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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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gibt’s keine Fernbedienung«, sagte er. »Sie müssen die Knöpfe benutzen.«
    Er stapelte die Boxen in chronologisch richtiger Reihenfolge.
    »Haben Sie was zum Sitzen für uns?«, fragte Reacher.
    Der Mann verschwand und kam wenig später mit zwei Drehstühlen zurück. Er hatte Mühe, sie vor der schmalen Werkbank aufzustellen. Dann sah er sich um, als sei ihm nicht wohl bei dem Gedanken, zwei Fremde in seinem kleinen Reich unbeaufsichtigt zu lassen.
    »Ich warte im Aufenthaltsraum«, sagte er. »Holen Sie mich, wenn Sie fertig sind.«
    »Wie heißen Sie?«, fragte Neagley.
    »Nendick«, murmelte der Mann verlegen.
    »Okay, Nendick«, sagte sie. »Wir holen Sie dann.«
    Er verließ den Raum, und Reacher schob die dritte Kassette ins Gerät.
    »Weißt du was?«, sagte Neagley. »Dieser Kerl hat keinen einzigen heimlichen Blick auf meinen Po geworfen.«
    »Na, so was.«
    »Das tun Typen meist, wenn ich diese Hose anhabe.«
    »Tatsächlich?«
    »Normalerweise.«
    Reacher ließ seinen Blick starr auf den leeren Bildschirm gerichtet. »Vielleicht ist er schwul«, meinte er.
    »Er trägt einen Ehering.«
    »Dann bemüht er sich vielleicht, keine unsittlichen Gedanken zu haben. Oder er ist einfach nur müde.«
    »Oder ich werde alt.«
    Er spulte das Videoband schnell zurück. Der Elektromotor surrte.
    »Das dritte Band«, sagte er. »Donnerstagmorgen. Wir fangen von hinten an.«
    Der Recorder lief schnell. Reacher beobachtete das Zählwerk, hielt das Gerät an und drückte auf PLAY. Auf dem Bildschirm erschien der leere Vorraum am Donnerstag um 7.55 Uhr. Er ließ das Video weiterlaufen und hielt es in dem Augenblick an, in dem die Sekretärin um Punkt acht Uhr ins Bild kam. Er drückte auf PLAY. Die Sekretärin betrat den Vorraum, zog ihren Mantel aus und hängte ihn an den Garderobenständer. Ging ziemlich nahe an Stuyvesants Tür vorbei und bückte sich hinter ihren Schreibtisch.
    »Verstaut ihre Handtasche«, kommentierte Neagley. »Stellt sie im Fußraum neben sich auf den Boden.«
    Die Sekretärin war eine Frau von ungefähr sechzig. Einen Augenblick sah sie direkt in die Kamera. Ernst, aber freundlich. Sie nahm auf ihrem Drehstuhl Platz, rückte ihn etwas näher an den Schreibtisch heran und schlug ein in Leder gebundenes Buch auf.
    »Kontrolliert den Terminkalender«, erklärte Neagley.
    Die Sekretärin klappte den Terminkalender wieder zu. Dann machte sie sich daran, einen Stapel Memos zu bearbeiten. Einige verschwanden in einer Schublade, die meisten erhielten einen Eingangsstempel und wurden von der rechten Schreibtischseite auf die linke gelegt.
    »Hast du schon mal so viel Papierkram gesehen?«, fragte Reacher. »Schlimmer als bei der Army.«
    Die Sekretärin unterbrach ihre Arbeit zwei Mal, um Anrufe entgegenzunehmen. Aber sie verließ ihren Platz nicht. Reacher schaltete den schnellen Vorlauf ein, bis Stuyvesant um zehn nach acht ins Bild gehastet kam. Er trug einen dunklen Regenmantel, anthrazitgrau oder schwarz. In einer Hand hielt er einen schmalen Aktenkoffer. Er zog den Mantel aus und hängte ihn an den Garderobenständer. Dann trat er an den Schreibtisch. Der Kopf der Sekretärin bewegte sich, als spreche sie mit ihm. Er stellte seinen Aktenkoffer auf ihren Schreibtisch und rückte ihn sogar etwas zurecht, damit er genau parallel zur Kante stand. Beugte sich hinunter, um etwas mit ihr zu besprechen. Nickte knapp, richtete sich auf, ging ohne den Aktenkoffer zur Tür seines Büros und verschwand dahinter. Der Zeitzähler tickte vier Sekunden weiter. Dann kam Stuyvesant wieder heraus und rief seine Sekretärin zu sich.
    »Er hat’s gefunden«, sagte Reacher.
    »Das mit dem Aktenkoffer ist merkwürdig«, fand Neagley. »Wozu hat er ihn draußen gelassen?«
    »Vielleicht musste er früh zu einer Besprechung und hat ihn dort draußen stehen lassen, weil er wusste, dass er gleich wieder weggehen würde.«
    Er spulte die folgende Stunde in schnellem Vorlauf ab. Leute hasteten in Stuyvesants Büro und wieder heraus. Froelich tauchte zweimal auf. Dann erschienen die Spurensicherer und nahmen den Brief in einem durchsichtigen Asservatenbeutel mit, als sie das Büro nach zwanzig Minuten verließen. Reacher schaltete auf Rücklauf. Sämtliche Aktivitäten des Donnerstagmorgens liefen nun rückwärts ab.
    »Jetzt der langweilige Teil«, sagte Reacher. »Stundenlang überhaupt nichts.«
    Auf dem Bildschirm war konstant nur der leere Vorraum zu sehen, während der Zeitzähler rückwärts lief. Absolut nichts

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