Toedliche Blumen
in der Waschküche, nämlich auf der Tür des Trockners, hatte man einen winzigen Fleck von Johanssons Blut gefunden.
Johansson hatte natürlich beteuert, dass weder Doris Västlund noch irgendeine andere Person zusammengeschlagen auf dem Boden der Waschküche lag, als er hinunterkam, um Alicias Wäsche in den Trockner zu füllen. Er hatte kein Schwein gesehen, wie er sich ausdrückte. Und in diesem Punkt begann zumindest Louise ihm zu trauen. Wenn er während seines Besuchs in der Waschküche tatsächlich gezwungen gewesen wäre, über die am Boden liegende Doris hinwegzusteigen, wären seine Kleider und Schuhe kaum sauber geblieben, nicht bei diesem Blutbad. Vorausgesetzt, dass er sich nicht umgezogen und daraufhin alles verbrannt oder sich auf sonstige Weise seiner Kleidung entledigt hatte.
Mit anderen Worten: Die Misshandlung musste stattgefunden haben, kurz nachdem Johansson die Waschküche verlassen hatte.
An Kjell E. Johanssons unglaubwürdiger Schilderung der Verkettung von unglücklichen Umständen konnte also trotz ihrer scheinbaren Konstruiertheit durchaus etwas Wahres dran sein. Die ganze Geschichte von der unglückseligen Rasur, dem gläsernen Lampenschirm, der zersplittert war, der Schlägerei und blutenden Wunden sowie von anderen Missgeschicken auf dem Kostümfest und nicht zuletzt von seinem Glück oder Unglück – wie man es betrachten mochte – mit Frauen. Soweit Louise es verstand, war Johansson ein richtiger Frauenheld mit mehreren in der Weltgeschichte verstreuten Kindern, jedenfalls mit einer eindeutig höheren Anzahl als der, von der er selbst wusste. Eine alte Flamme, wie er sich ausdrückte, hatte ihm unlängst mitgeteilt, dass er der Vater ihrer mittlerweile zehnjährigen Tochter sei. Sie wollte, dass das Kind einen Vater bekommt, und vor allem selbst natürlich finanzielle Unterstützung.
Doch es gab noch einen weiteren Haken mit Johansson. Er hatte nur wenige Stunden vor ihrer Ermordung mit Doris Västlund Kaffee getrunken. Das konnte er natürlich in dieser prekären Lage nicht leugnen. Erst recht nicht, als sie ihn mit knallharten Fakten konfrontierten. Sein genetischer Code befand sich nämlich auf den Tassen.
»Aus welchem Grund haben Sie Doris Västlund aufgesucht?«, wollte Peter Berg wissen, der ihn bereits mehrfach verhört hatte, zuletzt am Vortag.
»Ich habe ihr geholfen, ein Regal an die Wand zu schrauben«, entgegnete Johansson trocken. »Als Dankeschön lud sie mich zum Kaffee ein, und außerdem war sie einsam.«
»Und warum sind Sie nicht gleich zu Beginn damit rausgerückt?«, wollte Peter Berg natürlich wissen.
»Keiner hat danach gefragt«, grinste Johansson schief.
Peter Berg konnte einen Seufzer nur knapp zurückhalten. Wie oft hatte er Johansson gefragt, ob er in der letzten Zeit bei Doris Västlund gewesen sei, und dieser hatte jedes Mal mit Nein geantwortet. Doch Johansson war der Typ Mann, der nur sah und hörte, was er selbst mitbekommen wollte.
Zusammengenommen gab es relativ viele Indizien, die Johansson an Doris Västlund banden. Das fand Louise ebenso wie der Staatsanwalt. Es fehlte ihnen jedoch ein Geständnis, und die technischen Beweise waren wie immer nicht ausreichend. Sie hatten kein gutes Gefühl dabei, ihn auf freien Fuß zu setzen, doch sie hatten keine andere Wahl. Jedenfalls vorläufig nicht.
In der Zwischenzeit war es ihnen gelungen, die Wäscheberge ihren Besitzern zuzuordnen, was eigentlich auch kein größeres Problem darstellte, wie Erika Ljung fand. Die Reizwäsche konnte nur einer Person gehören. Zum einen trugen nicht so viele andere Frauen im Haus die Kleidergröße »Small«, und zum anderen schienen sie nicht verwegen genug, so delikate Stücke auszuwählen wie die farbenfrohe Alicia Braun. Aber die Dame schien nicht besonders an ihrer Wäsche interessiert zu sein. Und als man sie direkt darauf ansprach, behauptete sie, dass es ihr nichts ausmachen würde, wenn ihr ein paar Teile abhanden kämen, was Louise recht merkwürdig vorkam. Vor irgendetwas schien sie Angst zu haben. Oder war ihr Verhalten letztlich vielleicht auf die allgemein vorherrschende Polizeiphobie zurückzuführen?
Wie es Alicia Braun gelungen war, das Mannsbild von Johansson wegen einer so banalen Aufgabe wie der Beförderung ihrer Unterwäsche in den Trockner in den Keller zu locken, überstieg definitiv Louises Verstand. Es imponierte ihr geradezu. Wahrscheinlich hatte sie ein Händchen mit Männern. Oder sie besaß etwas anderes.
Wie Doris.
Vielleicht
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