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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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sie. »Fünf Minuten.«
    Sie stiegen aus und gingen zum Kirchentor. Die Luft war eisig kalt. Man konnte Armstrongs Kopf inmitten der Menschenmenge sehen. Sein Haar leuchtete im Sonnenschein. Er schlenderte zehn Meter vom Turmfuß entfernt über den Rasen. Der neue Senator wich nicht von seiner Seite. Sechs Agenten umringten die beiden. Die Menge bewegte sich mit ihnen, veränderte langsam ihre Form wie ein heranwachsendes Lebewesen. Überall dunkle Wintermäntel. Damenhüte, Ohrenschützer, Sonnenbrillen. Das Gras war vom Nachtfrost braun.
    Froelich erstarrte, drückte den Ohrhörer fester ins Ohr. Hob die andere Hand und sprach in ihr Handgelenkmikrofon.
    »Haltet ihn dicht an der Kirche«, sagte sie.
    Dann ließ sie die Hände sinken und knöpfte ihren Mantel auf. Lockerte die Pistole im Halfter.
    »Eine Meldung von State Troopers im äußeren Sicherheitsring«, erklärte sie. »Sie machen sich Sorgen wegen eines Kerls zu Fuß.«
    »Wo?«, fragte Reacher.
    »In der Wohnsiedlung.«
    »Personenbeschreibung?«
    »Hab keine bekommen.«
    »Wie viele Cops sind dort draußen?«
    »Gut vierzig, die einen Kreis bilden.«
    »Lass sie nach außen beobachten. Mit dem Rücken zur Menge. Sie sollen auf Verdächtige achten.«
    Froelich sprach erneut mit dem Captain der hiesigen Polizei und erteilte den Befehl. Ihre eigenen Augen waren überall.
    »Ich muss los!«, sagte sie.
    Reacher wandte sich an Neagley.
    »Du kontrollierst die Straßen«, sagte er. »Alle Zugänge, die wir entdeckt haben.«
    Neagley nickte und ging mit schnellen Schritten in Richtung Straße davon.
    »Ihr habt Zugänge gefunden?«, fragte Froelich.
    »Massenhaft.«
    Froelich hob ihr Handgelenk. »Beeilung! Bringt ihn dicht an den Kirchturm heran. Schirmt ihn nach allen drei Seiten ab. Haltet die Wagen abfahrtbereit. Los, los, Leute!«
    Sie lauschte auf die Antwort. Nickte. Etwa dreißig Meter von ihnen entfernt wurde Armstrong auf der anderen Seite des Turms, wo sie ihn nicht sehen konnten, näher an die Kirche herandirigiert.
    »Geh nur«, sagte Reacher. »Ich seh mich in der Kirche um.«
    Sie hob ihr Handgelenk.
    »Bleibt mit ihm dort«, sagte sie. »Ich komme zu euch.«
    Sie hastete ohne ein weiteres Wort über den Rasen davon. Reacher blieb allein am Tor zurück. Er trat hindurch und ging auf die Kirche zu. Wartete am Portal. Das massive alte Türblatt war aus Eichenholz geschnitzt. Es hatte handgeschmiedete Angeln und Türbänder und war mit großen schwarzen Nägeln beschlagen. Darüber ragte der Kirchturm zwanzig bis fünfundzwanzig Meter hoch auf. An der Turmspitze befanden sich eine Flagge, ein Blitzableiter und eine Wetterfahne, die sich nicht bewegte. Die Flagge hing schlaff herab. In der völlig stillen Luft war nicht der geringste Windhauch zu spüren. Ideale Voraussetzungen für ein aus einem Scharfschützengewehr abgefeuertes Geschoss. Es würde förmlich ins Ziel getragen werden.
    Eine Minute später tauchte der Küster auf. Ein kleiner Mann in einem schwarzen Talar, der ihm bis zu den Füßen reichte. Darüber trug er einen Kaschmirmantel. Auf dem Kopf saß eine Pelzmütze mit Ohrenklappen, auf der Nase eine goldgerahmte Brille mit starken Gläsern. In einer Hand hielt er einen großen Drahtring, an dem ein riesiger Schlüssel hing. Der kleine Mann reichte Reacher den Ring.
    »Dies ist der Originalschlüssel«, erklärte der Küster. »Von achtzehnhundertsiebzig.«
    »Sie bekommen ihn gleich wieder zurück«, entgegnete Reacher. »Warten Sie auf dem Rasen auf mich.«
    »Ich kann hier warten«, sagte der Mann.
    »Auf dem Rasen«, wiederholte Reacher. »Das ist besser.«
    Der Küster machte große Augen, die durch seine starken Brillengläser noch vergrößert wurden. Er drehte sich um und ging in die Richtung davon, aus der er gekommen war. Reacher wog den großen alten Schlüssel in der Hand und steckte ihn ins Schloss. Drehte kräftig daran. Als nichts passierte, versuchte er es noch einmal. Wieder nichts. Er überlegte und drückte dann die Klinke herab.
    Die Tür war nicht abgesperrt.
    Sie öffnete sich mit leisem Quietschen. An dieses Geräusch erinnerte er sich. Es war ihm viel lauter erschienen, als er die Kirchentür neulich um fünf Uhr morgens geöffnet hatte. Diesmal ging das Quietschen im halblauten Stimmengewirr der dreihundert Menschen auf dem Rasen unter.
    Er stieß die Tür ganz auf. Zögerte einen Moment und trat dann lautlos in die dämmrige Stille. Die Wände des Gebäudes, ein einfacher Holzbau mit gewölbtem Dach, waren in

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