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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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stand; die restlichen vier bildeten im vorderen Teil der Kabine eine Reihe. Die mit Leder bezogenen Sitze und die Tische aus Holz wirkten in der schmucklosen Kabine fehl am Platz. Es gab offenbar eine Hackordnung, die darüber entschied, wer wo saß. Die Mitreisenden drängten sich im Mittelgang, bis Armstrong seinen Sitz gewählt hatte. Er entschied sich für den Fensterplatz der linken Vierergruppe, auf dem er mit dem Rücken zur Flugrichtung saß. Die beiden Journalisten setzten sich ihm gegenüber. Wahrscheinlich hatten sie ein Interview mit ihm vereinbart, um die Flugzeit zu nutzen. Froelich und die Leibwächter ließen sich in der zweiten Vierergruppe nieder. Die restlichen Agenten und Neagley nahmen die vordere Sitzreihe. Reacher blieb nur noch der freie Sessel, der durch den Mittelgang von Froelich getrennt war. Aber so würde er direkt neben dem Vizepräsidenten sitzen.
    Er stopfte seinen Mantel in die Gepäckablage. Armstrong lächelte ihm zu, als sei er ein alter Freund. Die Journalisten musterten ihn prüfend. Er konnte ihre fragenden Blicke spüren. Sie begutachteten seinen Anzug und dachten wohl: für einen Agenten zu teuer. Wer ist dieser Typ also? Ein Mitarbeiter? Ein Kandidat für irgendein Amt? Er schnallte sich an, als sitze er regelmäßig alle vier Jahre neben designierten Vizepräsidenten. Armstrong versuchte nicht, den Journalisten einen Vortrag zu halten, sondern wartete auf die Fragen.
    Der Triebwerkslärm wurde lauter, und die Gulfstream rollte zum Start. Als sie ihre Flughöhe erreichte, schliefen die Agenten und Froelich bereits fest. Sie schalteten ab, wie es Profis tun, die zwischen Perioden hektischer Aktivität für eine Weile zur Untätigkeit verdammt sind. Froelich war es gewöhnt, in Flugzeugen zu schlafen. Sie hatte den Kopf angelehnt und die Hände auf dem Schoß gefaltet und sah gut aus. Die drei Agenten schliefen etwas weniger dekorativ. Es waren kräftige Männer mit großer Kragenweite, breiten Schultern und starken Handgelenken. Einer von ihnen hatte einen Fuß in den Mittelgang ausgestreckt. Reacher vermutete, dass auch Neagley hinter ihm schlief. Sie konnte überall schlafen. Einmal hatte sie das sogar während einer langen Überwachung auf einem Baum geschafft. Er fand den Verstellknopf, kippte die Rückenlehne etwas nach hinten und machte es sich bequem. Aber nun begannen die Journalisten zu reden. Sie sprachen mit Armstrong, aber über ihn.
    »Dürfen wir einen Namen erfahren, Sir, nur der Vollständigkeit halber?«, fragte einer von ihnen.
    Armstrong schüttelte den Kopf. »Identitäten müssen vorerst vertraulich behandelt werden, fürchte ich«, antwortete er.
    »Aber wir können annehmen, dass wir uns weiterhin im Bereich der nationalen Sicherheit befinden?«
    Armstrong lächelte. »Ich kann Sie nicht daran hindern, etwas anzunehmen«, entgegnete er.
    Die Journalisten notierten sich das. Fingen dann ein Gespräch über auswärtige Beziehungen mit starker Betonung auf militärische Aspekte und zukünftige Verteidigungsausgaben an. Reacher ignorierte seine Umgebung und versuchte zu schlafen. Schreckte hoch, als er zum wiederholten Mal eine Frage hörte und Blicke auf sich spürte. Einer der Journalisten sah ihn fragend an.
    »Aber plädieren Sie weiter für die Doktrin, jedem Angriff mit überwältigender Schlagkraft zu begegnen?«, fragte der andere Mann den Vizepräsidenten.
    Armstrong wandte sich zu Reacher. »Möchten Sie sich dazu äußern?«
    Reacher gähnte. »Ja, ich bin weiterhin für überwältigende Schlagkraft. Das steht fest. Ich plädiere nachdrücklich dafür. Habe ich immer getan, glauben Sie mir.«
    Auch das notierten die Journalisten. Armstrong nickte weise. Reacher kippte seine Rückenlehne noch etwas weiter nach hinten und schlief ein.
    Er wachte auf, als die Gulfstream sich im Anflug auf Bismarck befand. Alle anderen waren schon wach. Froelich sprach halblaut mit ihren Agenten, erteilte ihnen die üblichen Anweisungen. Er warf einen Blick aus dem Fenster und sah wolkenlos blauen Himmel. Die Landschaft dreitausend Meter unter ihnen war winterlich graubraun. Er konnte den Missouri erkennen, der sich durch eine endlose Kette leuchtend blauer Seen von Norden nach Süden schlängelte; ebenso das schmale Band der in Ost-West-Richtung verlaufenden I-94 und den braunen Klecks, der Bismarck darstellte.
    »Den äußeren Sicherungsring überlassen wir den dortigen Cops«, sagte Froelich gerade. »Sie sind mit vierzig Mann oder mehr im Einsatz. Dazu kommen

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