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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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weiter in Richtung Osten, wie ein normaler Mensch unter normalen Umständen. Er zitterte noch immer am ganzen Leib, schwitzte, sein Herz raste. Jedes Mal, wenn er einen Streifenwagen zu sehen glaubte, blieb ihm der Atem stehen.
    Dümmer hätte er sich wohl kaum anstellen können. Was hatte er erwartet, dass ihn Abby Lowell auf einen Drink einladen würde und sie sich hinsetzen und in Ruhe über alles reden wür den? Ihr Vater war tot. Und auch wenn sie noch so unschuldig tat, sie musste etwas wissen. Warum sonst sollte der Einbrecher eine Morddrohung auf ihrem Spiegel hinterlassen? Als Nächste bist du dran.
    Als Nächste , als ob Lenny eine Warnung gewesen wäre oder nur der erste Punkt auf einer Liste mit zu erledigenden Dingen.
    Jace legte eine Hand auf den Umschlag an seinem Bauch. Er fragte sich, wie wohl ihre Reaktion gewesen wäre, wenn er ihr erzählt hätte, dass er es hatte.
    Jace verdrängte diese Überlegungen einen Augenblick und sah nach links und nach rechts. Er war nach Nordosten gefahren, immer weiter, bis Silver Lake, etwa acht Kilometer nordwestlich von Downtown.
    Silver Lake hatte sich in den Zwanzigern und Dreißigern großer Beliebtheit erfreut, als sich Stummfilmstars und Filmbosse hier in der Gegend Häuser und Studios bauen ließen. Aus dieser Zeit waren die Häuser, die auf dem Hügel oberhalb des Stausees standen und die sich moderne, hippe Typen mit Geld und einem ausgeprägten Hang zur Kunst hatten umbauen lassen.
    Jace fand eine Stelle in der Nähe des Stausees, an der er halten konnte, und stieg aus, um sich zu strecken und seine Gedanken zu ordnen. Er ging zum Heck des Wagens und fluchte leise. Madame Chens Stolz und Freude hatte ihre Makellosigkeit verloren. Ein Teil der Rücklichtabdeckung fehlte, lag zerbrochen auf der Straße, wo ihn der Minivan gestreift hatte. Kratzer und Streifen von dem hellen Minivan zierten den Lack unterhalb des Rücklichts.
    Was jetzt?
    Jetzt wurde er jedenfalls wegen Mordes und tätlichen Angriffs, Einbruchs und Vandalismus gesucht. Und weil er wer weiß wie viel Geld aus Lenny Lowells Safe gestohlen hatte.
    Er spulte die paar Minuten, die er gestern Abend in Lenny Lowells Büro verbracht hatte, in seiner Erinnerung noch einmal ab. Er hatte gedacht, dass es ziemlich chaotisch aussah. Er hatte sich umgesehen, einen Blick auf den Fernseher geworfen, Lennys Bowlingpokal in die Hand genommen und jede Menge Fingerabdrücke hinterlassen. Er konnte sich nicht daran erinnern, irgendeinen offenen Safe gesehen zu haben.
    Er lehnte sich gegen die Motorhaube des Autos, trank ein paar Schluck von dem Gatorade, das er im 7 -Eleven gekauft hatte, und spülte drei Schmerztabletten hinunter. Er musste seinen Energielevel oben halten und seine Schmerzen so weit dämpfen, dass er einigermaßen klar denken konnte. Sein Hirn war das, was ihn jeden Tag in seinem Job überleben ließ. Die Fähigkeit, ein paar Schritte vorauszudenken und sich trotzdem ganz auf den jetzigen Moment zu konzentrieren.
    Als Kurier hatte er sein Leben auf der Straße jeden Tag selbst in der Hand. Sein Leben freiwillig aufs Spiel zu setzen und von jemand anderem bedroht zu werden, waren allerdings zwei Paar Stiefel. Er kannte die Risiken, er kannte seine Fähigkeiten. Wenn er unter einen Bus geriet, brachte ihn der Bus um, nicht die Leute, die in dem Bus saßen. Wenn er einen Fehler machte, trug er die Verantwortung dafür.
    Zurzeit schien er über nichts mehr die Kontrolle zu haben. Er war in diese Situation hineingezogen worden, als wäre er in einen Tornado geraten. Das Einzige, was er kontrollieren konnte, war sein Verstand, und letzten Endes war das auch das Einzige, was ihn retten konnte.
    Wenn er wenigstens wüsste, womit er es zu tun hatte – mit wem er es zu tun hatte. Er konnte noch deutlich den stiernackigen Kerl in dem dunklen Wagen vor sich sehen. Aber wenn er versuchte, sich an den Überfall in Abby Lowells Wohnung zu erinnern, hatte er kein Bild im Kopf. Er versuchte, sich Dinge ins Gedächtnis zu rufen, die er nicht gesehen hatte. Er versuchte, im Spiegel den Kerl hinter sich zu erkennen, aber er war nicht darin aufgetaucht.
    Was zum Teufel geht hier eigentlich vor, und warum muss ich da mit drinstecken?
    Reines Pech. Wenn er sich mit den Blaupausen nicht verspätet hätte, wäre er an diesem Abend nach Hause gefahren wie an jedem anderen Abend, und Eta hätte Lenny erklärt, dass sie seine Sendung nicht zustellen könnten. Lenny wäre eine Notiz in der Zeitung gewesen, die man schnell

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