Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
schlage mir die Hand auf den Mund. »Wie schrecklich.«
Finn zieht den Kopf ein. »Sch!«, macht er und bläst die Kerze aus. »Da kommt jemand.«
Ich höre das Klirren von Schlüsseln und laute männliche Stimmen. Finn beugt sich hinunter, und ich denke schon, er will die Akten vom Tisch einsammeln, aber stattdessen greift er nach seinem Stiefel.
»Was hast du vor?«, flüstere ich, während ich die Schranktüren schließe.
»Die Pistole«, antwortet er.
»Ich nehme an, die werden auch Pistolen haben. Niemand wird schießen, wenn ich es verhindern kann. Unter den Tisch mit dir.« Ich nehme die Kerze in die eine Hand und den Stapel Akten in die andere. »Vielleicht sehen sie ja nur kurz rein – und falls nicht, werde ich mich um sie kümmern.«
Finn schiebt den Ledersessel beiseite und krabbelt unter den Tisch. Ich quetsche mich neben ihn und mache mich so klein wie möglich.
»Ich glaube, es war hier, wo ich das Licht gesehen habe«, knurrt eine Stimme, als die Schritte draußen vor der Tür verharren.
Wie dumm von mir. Ich hätte zuallererst die Vorhänge zuziehen sollen.
»Wahrscheinlich war es nur der Mond, der sich im Fenster gespiegelt hat«, entgegnet der andere Wächter.
»Sehen wir lieber mal nach«, sagt der erste. Licht fällt über den Boden, als die Tür sich quietschend öffnet, und klopfenden Herzens halte ich die Luft an.
Sie sind nur zu zweit. Soll ich sie vielleicht am besten beschwören, gleich wieder zu gehen?
Maura hat recht. Meine Vorsicht wird eines Tages noch jemandem schaden.
Finn greift im Dunkeln nach meiner Hand.
»Nichts. Hab ich dir doch gesagt.« Der zweite Mann kichert. »Wer sollte hier auch mitten in der Nacht herumlaufen? Noch nicht mal der alte Szymborska ist so verrückt nach seinen Büchern.«
Die Tür geht wieder zu, und wir bleiben in der Stille der Dunkelheit zurück.
Wir warten einen langen Augenblick, bis die Schritte sich den Gang hinunter entfernt haben, dann klettere ich wieder unter dem Tisch hervor. Finn folgt mir und streckt seinen langen Körper.
»Das war ganz schön knapp. Ich hätte beinah etwas Dummes gemacht. Gott sei Dank hast du einen kühlen Kopf bewahrt«, sagt er und sieht mich bewundernd an. Doch ich bin erschüttert, wie kurz wir davor waren aufzufliegen.
»Glaubst du wirklich, dass es klappen wird?«, frage ich. »Glaubst du, dass wir sie retten können?«
Finn weiß sofort, was ich meine. Er beugt sich zu mir und haucht mir einen Kuss auf die Lippen. Seine braunen Augen hinter den Brillengläsern sind ernst. »Ich glaube an dich, Cate Cahill, und an uns beide. Ich bin da, wenn du mich brauchst. Egal, wie verrückt dein Plan ist oder wie riskant. Weißt du das denn immer noch nicht?«
Kapitel 18
Den Dienstag nehme ich nur nebelhaft wahr. Ich bin unkonzentriert und lasse im Unterricht für Bewegungszauber einen Teller fallen, im Illusionsunterricht kann ich keinen Anschein für länger als zwei Minuten aufrechterhalten, und in Anatomie verwechsele ich meinen Oberkiefer, Maxilla, mit der Kniescheibe, Patella . Ich bin erschöpft; ich habe mich bei Sonnenaufgang ins Kloster zurückgeschlichen und ganze zwei Stunden bis zum Frühstück geschlafen, und ich kann an nichts anderes als das Harwood-Vorhaben denken. Die Freiheit von Hunderten von Mädchen scheint davon abzuhängen, dass jede Einzelheit perfekt klappt. Ich bete, dass Inez so beschäftigt mit ihrem eigenen Plan ist, dass sie sich nicht bemühen wird, unseren zu durchkreuzen.
Sophia, Mei, Rory und Rilla haben mir versprochen zu helfen, und Elena hat allen, von denen sie denkt, dass sie uns unterstützen werden, von unserem Vorhaben erzählt. Während des Nachmittagstees steht sie in einem schimmernd grünen Seidenkleid, das im Kontrast zu ihrer dunklen Haut regelrecht leuchtet, neben der Anrichte und zieht flüsternd Lehrerinnen wie Schülerinnen zur Seite.
Ich will gerade nach oben in mein Zimmer, um ein kleines Nickerchen zu machen, als sie mich am Ärmel festhält. »Ich denke, wir sollten heute Abend ein Treffen für alle Helferinnen einberufen, damit sie wissen, worum es genau geht. Ich glaube allerdings, wir müssen einige Mädchen ablehnen, weil wir nicht genug Transportmöglichkeiten haben. Wir brauchen so viel Platz wie möglich für die Patientinnen.«
»So viele Mädchen wollen mitmachen?« Erstaunt sehe ich ihr in das hübsche Gesicht.
»Alle, die ich angesprochen habe.« Elena nimmt sich einen Cranberryscone. »Harwood ist das Schreckgespenst, das uns allen Angst
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