Erwartung zu zerschlagen. Dies war nicht nur ein Land, in dem die Götter keinen Platz hatten, auch Freude schien es für das Volk nicht zu geben. Jedes Gesicht, in das sie auf der Straße hatten schauen können, wirkte ebenso trostlos wie die grauen Gebäude der Hauptstadt. Möglicherweise trog der erste Eindruck, doch das Verhalten des Königs ließ nichts Gutes ahnen. Zwar war der Empfang nicht unfreundlich gewesen und sie saßen hier auch nicht in einem finsteren Kerker. Dennoch waren sie eingesperrt und wurden der Spionage verdächtigt. Ein solches Verhalten Fremden gegenüber wäre in Cytria undenkbar. Mawen hatte sich zuversichtlich geäußert, den König heute von ihren friedlichen Absichten überzeugen zu können. Sie jedoch zweifelte. Der Herrscher Helwas schien ihr kein besonders umgänglicher und freundlicher Mensch zu sein. Vielmehr hatte es den Anschein, als hielte er sich für überlegen und seine Macht für uneingeschränkt. In diesem Land, in dem die Existenz der Götter geleugnet wurde, sah sich der König sicher als einzige regelgebende Instanz. Und die Regeln, die er erließ, trugen wohl wenig zum Glück der Menschen bei. Wie sonst war die gedrückte Stimmung zu erklären. Noch gab es Hoffnung. Vielleicht hatte der König seine Meinung zwischenzeitlich geändert. Auch war Mawen ein gescheiter Gelehrter, der sicher noch einige Argumente vorbringen konnte, die belegten, dass sie keine Spione waren. 
    Zada setzte sich zu ihnen und Mawen unterrichtete sie über die Inhalte ihres morgendlichen Gespräches. Gerade als Zada etwas darauf erwidern wollte, klopfte es, ein Schlüssel wurde im Schloss gedreht und mehrere Bedienstete traten ein. Ein reichhaltiges Frühstück wurde serviert und die Diener zogen sich zurück, nachdem sie die Drei davon unterrichtet hatten, dass der König sie erst am Nachmittag empfangen könne. Man würde sie zu gegebener Zeit abholen. Noch ehe sie auch nur eine Frage stellen konnten, wurde die Tür erneut verriegelt. 
    Da es für sie also keinerlei Beschäftigung gab, widmeten sie sich der Morgenmahlzeit. Wie schon beim Abendessen waren die Tabletts mit allerlei warmen und kalten Speisen beladen. Einige waren ihnen vertraut, bei anderen konnten sie nicht erraten, worum es sich dabei handelte. Von den Früchten konnten sie nicht eine benennen. Offenbar unterschied sich die Vegetation Helwas deutlich von der Cytrias. Zada erinnerte sich an die Namen der meisten Obstsorten, auch einige der anderen Speisen vermochte sie zu benennen. Dies weckte Mawens Forscherdrang. Sein leichtes Marschgepäck, das er mit von Bord genommen hatte, enthielt Pergament und Stifte und so begann er, Aufzeichnungen über die kulinarischen Besonderheiten zu machen. Sorgfältig fertigte er Zeichnungen der Speisen an, notierte die Namen und machte Notizen über den Geschmack. Zada und Darija wurde dies bald zu langweilig, und nachdem sie sich satt gegessen hatten, kreiste ihr Gespräch um das bevorstehende Treffen mit dem König. 
    Es hielt sie nicht lange auf dem bequemen Sessel. Nach den Monden auf See war ihre Bewegungsfreiheit erneut eingeschränkt. Unruhig begann Darija im Salon auf- und abzugehen. Mit schnellen Schritten durchmaß sie auch die drei Schlafzimmer, bevor sie in den Salon zurückkehrte. Im Gegensatz zu den Schlafgemächern verfügte dieser an der einen Seite über eine breite Fensterfront. Erst jetzt kam es ihr in den Sinn, einen Blick nach draußen zu werfen. Sie zog einen der schweren Vorhänge beiseite. Ihr eröffnete sich der Blick auf einen üppigen Garten. Obgleich es Herbst war, blühten zahlreiche Blumen und Sträucher. Bäume mit saftig grünem Blattwerk ragten hoch in den Himmel. All dies lag friedlich in schönstem Sonnenschein. Wie gerne wäre sie jetzt durch diesen Garten gewandelt und hätte ihr

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