Tödliche Aspekte Kommissarin Julia Sanders 2. Fall (Krimis aus Schleswig-Holstein) (German Edition)
richtig, dass keinerlei technischer Defekt gefunden
wurde. Ob die Maschine regelmäßig gewartet wurde, konnte man anhand der vielen Trümmer
nicht mehr feststellen. So sei man von einem Pilotenfehler ausgegangen. Noch
einmal bekräftigte er, wie leid ihm die ganze Sache täte. Dazu fiel ihm die
Blackbox ein, die in diesem Fall für die Aufklärung nicht brauchbar war. Er erzählte
ihr, dass nur Wortfetzen der Frauenstimme zu hören gewesen seien. Sie hätte den
Piloten angeschrien, dann leiser etwas wie ‘dein Reich komme‘, dann sei die
Verbindung unterbrochen worden. Vermutlich hatte sie noch bis zum Schluss
gebetet. Er hoffte, dass die Sache damit erledigt wäre. Nachdem Julia den roten
Knopf an ihrem Telefon gedrückt hatte, stöhnte sie auf.
„Die arme Frau. In ihrer Angst hat sie
wohl noch das 'Vater unser‘ aufgesagt, doch ob ihr das die Angst genommen hat,
wage ich zu bezweifeln. Das Ganze bringt uns nicht weiter. Hast du mich eine
Silbe sprechen hören? Der Mann hat sich um Kopf und Kragen geredet. Ich wusste
gar nicht, dass es Männer gibt, die so viel reden. Normal sagt man so etwas nur
uns Frauen nach.“ Julia stand auf und trat ans Fenster des kleinen Büros. Sie
sah hinaus auf die Förde und betrachtete die Segelboote, deren schneeweiße
Segel in der Sonne besonders strahlten. Auf einmal sagte sie, wie zu sich
selbst:
„Das ist ein merkwürdiger Fall. Zwei
Menschen starben, wir haben bisher keinen konkreten Verdächtigen. Die Witwe
scheint mir nicht suspekt. Die Presse munkelt einen Umweltskandal in dem
Unternehmen.“ Ratlos schüttelte sie den Kopf. „Wir müssen uns unbedingt mal mit
diesem Daniel Örtler unterhalten. Wahrscheinlich hat er der Presse einen Tipp
gegeben. Das Kieler Tageblatt ist eine zweifelhafte Zeitung.“ Andrea sah sie
nachdenklich an.
„Na ja, es könnte trotzdem etwas dran
sein an diesem Tipp. Der Sache sollten wir vielleicht mal nachgehen.“ Julia
nickte.
„Ja das sowieso. Sag mal hast du auch so
einen Hunger? Wir haben keine Mittagspause gemacht.“ Lächelnd erhob sich
Andrea.
„Dann lass uns gehen. Döner oder
Burger?“ Sie entschieden sich für einen Döner, der sättigte wenigstens. Julia
entschied sich, zuvor den Geliebten von Frau Kummer anzurufen. Von Rafael
Schulte, was für ein gewöhnlicher Nachname zu diesem Vornamen, erfuhr sie, dass
die Affäre, wie er sie nannte, lange vorbei sei. Er hätte Ella Kummer auf einer
Feier kennengelernt und sei mit ihr an diesem Abend nach Hause gefahren, da ihr
Mann auf Dienstreise, vermutlich mit seiner Sekretärin, gewesen sei.
„Von da an ruft sie mindestens vier Mal
am Tag an“, stöhnte er. „Sie will einfach nicht einsehen, dass es für mich
lediglich ein One-Night-Stand war.“ Das hatte sich für die beiden Polizistinnen
anders angehört.
„Da müssen wir uns wohl noch einmal mit
Frau Kummer unterhalten“, meinte Julia und bedankte sich für das aufschlussreiche
Gespräch. Sie rieb sich gedankenvoll das Kinn.
„Was ist? Was hat er gesagt?“ Julia
schüttelte den Kopf.
„Das
errätst du nicht. Er meinte, dass es nur ein One-Night-Stand war, den er mit
ihr hatte, und dass ihn ihre ständigen Anrufe nerven würden. Er will gar nichts
von ihr. Ich denke, wir sollten die lustige Witwe noch einmal besuchen, doch
zuvor gehen wir etwas essen, sonst sterbe ich vor Hunger.“ Andrea stimmte ihr
lachend zu.
Der volle Magen stimmte Julia ein wenig
milder. Sie stöhnte, als sie sich den letzten Bissen des Döners in den Mund
steckte und ihn mit einem großen Schluck Cola hinunterspülte.
„Das war gut. Jetzt geht es mir
bedeutend besser.“ Andrea nickte kauend.
„Ja der war wirklich gut, die Adresse
sollten wir uns merken. Und nun zu Frau Kummer?“
„Und nun zu Frau Kummer“, bestätigte
Julia. Die Villa der Kummers lag in einer vornehmen Gegend. Die Leute, die in
diesem Viertel wohnten, mussten bestimmt nicht jeden Cent dreimal umdrehen.
Dass der Vorgarten aus einem Meer von Rosen, Verbenen, Schleierkraut und vielem
mehr bestand, hatten die Polizistinnen bei ihrem ersten Besuch nicht
registriert. Vermutlich waren sie zu sehr mit der Trauer um Julias Vater
beschäftigt. Julia hatte eben die Hand erhoben, um auf den Klingelknopf aus
Messing zu drücken. Eine junge Frau, nur mit einem Pareo bekleidet, deren Enden
sie locker um den Hals geschlungen hatte, öffnete in diesem Moment die Tür. Scheinbar
war sie dabei, das Haus zu verlassen. Erstaunt sah sie die beiden Frauen an und
meinte:
„Hallo, Sie
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