Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
Vom Netzwerk:
voraus. Der Vorraum mit dem Arbeitsplatz der Sekretärin lag still und verlassen da. Stuyvesants Bürotür war geschlossen. Er stieß sie auf und machte Licht.
    Auf dem Schreibtisch lag ein Blatt Papier.
    Alle sahen es. Stuyvesant stand einige Sekunden wie gelähmt da, dann durchquerte er den Raum und starrte auf das Blatt. Schluckte trocken. Nahm es vom Schreibtisch.
    »Fax von der Kriminalpolizei in Boulder«, erklärte er. »Erste Ergebnisse der ballistischen Untersuchung. Meine Sekretärin muss es mir hingelegt haben.« Er lächelte erleichtert.
    »Sehen Sie sich jetzt bitte um«, sagte Reacher. »Konzentrieren Sie sich. Sieht Ihr Büro normalerweise so aus?«
    Stuyvesant tat, wie ihm geheißen.
    »Ja«, sagte er dann.
    »So sehen die Raumpfleger es also jede Nacht?«
    »Nun, auf dem Schreibtisch liegt in der Regel nichts«, sagte Stuyvesant. »Aber ansonsten … ja.«
    »Okay«, sagte Reacher. »Gehen wir wieder.«
    Sie kehrten in den Konferenzraum zurück. Stuyvesant las das Fax.
    »Sie haben sechs leere Hülsen gefunden«, sagte er. »Pistolenmunition, Kaliber neun Millimeter. Merkwürdige Auszieherspuren an den Seiten. Eine Zeichnung ist beigefügt.«
    Er schob Neagley das Blatt hin. Sie las den Text. Verzog das Gesicht. Gab das Fax Reacher weiter. Er sah sich die Zeichnung an und nickte.
    »Heckler und Koch MP5«, sagte er. »Sie spuckt die leeren Hülsen wie verrückt aus. Der Kerl hatte Feuerstöße zu je drei Schuss eingestellt. Zwei Feuerstöße, sechs Hülsen. Sie sind bestimmt fünfzehn Meter weit geflogen.«
    »Vermutlich das Modell SD6«, meinte Neagley. »Wenn’s eine MPi mit Schalldämpfer war. Eine ausgezeichnete Waffe. Teuer. Und ziemlich selten.«
    »Wozu wollten Sie mein Büro sehen?«, fragte Stuyvesant.
    »Wir haben uns in Bezug auf die Raumpfleger geirrt«, sagte Reacher.
    Im Raum wurde es still.
    »In welcher Beziehung?«, wollte Neagley wissen.
    »In jeder Beziehung«, sagte Reacher. »In jeder nur möglichen Beziehung. Was ist passiert, als wir mit ihnen geredet haben?«
    »Sie haben geschwiegen.«
    Er nickte. »Das habe ich ursprünglich auch gedacht. Sie sind in stoisches Schweigen verfallen. Alle drei. Fast wie in Trance. Ich habe das als Reaktion auf irgendeine Gefahr gedeutet. Als wären sie zu eingeschüchtert, um unsere Fragen zu beantworten, weil irgendjemand sie in der Hand hatte. Als sei Schweigen lebenswichtig. Aber weißt du was?«
    »Was?«
    »Sie hatten keinen blassen Schimmer, wovon wir überhaupt geredet haben. Wir waren zwei verrückte Weiße, die ihnen unmögliche Fragen stellten, das war alles. Sie waren zu schüchtern, um uns zum Teufel zu jagen. Sind einfach geduldig dagesessen und haben uns schwatzen lassen.«
    »Worauf willst du also hinaus?«
    »Überleg dir, was wir noch wissen. Das Überwachungsvideo zeigt eine merkwürdige Abfolge von Ereignissen. Sie sehen ein bisschen müde aus, als sie in Stuyvesants Büro gehen, und etwas weniger müde beim Herauskommen. Sie sehen ganz ordentlich aus, als sie hineingehen, und ein bisschen zerzaust beim Herauskommen. Sie verbringen fünfzehn Minuten in seinem Büro und nur neun draußen im Vorraum.«
    »Und?«, fragte Stuyvesant.
    Reacher lächelte. »Ihr Büro ist wahrscheinlich der sauberste Raum der Welt. Ein Chirurg könnte dort operieren. Darauf achten Sie ganz bewusst. Wir wissen übrigens von Ihrer Marotte mit dem Aktenkoffer und den nassen Schuhen.«
    Froelich machte ein verständnisloses Gesicht. Diesmal wurde Stuyvesant rot.
    »Es ist geradezu zwanghaft sauber und aufgeräumt«, fuhr Reacher fort. »Und trotzdem haben die Raumpfleger fünfzehn Minuten darin zugebracht. Weshalb?«
    »Sie haben den Drohbrief aus seinem Versteck geholt«, sagte Stuyvesant, »und ihn auf den Schreibtisch gelegt.«
    »Nein.«
    »War’s nur Maria? Sind Julio und Anita zuerst herausgekommen?«
    »Nein.«
    »Wer hat ihn also sonst hingelegt? Meine Sekretärin?«
    »Nein.«
    Schweigen.
    »Wollen Sie damit sagen, ich hätte ihn hingelegt?«, fragte Stuyvesant.
    Reacher schüttelte den Kopf. »Ich frage mich nur, warum die Raumpfleger fünfzehn Minuten in einem Büro verbracht haben, das bereits mehr als sauber war.«
    »Sie haben sich ausgeruht?«, schlug Neagley vor.
    Er schüttelte wieder den Kopf. Froelich lächelte plötzlich.
    »Sie haben etwas getan, nach dem sie leicht zerzaust ausgesehen haben?«, fragte sie.
    Reacher erwiderte ihr Lächeln. »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel Sex?«
    Stuyvesant wurde blass. »Das will ich nicht

Weitere Kostenlose Bücher