Toedliche Blumen
auf den Kanarischen Inseln«, schlug Lundin vor, während er den Rest seiner Scheibe Mandelzopf in den Mund schob.
»Oder es handelt sich um etwas ganz anderes«, warf Conny Larsson ein. »Etwas, von dem wir noch gar nichts wissen.«
»Wir werden sehen!«
»Und dieses Mädchen mit den Maiblumen. Wir müssen herausbekommen, wer sie ist«, hob Louise hervor, um wieder zur Tagesordnung zurückzukehren. »Ihr teilt die Aufgabe am besten unter euch auf. Beginnt damit, in den Schulen nachzufragen, vielleicht am besten in der nächstgelegenen, der Valhalla-Schule. Die Kinder verkaufen solche Dinge meist in der näheren Umgebung. Sie begeben sich nur selten in entfernt liegende Gebiete. Vergesst nicht, die Lehrer zu fragen. Wir wissen ja nicht, was das Mädchen gesehen haben könnte, ohne es vielleicht selbst verstanden zu haben. Sie liest mit Sicherheit weder Zeitung, noch schaut sie die Nachrichten im Fernsehen.«
Wieder überkam sie eine Welle der Übelkeit. Allein das Wort »Fernsehen« machte sie nervös. Sie hatte nämlich noch ein Fernsehinterview vor sich.
»Dieser Mann, mit dem Doris Västlund ein Verhältnis hatte. Was ist mit ihm?«, wollte Janne Lundin wissen.
»Stimmt«, sagte Louise, die innerlich schon auf dem Sprung war. »Ich habe seinen Namen von der Inhaberin der Parfümerie erhalten, in der Doris Västlund vor langer Zeit gearbeitet hat.«
Sie suchte ein weiteres Mal in ihren Unterlagen, während sich die Übelkeit im Takt mit dem Stress bezüglich des Treffens mit dem Fernsehreporter steigerte. Schließlich fand sie das Papier.
»Folke Roos heißt er«, klärte sie Lundin auf. »Vielleicht schaffe ich es, ihn am Wochenende zu kontaktieren.«
Sie schaute auf die Uhr und stellte fest, dass sie die Zusammenkunft beenden musste, auch wenn sie ein diffuses Gefühl beschlich, dass sie etwas Wichtiges übersehen hatte, das aufgrund komplizierter Nachbarschaftsverhältnisse, merkwürdiger Verwandter und einer nicht zu verachtenden Menge Bargeld noch zu sehr in Dunkel gehüllt war.
Und dann natürlich das Opfer selbst, diese fröhliche Frau, die in ihrem kleinen Auto durch die Gegend gefahren und die der Polizei bis dato unbekannt gewesen war, was aufgrund ihres so genannten vollkommen gewöhnlichen Rentnerdaseins und einem relativ guten Ruf nichts Ungewöhnliches darstellte. Das Auto, ein Toyota Starlet, ein Siebenundachtziger-Modell, war übrigens auch untersucht worden, jedoch ohne verwertbare Spuren.
Um gewisse Menschen herum entwickelt sich manchmal eine Art Unruhe, die schwer zu definieren und deshalb auch nicht ganz einfach zu erklären ist. Etwas in der Richtung hatte auch die Frau in der Parfümerie nicht nur beschrieben, sondern ebenso versucht, für Louise nachvollziehbar zu machen. Louise erinnerte sich nicht mehr an den exakten Wortlaut, aber an das, was sie sich selbst dazu notiert hatte: Berg-und-Tal-Bahn. Extreme Stimmungsschwankungen, hatte sie gemutmaßt, und sie wusste nur allzu gut, was das bedeutete. Eine Launenhaftigkeit, die nahezu unmöglich zu beeinflussen war. Mit einigem Druck in der Magengegend musste sie an ihre eigene Mutter und nicht zuletzt an einige Erlebnisse aus ihrer Kindheit denken, die beängstigende Erinnerungen weckten, die sie lieber hätte schlummern lassen.
Doch ihre Mutter war zum Glück mit den Jahren sanfter geworden. Und außerdem konnte sie stets auf ihren weitaus stabileren Vater zurückgreifen.
Vielleicht verhielt es sich ja mit Doris ähnlich? Vielleicht war sie einmal eine äußerlich betrachtet wohl organisierte, jedoch seelisch gestörte Person gewesen, ein richtiges Reibeisen. Oder vermutlich noch schlimmer.
Aber wer hatte in dem Fall eine Abreibung von Doris erhalten? Vielleicht besaß jemand einen Grund, sich aufgrund früherer Ereignisse an ihr zu rächen?
Der Gedanke kam ihr unsinnig und noch dazu stark von ihren eigenen Erfahrungen beeinflusst vor, von denen sie sich nicht ganz frei machen konnte. Doch sie wusste darum, und das machte es für sie selbst leichter erträglich. Und vielleicht erwies sich ihre eigene Verletzlichkeit in diesem Fall nicht nur als Klotz am Bein, sondern bestenfalls sogar als Bereicherung. Vorausgesetzt, dass sie ihre Intuition in Fakten – sprich: Beweismaterial – umwandeln konnte.
Berg und Grahn räumten die Becher zusammen und trugen das Tablett und das Kuchenbrett heraus. Zwei Scheiben von dem Hefezopf mit Mandelfüllung waren übrig geblieben. Doch sie würden nicht mehr lange dort liegen.
Louise
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