Tödliche Absicht
direkt. Wir gehen fünf Jahre zurück.«
»Sie werden lange Listen bekommen.«
»Wir haben genug Personal.«
Niemand sprach.
»Tut mir echt Leid, Leute«, sagte Bannon. »Niemand hört gern, dass sein Problem hausgemacht ist. Aber das ist die einzig mögliche Schlussfolgerung. Und die bedeutet für Tage wie diesen nichts Gutes. Diese Männer sind gegenwärtig in Washington, und sie wissen genau, was Sie denken und tun werden. Deshalb rate ich Ihnen, die heutige Veranstaltung abzusagen. Und wenn das nicht geht, sollten Sie verdammt vorsichtig sein.«
Stuyvesant nickte. »Das sind wir«, sagte er. »Darauf können Sie sich verlassen.«
»Meine Leute werden zwei Stunden vor Veranstaltungsbeginn an Ort und Stelle sein«, verkündete Bannon.
»Unsere noch eine Stunde früher«, warf Froelich ein.
Über Bannons Gesicht huschte ein kleines, nervöses Lächeln. Dann schob er seinen Stuhl zurück und stand auf. »Wir sehen uns dort«, sagte er und verließ den Raum.
Stuyvesant sah auf seine Uhr. »Nun?«
Sie saßen noch einen Augenblick stumm da und schlenderten dann zum Empfangsbereich hinaus, um sich Kaffee zu holen. Anschließend kehrten sie in den Konferenzraum zurück.
»Nun?«, sagte Stuyvesant wieder.
Niemand reagierte.
»Einleuchtend, denke ich«, sagte Stuyvesant. »Den Kerl mit dem Daumenabdruck können sie uns nicht anhängen, aber der andere ist eindeutig einer von uns. Da werden sie drüben im Hoover Building grinsen. Sie werden sich über uns schieflachen.«
»Aber haben sie deswegen Unrecht?«, fragte Neagley.
»Nein«, antwortete Froelich. »Diese Männer wissen, wo ich wohne. Deshalb glaube ich, dass Bannon Recht hat.«
Stuyvesant zuckte zusammen, als habe ein Baseballschiedsrichter Strike eins! gerufen.
»Und Sie?«, fragte er Neagley.
»Dass sie sich Gedanken wegen der DNA auf Briefumschlägen gemacht haben, lässt auf Insider schließen«, erwiderte Neagley. »Aber etwas anderes stört mich. Sind sie mit Ihren Verfahren vertraut, haben sie die Situation in Bismarck nicht richtig eingeschätzt. Sie meinten, die Kerle hätten damit gerechnet, die Cops würden zu dem als Köder versteckten Gewehr laufen und Armstrong würde zu seinem Wagen gebracht werden und so in ihr Schussfeld geraten. Aber das ist nicht passiert. Armstrong hat im toten Winkel gewartet, bis die Wagen bei ihm waren.«
Froelich schüttelte den Kopf. »Nein, ihre Einschätzung war richtig, fürchte ich«, erklärte sie. »Normalerweise hätte Armstrong draußen auf dem Rasen gestanden, wo alle Leute ihn gut sehen konnten. Ganz im Mittelpunkt des Ereignisses. Wir bestehen gewöhnlich nicht darauf, dass er sich an den Rändern aufhält. Ihn in der Nähe der Kirche zu halten war eine Änderung in letzter Minute. Auf Reachers Vorschlag hin. Und eine Limousine mit Heckantrieb würde ich normalerweise nie über eine Rasenfläche fahren lassen. Sie kann zu leicht stecken bleiben. Das ist ein Grundsatz. Aber ich wusste, dass der Erdboden trocken und hart war, praktisch gefroren. Deshalb habe ich improvisiert. Dieses Manöver wäre einem Insider völlig verrückt erschienen. Er hätte damit niemals gerechnet. Die Attentäter müssen äußerst überrascht gewesen sein.«
Schweigen.
»Dann ist Bannons Theorie plausibel«, gab Neagley zu. »Tut mir Leid.«
Stuyvesant nickte. Strike zwo!
»Reacher?«, sagte er.
»Kann dem nicht widersprechen.«
Strike drei! Stuyvesants Kopf sank herab, als hätte sich seine letzte Hoffnung in Luft aufgelöst.
»Aber ich glaub’s nicht«, fuhr Reacher fort.
Stuyvesants Kopf kam wieder hoch.
»Ich bin froh, dass sie diese Idee verfolgen«, sagte Reacher. »Wir müssen sämtliche Möglichkeiten ausschließen. Und sie werden sich wie verrückt darauf stürzen. Haben sie Recht, nehmen sie uns die Arbeit ab, das steht fest. Also ist das ein Punkt weniger, um den wir uns Sorgen machen müssen. Aber ich glaube, dass sie damit ihre Zeit vergeuden.«
»Warum?«, fragte Froelich.
»Weil ich mir ziemlich sicher bin, dass diese Männer nie hier gearbeitet haben.«
»Wer sind sie also?«
»Ich denke, dass sie beide Außenstehende sind, zwischen zwei und zehn Jahre älter als Armstrong, irgendwo weit draußen auf dem Land aufgewachsen, wo die Schulen anständig, aber die Steuern niedrig waren.«
»Und?«
»Überleg, was wir wissen. Denk an alles, was wir gesehen haben, und dann an das allerwinzigste Detail.«
»Erzähl’s uns«, forderte Froelich ihn auf.
Stuyvesant sah wieder auf seine Uhr.
Weitere Kostenlose Bücher