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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Teams waren Sprengstoffschnüffler, die den Auftrag hatten, die umliegenden Straßen bis zu einem Radius von vierhundert Metern zu kontrollieren. Jenseits davon gab es zu viele mögliche Zufahrtsrouten, als dass ein Bombenanschlag eine realistische Erfolgschance gehabt hätte. Sobald ein Gebäude oder eine Straße für sicher erklärt war, bezog dort ein Streifenpolizist Posten. Der Himmel war klar, und die Sonne erzeugte eine Illusion von Wärme.
    Um halb zehn Uhr war das Obdachlosenasyl der Mittelpunkt eines fünfundsechzig Hektar großen, abgesicherten Gebiets. Metro Cops hielten den äußeren Sicherungsring in Streifenwagen und zu Fuß besetzt, während im Innenraum über fünfzig Mann auf Streife waren. Einige der Bewohner des Obdachlosenasyls lungerten in der Nähe herum. Sie konnten sich nirgendwo betätigen und wussten zudem aus Erfahrung, dass es besser war, frühzeitig in der Schlange zum Mittagessen anzustehen. Politiker verstanden nichts vom Austeilen gleichmäßig großer Portionen, und nach der ersten halben Stunde konnten die Zuteilungen merklich kleiner ausfallen.
    Froelich traf um Punkt zehn Uhr mit ihrem Suburban ein, in dem auch Reacher und Neagley saßen. Gleich hinter ihnen kam Stuyvesant in seinem Wagen. Dahinter folgten vier weitere Vans mit fünf Scharfschützen des Departments und fünfzehn für allgemeine Aufgaben einsetzbaren gewöhnlichen Agenten. Froelich parkte auf dem Gehsteig unmittelbar am Fuß der Lagerhausfassade. An sich hätte sie einfach die Straße jenseits des Eingangs zum Obdachlosenasyl blockieren können, aber sie wollte den Schaulustigen keinen Hinweis darauf geben, aus welcher Richtung Armstrong eintreffen würde. Tatsächlich sollte er aus Süden kommen, aber wer das wusste und sich zehn Minuten lang mit einem Stadtplan beschäftigte, hätte seine gesamte Route von Georgetown hierher voraussagen können.
    Sie rief ihre Leute auf dem Hof des Obdachlosenasyls zusammen und schickte die Scharfschützen los, um sie die Lagerhausdächer sichern zu lassen. So würden sie, wie üblich, schon drei Stunden vor Beginn der Veranstaltung auf ihren Posten sein. Im Allgemeinen waren sie die Ersten, die kamen, und die Letzten, die gingen. Stuyvesant nahm Reacher beiseite und bat ihn, die Scharfschützen zu begleiten.
    »Anschließend kommen Sie bitte zu mir«, sagte er. »Ich möchte klare Informationen darüber, wie’s aussieht.«
    Also überquerte Reacher mit einem Mann namens Crosetti die Straße und betrat mit ihm einen feuchten Eingangsbereich voller Müll und Rattenkot. Im Schacht des zentral angeordneten Treppenhauses wand sich eine Betontreppe nach oben. Crosetti hatte eine Kevlarweste an und trug sein Scharfschützengewehr in einem Glasfaserfutteral. Bis sie oben anlangten, war er Reacher ein halbes Dutzend Stufen voraus.
    Die Treppe endete in einer auf dem Dach aufgesetzten würfelförmigen Hütte. Eine nach außen zu öffnende Holztür führte ins Freie. Das Flachdach war mit Asphalt beschichtet. Hier und da lagen tote Tauben zwischen schmutzigen Oberlichten aus Drahtglas und den Auslässen von Lüftungsrohren. Das Dach besaß eine niedrige, mit verwitterten Natursteinplatten abgedeckte Brüstung. Crosetti ging erst zur linken Ecke, dann zur rechten und nahm Blickkontakt zu seinen Kollegen auf der anderen Seite auf. Dann kam er nach vorn, um festzustellen, was von dort aus zu sehen war. Reacher stand bereits dort.
    Die Aussicht war gut und schlecht zugleich. Gut im eigentlichen Sinn, weil die Sonne schien und sie sich in einem allgemein nur niedrig bebauten Stadtviertel im vierten Stock befanden. Schlecht, weil der Hof des Obdachlosenasyls direkt unter ihnen lag. Man hatte das Gefühl, aus einem Meter Höhe in einen zwei Meter entfernten Schuhkarton zu blicken. Genau in Front lag die rückwärtige Hofmauer, vor der Armstrong stehen würde. Sie bestand aus unverputzten alten Ziegeln und sah wie die Hinrichtungsstätte in früheren Gefängnissen aus. Ihn dort zu treffen wäre ein Kinderspiel gewesen.
    »Entfernung?«, fragte Reacher.
    »Was schätzen Sie?«, sagte Crosetti.
    Reacher stemmte seine Knie gegen die niedrige Dachbrüstung und starrte mit zusammengekniffenen Augen zu der Ziegelmauer hinüber. »Neunzig Meter?«
    Crosetti öffnete eine Druckknopftasche seiner Weste und zog einen Entfernungsmesser heraus. »Laser«, erklärte er. Dann schaltete er das Gerät ein und visierte damit die Hofmauer an. »Zweiundneunzig bis zur Mauer«, sagte er. »Einundneunzig bis zu

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