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Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Titel: Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Spotswood
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auf den Schreibtisch und schlägt sie auf. »Die Vorhersagungen, die sie bisher gemacht hat, Berichte der Krankenschwestern über ihr unberechenbares Verhalten. Sieht so aus, als hätten sie letzte Woche jemanden nach Chatham geschickt, um mit ihren Eltern und dem Stadtrat über ihre Vergangenheit zu reden. Ishida haben sie auch befragt. Das hat er mir gegenüber gar nicht erwähnt.«
    Ich nehme ein Blatt Papier und einen Füllfederhalter von Szymborskas Schreibtisch und reiche beides Finn. »Hier. Schreib alle ihre Vorhersehungen auf, die nützlich sein könnten.«
    Finn nickt und blickt wieder auf den Schrank. »Sieht so aus, als wären die Akten in alphabetischer Reihenfolge, aber die besonders interessanten Fälle scheinen obenauf zu liegen. Das sind wahrscheinlich die für uns wichtigen.«
    Ich blicke durch die geöffneten roten Damastvorhänge zum Fenster hinaus. Der Mond steht jetzt niedriger am Himmel und lässt die weiße Marmorspitze der Richmond-Kathedrale glänzen. Die Straße hinunter erkenne ich das imposante graue Nationalratsgebäude. Wie viel Zeit ist wohl vergangen, seit wir das Kloster verlassen haben? Allein der Weg hierher hat schon mindestens eine halbe Stunde gedauert.
    Das erste Dutzend Akten besteht aus Berichten über Mädchen, die versucht haben, aus Harwood zu entkommen, indem sie über Zäune kletterten oder sich in Versorgungswagen versteckten. Im Sommer vor zwei Jahren stahl eine Frau die Pistole der Vorsteherin und erschoss damit eine der Krankenschwestern. Letztes Jahr versuchte ein sechzehnjähriges Mädchen namens Parvati Kapoor, Bruder Cabot, der ihr einen Besuch abstattete, mit seiner eigenen Krawatte zu strangulieren, und als das scheiterte, wollte sie ihn beschwören, sich mit dem Brieföffner der Vorsteherin das Augenlicht zu nehmen. Er kam erst wieder zu sich, als er den spitzen Gegenstand schon auf sein Auge gerichtet hatte.
    Das Mädchen scheint mir eine gute Kandidatin für die Schwesternschaft zu sein, ob sie nun der Gedankenmagie fähig ist oder nicht.
    »Ich habe alles aufgeschrieben. Es sind insgesamt elf Prophezeiungen, seit sie angefangen haben, Brenna zu beobachten«, sagt Finn. Das sind ungefähr so viele, wie Tess bisher hatte. Ich reiche ihm den nächsten Stapel Papier.
    Wir kommen frustrierend langsam voran. Es gibt Dutzende von Mädchen, die aus lächerlichen Gründen in Harwood sind, wie der Weigerung, den alten Mann zu heiraten, den die Brüder für sie ausgewählt haben, oder mit einem Mann in einer ihrem Ansehen schadenden Situation erwischt worden zu sein, in deren Folge die Männer sich weigerten, sie zu heiraten. Vor sechs Monaten wurde ein Mädchen namens Clementine verhaftet, weil sie die Haare ihrer Schwester blau gezaubert hatte, und in der Akte steht, dass die Magie, mit der sie ihre Schwester zum Schweigen bringen wollte, nach hinten losging und sie seitdem mit niemandem mehr gesprochen hat.
    Obwohl ich Mitleid für diese Mädchen empfinde – und unglaublich neugierig auf viele von ihnen bin, wie zum Beispiel Clementine –, suche ich doch nach eindeutigen Hinweisen auf Gedankenmagie. Ich werde immer frustrierter, während ich die Akten durchblättere und mich dem Abschnitt im Schrank nähere, über dem Verstorben steht. Die Aufzeichnungen sind zudem kaum sichere Beweise für die Fähigkeiten einer Hexe. Zara zum Beispiel wurde nie wegen Beschwörung angeklagt, obwohl ich weiß, dass sie dazu fähig ist; ihr Verbrechen war bloß, Bücher über Hexerei zu besitzen.
    Schließlich finde ich eine weitere Kandidatin: Olivia Price. Sie wurde beschuldigt, ein Mitglied der Bruderschaft verhext zu haben, der sie wegen des Besitzes verbotener Musikinstrumente und Noten verhaften wollte. Das muss die Brünette sein, der Mei und ich heute Nachmittag begegnet sind, Livvy – die gerügt wurde, weil sie in der Küche gesungen hat.
    Draußen verfärbt sich der sternenbesetzte schwarze Nachthimmel zu einem Indigoblau. Ich will schon aufgeben, als Finn einen leisen Jubelschrei loslässt.
    »Hast du etwas gefunden?«
    »Cordelia Alexander«, verkündet er und wedelt triumphierend mit der Akte.
    »Was wird ihr vorgeworfen?«
    Er wird wieder ernst. »Das Gedächtnis ihres älteren Bruders unwiderruflich zerstört zu haben. Sie war erst zwölf, als es passiert ist. Sie hatte sich mit den Diamanten ihrer Mutter herausgeputzt und einen verloren, und dann wollte sie den Bruder beschwören, sie nicht zu verraten. Ihre Eltern haben sie eingeliefert.«
    »Himmel.« Ich

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