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Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)

Titel: Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Spotswood
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Sorgen, aber diese Sorge hatte ich noch nie. Können wir nicht doch mehr tun, um ihnen zu helfen? Wären diese Familien besser dran, wenn wir die Bruderschaft bekämpfen würden?
    Die Männer, die zu Hause sind, zögern nicht, ihren Unmut zu äußern. Väter murren über die zusätzliche Belastung ihrer Geldbeutel durch die neuen Verordnungen der Brüder; betagte Großväter scherzen, dass sie wohl bald wieder werden arbeiten gehen müssen. Ich beobachte mehr als einen Mann dabei, wie er eine Zeitung unter dem Sofakissen versteckt, als wir hereinkommen, und ich bin mir sicher, dass es sich dabei nicht um den New London Sentinel , das Sprachrohr der Bruderschaft handelt. Zum Teil habe ich Angst um sie, aber ihre Klagen machen mir auch Hoffnung. Vielleicht erkennen sie endlich, wie grausam die Launen der Bruderschaft sind.
    »Die haben die Koffer voller Geld dank unseres Zehnten!« Mr Brooke ist normalerweise vergnügt, trotz seines gebrochenen Beins, das ihn von der Fabrikarbeit fern- und zu Hause hält – aber nicht heute. Er sitzt auf einem Lehnstuhl, das Bein liegt auf einer Ottomane, und die hölzernen Krücken stehen in der Ecke hinter ihm. Er bewohnt mit seiner Familie die Hälfte einer Maisonettewohnung in der Nähe des Marktviertels. »Ich will ja gar nicht sagen, dass Mädchen in der Stadt herumstolzieren oder, Gott bewahre, unanständige Arbeit verrichten sollen. Meine Molly hat in dem Blumenladen um die Ecke gearbeitet, und wenn sie den Männern schmeichelte, damit sie Blumen für ihre Frauen kauften, war das doch bloß gut fürs Geschäft, oder nicht? Sie hat mehr Blumen verkauft als jede andere.«
    »Papa!« Molly ist ein hübsches Mädchen mit verängstigten kornblumenblauen Augen. »Willst du, dass ich verhaftet werde?«
    »Wir werden nichts sagen«, verspreche ich ihr, und sie setzt ihre Strickarbeit fort.
    Mr Brooke runzelt die Stirn. »Ich habe überhaupt nichts damit andeuten wollen. Molly ist ein gutes Mädchen.«
    »Natürlich ist sie das.« Mei lächelt. Alice rümpft wie üblich bloß die Nase.
    Es gibt auch Gerede über weitere verschwundene Mädchen – Mädchen, die von den Brüdern verdächtigt werden, die Seherin zu sein. Die Chen-Schwestern tuscheln über die Cousine einer Freundin am anderen Ende der Stadt. Sie sagen, die Brüder hätten mitbekommen, wie die Nachbarn über einen seltsamen Traum getratscht hätten, den das Mädchen gehabt hatte, woraufhin es mitgenommen worden sei und der Familie geraten wurde, es besser zu vergessen. Als wenn das so einfach wäre.
    Nach meiner Zählung sind es jetzt schon zehn Mädchen.
    Den ganzen Nachmittag befinden wir uns auf einer Gratwanderung, die darin besteht, dass wir den Familien gegenüber zwar unser Mitgefühl ausdrücken können, die Kritik an der Bruderschaft aber nicht so offen äußern dürfen. Als wir nach dem letzten Besuch wieder in unsere Kutsche steigen, frage ich Mei: »Meinst du, es ist überall in der Stadt so?«
    Mei nickt. »Meine Brüder sagen, die Leute reden schon von einem Protest.«
    »Das hat es noch nie vorher gegeben, oder?« Obwohl ich es in Chatham wahrscheinlich nicht mitbekommen hätte.
    »Nicht seit die Töchter von Persephone an der Macht waren«, sagt Mei. »Und wir alle wissen, wie das ausgegangen ist.«
    Wir sind fast zu Hause, als die Kutsche so ruckartig stehen bleibt, dass Mei von der Sitzbank rutscht und auf den Boden plumpst. Wahrscheinlich musste Robert an den Zügeln reißen, um nicht von hinten in eine andere Kutsche hineinzufahren. Mir tun schon die Mäuler der armen Pferde leid, und ich will gar nicht weiter darüber nachdenken, als …
    »Seht doch!« Alice zeigt mit zitterndem Finger aus dem Fenster. Die Straße ist gesäumt von schwarzen Kutschen mit dem goldenen Emblem der Bruderschaft. Mein Herz rast. Ich zähle sechs Kutschen, das bedeutet mindestens zwölf Brüder. Warum sind es so viele?
    Das kann nur Probleme bedeuten.
    Maura und Tess sind da drinnen.
    Eine leise, vernünftige Stimme in mir sagt, dass ich in die entgegengesetzte Richtung laufen sollte. Dass es alles nur noch zehnmal schlimmer machen würde, falls ich die Seherin sein sollte und die Brüder mich fänden. Im besten Fall würden sie mich foltern, bis ich ihnen die Prophezeiungen verrate. Im schlimmsten Fall würden sie mich auf dem Richmond Square verbrennen, und alle, die ich liebe, müssten es mitansehen.
    Ich weiß es. Ich habe es oft genug aus den Mündern von Menschen gehört, denen ich vertraue; aber ich kann meine

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