Tödliche Aspekte Kommissarin Julia Sanders 2. Fall (Krimis aus Schleswig-Holstein) (German Edition)
Angst.
„Herr Behrens, der Hausmeister des
Flughafens hat uns das erzählt.“ Auf einmal färbte sich das Gesicht des jungen
Mannes zornesrot. Er sprang auf.
„Ich hab ihm viel Geld gegeben, damit er
die Klappe hält.“ Nun hat er sich verraten , dachte Julia siegessicher.
„Herr Kummer setzen Sie sich bitte
wieder.“ Dirk Kummer ließ sich jedoch nicht beruhigen. Zwei Polizisten wurden
gerufen, um ihn zur Ruhe zu bringen. Links und rechts stand nun ein Polizist,
der ihn bewachte. Der junge Mann saß auf seinem Stuhl wie ein begossener Pudel.
„Wollen Sie uns nicht endlich Ihre Version von dem, was passiert ist,
erzählen?“ Doch er schwieg beharrlich. Unerwartet meldete sich der Anwalt zu
Wort. Er sagte nur den einen Satz:
„Mein Mandant hat Ihnen nichts mehr zu
sagen, nicht bevor ich mit ihm gesprochen habe“, nickte in die Runde und
verließ den Raum. Verblüfft sahen sich Julia, Andrea und der Kriminalrat an.
Bose schüttelte den Kopf.
„Was ist denn das für ein Anwalt? Der
soll sich mal seine Studiengebühren wiederholen. Ich werde mich mal mit
Prätorius unterhalten.“ Er gab den beiden Polizisten ein Zeichen, dass sie Dirk
Kummer abführen sollten. Bis auf Weiteres kam er wieder in seine Zelle in
U-Haft. „Die Indizien sprechen für ihn als Täter. Wir benötigen ein Geständnis,
um ihn lebenslang einzusperren. Übrigens Frau Sander, Sie haben Ihre Sache sehr
gut gemacht.“ Er nickte Julia zu. Sie lächelte verstimmt.
„Ich dachte, wir haben ihn“, sagte Julia
zu ihm. Bose nickte.
„Es gibt ja noch so etwas wie einen
Indizienprozess. Abwarten, vielleicht überlegt er es sich ja noch einmal.
Dieser Anwalt ist doch eine Pfeife. Sagt die ganze Zeit kein Wort, und zum
Schluss fällt ihm ein, dass sein Mandant keine Aussage machen wird. So etwas
hab ich noch nicht erlebt. Das Dumme ist, dass wir Schwarz und Kummer Junior
nicht nachweisen können, dass sie von den Medikamenten wussten.“ Julia horchte
auf.
„Frau Kummer erzählte uns, dass ihr
Bruder von der Sache wusste.“ Boses Gesicht bekam einen listigen Ausdruck.
„Es sei denn ...“ Julia sah den Chef
fragend an.
„Es sei denn?“
„Wissen Sie, ob Dr. Kummer mit den
Landwirten stets selbst verhandelt hat? Möglicherweise haben sein Schwager oder
sein Sohn das in Einzelfällen übernommen. Nehmen Sie Kontakt zu den Landwirten
auf und fragen Sie sie.“
„Das
ist eine gute Idee“, entgegnete Julia anerkennend. Warum war sie bloß nicht früher
darauf gekommen?
Nach der Mittagspause machten sich die beiden
Polizistinnen an die Arbeit. Der Reihe nach riefen sie die Landwirte an. Bis
auf einen hatten alle bestätigt, dass es Dr. Kummer war, mit dem sie gesprochen
hatten. Nur der Vater des verstorbenen Jochen Müller aus Selent erzählte Julia
am Telefon, dass ein junger Mann bei ihnen auf dem Hof war. Der hatte mit
seinem Sohn und ihm über das Geschäft gesprochen. Er hatte versucht, seinen
Sohn davon abzubringen, den Deal mit diesen Leuten zu machen, jedoch ohne
Erfolg. Auf die Frage hin, ob er den Mann wiedererkennen würde, erwiderte er:
„Das Gesicht dieses Mannes, mit den hellblauen
stechenden Augen, würde ich jederzeit wiedererkennen. Er hat mir meinen Sohn
genommen.“ Julia strahlte und versprach, ihn noch einmal mit einem Foto von
Dirk Kummer zu besuchen.
„Jetzt haben wir ihn, wenigstens in
einer Sache. Ich würde vorschlagen, dass wir gleich nach Selent fahren, um
Herrn Müller das Foto von Dirk Kummer zu zeigen.“ Andrea nickte. Ihre Miene war
missmutig. „Ist was? Hab ich was Falsches gesagt?“ Andrea sah sie an.
„Es ist nur, ich komme mir manchmal vor
wie eine Praktikantin. Du sagst, was wir machen und ich mach es mit. Aber in
letzter Zeit bist du, was unsere Arbeit angeht, so dominant geworden, dass ich
mir manchmal überflüssig vorkomme.“ Julia setzte sich auf eine Ecke ihres
Schreibtisches. Bestürzt erwiderte sie:
„Ehrlich? Das ist mir gar nicht bewusst.
Oh Andrea, das tut mir aber leid. Ich verspreche dir, ab sofort werde ich mich
ändern. Einverstanden? Wenn ich wieder über die Stränge schlage, dann musst du
mir in die Rippen stoßen, okay?“
„Gut mach ich. Wollen wir dann?
Unterwegs könnten wir uns Pommes rot/weiß holen.“ Julia lachte erleichtert. Sie
war froh, dass Andrea nicht böse war. Es war gedankenlos von ihr, die Kollegin
nicht mit einzubeziehen. Das musste sich ändern. Da sie in ihrer Pause bisher
nichts gegessen hatten, machten sie an einem Imbiss am Ortseingang von
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