Tödliche Absicht
Ampeln die Häuser auf beiden Straßenseiten beobachten. Das kenne ich. Mein Vater war beim Militär.«
»Berufssoldat?«
Armstrong lächelte. »Sie haben meinen Lebenslauf nicht gelesen? Er wollte Berufsoffizier werden, ist aber schon vor meiner Geburt durch einen Unfall dienstunfähig geworden und hat einen Holzhandel aufgebaut. Aber er gab sich sein Leben lang soldatisch. Und entsprechend verhielt er sich auch.«
Froelich bog von der M Street ab, fuhr parallel zur Pennsylvania Avenue am Executive Office Building und der Vorderfront des Weißen Hauses vorbei. Armstrong verrenkte sich den Hals, um es zu sehen. Dann lächelte er.
»Unglaublich, nicht?«, sagte er. »Mich überrascht es selbst am meisten, dass ich dort mitmischen werde, das können Sie mir glauben.«
Froelich fuhr an ihrem Büro im Treasury Building vorüber und hielt auf die in der Ferne sichtbare Kuppel des Kapitols zu.
»Hat’s im Treasury Department nicht auch einen Reacher gegeben?«, fragte Armstrong.
Er hat auch ein verdammt gutes Namensgedächtnis, dachte Reacher.
»Mein älterer Bruder«, entgegnete er.
»Die Welt ist klein«, meinte Armstrong.
Froelich erreichte die Constitution Avenue und fuhr seitlich am Kapitol vorbei. Bog nach links in die First Street ein und hielt auf den Sichtschutz zu, der vor einem Nebeneingang der Senate Offices über den Gehsteig führte. Flankiert wurde der weiße Leinwandtunnel von zwei Town Cars des Secret Service. Die vier auf dem Gehsteig postierten Agenten wirkten wachsam und schienen zu frieren. Froelich fuhr geradewegs auf die Öffnung des Sichtschirms zu und hielt am Bordstein. Kontrollierte die Position des Suburbans und rollte noch zwanzig Zentimeter weiter, damit Armstrongs Tür sich genau mitten in der Öffnung befand. Reacher sah eine Gruppe von drei Agenten im Tunnel warten. Einer von ihnen trat vor und öffnete die Tür des Suburbans. Armstrong hob die Augenbrauen, als verwundere ihn der seinetwegen getriebene Aufwand.
»Freut mich, Sie beide kennen gelernt zu haben«, verabschiedete er sich. »Und vielen Dank, M. E.«
Dann stieg er aus und schloss die Schiebetür. Die drei Agenten umringten ihn und begleiteten ihn zum Eingang des Senatsgebäudes. Reacher nahm flüchtig wahr, dass er drinnen von uniformierten Sicherheitsbeamten des Kapitols in Empfang genommen wurde. Die schwere Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Froelich gab wieder Gas und fuhr in Richtung Union Station nach Norden davon.
»Okay«, sagte sie erleichtert. »So weit, so gut.«
»Sie haben einiges riskiert«, sagte Reacher.
»Zweihunderteinundachtzig Millionen zu zwei«, sagte Neagley.
»Was soll das heißen?«
»Die Briefe hätten von einem von uns stammen können.«
Froelich lächelte. »Das habe ich für unwahrscheinlich gehalten. Wie finden Sie ihn?«
»Mir gefällt er«, sagte Reacher. »Wirklich.«
»Mir auch«, sagte Neagley. »Schon seit Donnerstagabend. Und wie geht’s weiter?«
»Er bleibt den ganzen Tag zu Besprechungen dort. Mittags isst er im Speisesaal. Gegen neunzehn Uhr bringen wir ihn nach Hause. Seine Frau ist da. Also besorgen wir den beiden einen Videofilm oder so was, damit sie nicht auf die Idee kommen, noch mal auszugehen.«
»Wir brauchen Informationen«, sagte Reacher. »Wir wissen nicht, welche Form diese Demonstration annehmen oder wo sie stattfinden wird. Wir wollen nicht, dass sie passiert, ohne dass wir’s merken. Falls sie überhaupt passiert.«
Froelich nickte. »Das kontrollieren wir um Mitternacht. Falls bis dahin keine Katastrophe eintritt.«
»Und ich möchte, dass Neagley die Raumpfleger nochmals verhört. Bekommen wir von ihnen, was wir brauchen, sind wir einen großen Schritt weiter.«
»Das wäre mir nur recht«, meinte Froelich.
Sie setzten Neagley vor dem Bundesgefängnis ab und fuhren zu Froelichs Büro zurück. Auf ihrem Schreibtisch lagen die Berichte des FBI-Labors, das die beiden letzten Drohbriefe untersucht hatte. Sie waren in jeder Beziehung mit den beiden ersten Mitteilungen identisch. Aber ein FBI-Chemiker hatte an den Daumenabdrücken etwas Ungewöhnliches entdeckt.
»Squalin«, las Froelich vor. »Schon mal davon gehört?«
Reacher schüttelte den Kopf.
»Ein acrylischer Kohlenwasserstoff. Eine Art Öl. An allen Daumenabdrücken waren Spuren davon zu finden. Am dritten und vierten mehr als am ersten und zweiten.«
»Alle Fingerabdrücke weisen Spuren von Öl auf. So entstehen sie überhaupt.«
»Aber das sind normalerweise menschliche Öle. Dieses
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