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Tödliche Aktien

Titel: Tödliche Aktien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Höflichkeit. Den Rest der Mahlzeit brachten wir mit dem müßigen Small talk von Finanzleuten zu: Fluglinien und Flughäfen, Markttendenzen und das verzweifelte Bemühen, gemeinsame Bekannte ausfindig zu machen. Schließlich zahlte Wagner, und wir gingen. Vor dem Hotel wartete ein uniformierter Fahrer neben einem glänzenden schwarzen Ford Granada, um ihn zum Flughafen zu bringen. Er reichte Willie und mir die Hand und rauschte davon.
    Mir tat es allmählich leid, daß ich Richard ausgerechnet Wagner Phillips empfohlen hatte. Ich hatte wenig über die Firma gewußt, abgesehen von dem wenigen, was Karen mir erzählt hatte: daß es sich um eine aggressive, rasch expandierende Brokerfirma handelte, die viele Kunden aus dem High-Tech-Bereich hatte. Gewiß, es war ihr gelungen, FairSystems unter schwierigen Bedingungen Geld zu verschaffen. Aber zu welchem Preis? Ich hatte das unangenehme Gefühl, daß ich das noch herausfinden würde.
    Willie hatte während des Essens geschwiegen. Ich fragte ihn: »Was halten Sie von ihm?«
    Willie legte sein Gesicht in Falten und überlegte lange. Schließlich nahm er all seinen Mut zusammen. »Vielleicht irre ich mich«, sagte er, »aber ich kann ihn nicht ausstehen.«
    Ich lachte. Er war in Ordnung, dieser Willie.
    »Wie geht’s dir?« fragte Karen.
    »Ganz gut«, vertraute ich dem Telefonhörer an. »Ich muß zwar in sehr kurzer Zeit ’ne Menge lernen, aber das Zeug ist interessant. Und dann habe ich zum erstenmal einen Investmentbanker von der anderen Seite des Tisches erlebt. Eine höchst aufschlußreiche Erfahrung.« Ich berichtete ihr von dem Essen mit Scott Wagner.
    »Hört sich an, als wäre er der ideale Mann für Harrison Brothers.«
    »Ich glaube, den könnten selbst wir nicht verkraften. Apropos, was tut sich in London?«
    »Große Neuigkeiten.«
    »Erzähl!«
    »Jack hat Sally gefeuert.«
    »Verdammt! Dieser Scheißkerl!«
    »Keine Aufregung! Es gibt ein Happy-End«, fuhr sie lebhaft fort.
    »Wieso?«
    »Ich war natürlich stinkwütend. Eben hat sie noch neben mir gesessen, und plötzlich ist sie weg. Noch nicht mal tschüs hat sie sagen können.«
    »Ja, ich kenn’ das.«
    »Also bin ich zu Bob Forrester gegangen. Ich hab’ ihm gesagt, daß Sally meiner Meinung nach eine ausgezeichnete Verkäuferin werden könnte, wenn wir ihr eine Chance geben würden. Ich hab’ ihm angeboten, mich um sie zu kümmern und es auf meine Kappe zu nehmen, wenn es nicht klappen sollte. Na, und was glaubst du, hat er gesagt?«
    »Was?«
    »Er hat gesagt, am Wochenende würde es tiefgreifende Veränderungen geben, und am Montag würde Jack Tenko keinen Job mehr haben.«
    »Super!«
    »Genau. Er hat mich gebeten, Sally zu Hause anzurufen und ihr zu sagen, sie solle ein paar Tage frei nehmen und am Montag wie gewöhnlich in der Firma erscheinen.«
    »Gut gemacht!« sagte ich. »Ich bin stolz auf dich!«
    »Ehrlich gesagt, bin ich selbst ziemlich stolz auf mich.«
    »Und was wird mit dir?«
    »Bob hat gesagt, sie wollen mich in London behalten und wahrscheinlich meinen Verantwortungsbereich erweitern. Bob hat mich gebeten, mich um sein Portfolio zu kümmern.«
    »Hört sich toll an.« Ich war beeindruckt. Karen verstand sich viel besser auf diese taktischen Spielchen als ich. Daß sie die Wirren bei Harrison Brothers so glänzend überstanden hatte, wunderte mich überhaupt nicht. Wahrscheinlich hätte ich sie nach Schottland holen sollen. Sie wäre mit David Baker weit besser zurechtgekommen. Das erinnerte mich an etwas.
    »Am Samstag bin ich in Edinburgh zum Dinner eingeladen. Hast du nicht Lust zu kommen? Ich würde mich so freuen, dich zu sehen.«
    »Oh, das tut mir leid. Ich hab’ nun doch die Einladung zum Ballett angenommen. Du weißt, von diesem Peter Tewson. Ich kann ihn nicht vor den Kopf stoßen. Er ist Kunde.«
    »Oh, bitte, Karen«, sagte ich.
    Sie zögerte. »Nein, es ist nicht nur das. Nun, wo ich ja gesagt habe, mag ich ihn nicht einfach sitzenlassen. Ehrlich, das würde mir gegen den Strich gehen.«
    Ich seufzte. Sie fehlte mir sehr.
    »Na gut. Bis bald.«
    »Tschüs, Mark.«

DREIZEHN
    Den Samstag morgen verbrachte ich im Werk. Es gab einen Haufen Papierkram und E-Mails durchzusehen. Man erwartete Entscheidungen von mir: Jock wollte noch zwei Leute für die Montageabteilung einstellen, um der erhöhten Nachfrage nachkommen zu können. An sich eine schöne Sache – wenn wir nur das Geld gehabt hätten, die Leute zu bezahlen. Der Lieferant der Tastaturen hielt nie seine

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