Tödliche Aktien
setzen, verstoßen Sie dann nicht gegen das Börsengesetz?«
»Hören Sie«, sagte Wagner, »Sie haben Scheiße gebaut. Das gefällt Ihren Aktionären nicht. Jetzt wollen sie verkaufen und raus aus dem Geschäft. Ich hab’ Ihnen ein faires Angebot gemacht. Also nehmen Sie’s schon an!«
»Wer ist der Käufer?«
»Das kann ich Ihnen noch nicht sagen«
»Wieviel?«
»Vier Dollar pro Aktie. Acht Millionen insgesamt. Sie müssen akzeptieren. Sie haben keine Wahl.«
»Sie können mich mal!« sagte ich und legte auf.
So also funktionierte Wagners kleine Gemeinschaft von Anlegern und Unternehmen. Er hatte uns einen Gefallen getan, indem er unsere Aktien plaziert hatte, und nun schuldeten wir ihm einen Gefallen. Er kontrollierte die Aktien, folglich kontrollierte er uns. Es stank mir gewaltig, Wagner ausgeliefert zu sein. Was mich besonders wütend machte, war das offenkundige Vergnügen, das ihm die Ausübung seiner Macht bereitete. Nun, ich würde ihn dazu zwingen, seine Karten auf den Tisch zu legen. Mal sehen, was er wirklich in der Hand hatte.
Wo konnten wir sonst noch Geld auftreiben? Ich versuchte es mit einigen Banken, bei denen wir schon früher angefragt hatten. Überall die gleiche Reaktion – ein entschiedenes Nein.
Mit einem Seufzer griff ich zum Telefon und rief meine eigene Bank an oder vielmehr meinen »persönlichen Kontobeauftragten«. Seit er meine Tantiemenschecks gesehen hatte, brachte er sich fast um, um mir seine Hilfe anzudienen. Nun hatte er Gelegenheit dazu.
Er war entgegenkommend, aber vorsichtig. Ich sei ein geschätzter Kunde der Bank, aber man müsse natürlich noch die Einzelheiten prüfen, bevor man den gewünschten Kredit bewilligen könne. Ich hoffte, daß ich ihn nicht brauchen würde.
David steckte den Kopf zur Tür herein.
»Wie läuft’s mit dem Verkauf?«
»Gar nicht.«
»Was soll das heißen?«
»Das heißt, wir verkaufen nicht. Ich versuch’ noch mal, Geld aufzutreiben.«
»Was? Das ist doch nicht Ihr Ernst!« Er betrat das Büro und baute sich vor meinem Schreibtisch auf.
»Mein voller Ernst.«
»Und wer hat das beschlossen?«
»Ich.«
»Himmel, Mark! Wir haben keine Zeit für solche Spielchen. Wenn Sie sich nicht augenblicklich ernsthaft um einen Käufer bemühen, sind wir pleite, bevor das Geschäft unter Dach und Fach ist.«
Ich hatte es satt, mich herumstoßen zu lassen. »David«, sagte ich, »überlassen Sie das mir. Okay?«
»Sie sind auf dem besten Weg, die Firma zu ruinieren, Mark. Das werde ich nicht zulassen. Dafür habe ich hier zuviel investiert. Wenn Sie sich weigern, dann nehme ich die Sache eben selbst in die Hand.« Damit machte er auf dem Absatz kehrt. Beim Hinausgehen stieß er fast mit Rachel zusammen, die mit zwei übervollen Bechern Kaffee eintrat.
»Au!« rief sie und reichte mir einen Becher. »Vorsicht, heiß! Schön schwarz, nicht?« Sie schüttelte die Hand, die bei dem Zusammenstoß etwas von der heißen Flüssigkeit abbekommen hatte.
»Danke«, lächelte ich. Sie setzte sich in den Stuhl mir gegenüber.
Schweigend schlürften wir einen Augenblick unseren Kaffee. »Warum will er unbedingt verkaufen?« überlegte ich laut. »Heute morgen hat er eindeutig gelächelt.«
»Ich glaube, er rechnet sich eine glänzende Zukunft aus, wenn die Firma übernommen wird«, sagte Rachel. »Dann kriegt er Ihren Stuhl.«
»Der Käufer könnte doch ebensogut einen eigenen Mann einsetzen«, sagte ich. »Damit muß er doch rechnen.«
»Und was soll ihn hindern, ein paar Absprachen schon vorab zu treffen?«
»Was? Sie meinen, er liefert FairSystems einem Käufer aus und kriegt zum Dank dafür den Chefsessel?«
»Vielleicht.«
Das war David durchaus zuzutrauen, dachte ich. Ich nahm mir vor, ihn sorgfältig im Auge zu behalten. »Und mit wem könnte er den Handel eingefädelt haben?«
»Weiß nicht«, sagte Rachel. »Wer ist der Käufer, den Wagner in petto hat?«
»Wagner Phillips arbeitet für eine ganze Reihe kalifornischer High-Tech-Unternehmen. Es könnte jedes sein.«
»Auch Jenson Computer?«
»Das weiß ich nicht.« Ich überlegte. »Aber es wäre schon möglich. Vielleicht hat Jenson die Zahlung an uns eingefroren, weil er hofft, daß er FairSystems dann billiger bekommt. Und mit David Baker könnte er jemanden haben, der ihm Insiderinformationen liefert.«
»Schon möglich. Wenn Carl Jenson etwas haben will, dann kriegt er es auch.«
»Warum macht er uns nicht ein direktes Kaufangebot?«
Rachel zuckte mit den Achseln. »Sie
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