Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
gefallen würde?«
»Nun, Sie scheinen mir hier nicht besonders glücklich zu sein«, sagt sie geradeheraus, und ich zucke innerlich zusammen. Aber Chatham ist ja gar nicht das Problem; ich liebe meinen Garten und unser Haus und das hügelige Ackerland um uns herum. Es sind die Bruderschaft und die immer näher rückende Absichtsbekundung, die mich belasten. »Denken Sie doch nur einmal darüber nach, Cate. Entscheiden Sie sich nicht voreilig, bevor Sie sich mit allen Fakten vertraut gemacht haben. Auch andere Menschen können kluge Ideen haben, wissen Sie.«
Ich öffne den Mund, um etwas einzuwenden – sie wegen der Frechheit, die sie sich herausnimmt, zu beschimpfen –, aber Elena lächelt nur und schwebt aus dem Raum.
Ich weiß nicht besonders viel über die Schwestern. Mutter war als Mädchen auf eine ihrer Klosterschulen gegangen, aber sie hat so gut wie nie darüber gesprochen. Sie lernte Vater kennen, als sie sechzehn war, und einen Monat später hat sie ihn geheiratet. Es ist so schnell passiert, dass ich immer angenommen habe, es wäre sehr romantisch gewesen. Doch jetzt, da ich weiß, wie wenig sie ihm von den Dingen anvertraut hatte, die wirklich zählten, frage ich mich, ob es nicht noch andere Gründe dafür gab, dass sie die Schwesternschaft verlassen hat.
Ich will gerade mein Zimmer betreten und kann es kaum erwarten, endlich Mutters Tagebuch zu lesen, als Maura hinter mir die Treppe hinaufgeschossen kommt, mich am Handgelenk packt und mit sich in ihr Zimmer zieht. »Was?«, frage ich verärgert.
»Und, was denkst du?«, flüstert und kreischt sie gleichermaßen, während sie die Tür schließt. Ich lasse mich auf ihr Bett fallen und zerknittere die Tagesdecke. Lily muss schon hier gewesen sein; Maura macht ihr Bett nie selbst. »Worüber?«
Sie kauert sich auf die Fensterbank. »Von Elena natürlich, du Gans.«
»Oh, ach so.« Ich kann der Aufregung in ihrer Stimme entnehmen, dass sie sie mag. »Das kann ich noch nicht sagen. Ich würde ihr auf jeden Fall noch keines unserer Geheimnisse anvertrauen.«
»Dann hätte ich ihr also nicht mein Tagebuch geben sollen?«, fragt mich Maura mit großen, erschrockenen Augen.
Ich springe auf und erst, als sie anfängt zu kichern, begreife ich, dass es ein Witz war. »Du führst nicht wirklich Tagebuch, oder?«, seufze ich.
»Nicht wirklich«, erklärt sie. »Gott, du bist schreckhaft wie eine Katze. Setz dich wieder hin.«
Ich lasse mich wieder auf ihrem Bett nieder, nehme mir eins der Kissen und drehe es in den Händen. Familie ist in wackeligen, rosafarbenen Buchstaben auf die Vorderseite gestickt, drum herum sind Herzen und Blumen. Ich habe das gleiche Kissen in Blau. »Ich mag es nun mal nicht, Fremde im Haus zu haben.«
»Ja, das hast du mehr als deutlich gemacht. Sie scheint aber doch nett zu sein, oder? Ganz und gar nicht so, wie ich es erwartet habe. Ich wusste ja, dass sie schön ist, aber ihre Kleider! Ich habe ihr beim Auspacken geholfen, und sie sind alle so. Alle aus modischem Brokat, und lauter Taftunterröcke und Seidenstoffe. Sie hat sogar« – Maura senkt die Stimme und wird rot – »Seidenunterwäsche. Und sie hat die schönsten Handschuhe für die Kirche und die hübschesten grünen Samtschuhe mit kleinen, gestickten rosa Rosen! Ich habe ihr erzählt, dass wir überhaupt nichts Neues haben, und sie hat gesagt, sie wird mit Vater darüber sprechen, damit wir vielleicht noch rechtzeitig für Mrs Ishidas Nachmittagstee etwas geschneidert bekommen können, wenn er bereit ist, ein bisschen mehr zu zahlen.«
»Wir brauchen das alles nicht«, entgegne ich.
»Natürlich. Nur weil du damit zufrieden bist, durch die Gärten zu laufen wie eine – warte. Wie war der Besuch von Paul? Er hat mit dir geschäkert, nicht wahr? Ich frage mich, wo er das gelernt hat.«
Ich denke daran, was Paul darüber gesagt hatte, dass er in New London etwas außer Rand und Band geraten ist. Mir gefällt die Vorstellung, wie er anderen Mädchen schöne Augen macht und sie vom Gottesdienst nach Hause bringt, nicht. Kein bisschen. Aber er ist schließlich meinetwegen zurückgekommen, oder nicht? Als ich daran denke, wie seine Stimme in meinem Ohr geklungen und wie sein Atem meinen Nacken gekitzelt hat, greife ich nach Mauras Kissen und umarme es fest. Ich frage mich, wie es wohl wäre, anständig geküsst zu werden. Oder unanständig, je nachdem.
Ich muss kichern. »Es war schön, Paul wiederzusehen. Ich habe ihn vermisst.«
»Er bringt dich zum Lächeln«,
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