Toedliche Blumen
verließ den Raum als Letzte, schaltete das Licht aus und stürzte dann förmlich zur Toilette. In sechsunddreißig Minuten würde sie selbst im Rampenlicht stehen. Die Berichterstattung in den Medien war in den vorangegangenen zwei Tagen etwas abgeflaut, aber in den Abendnachrichten des lokalen Fernsehens erwartete man von ihr einige zusammenfassende Worte samt einer deutlichen Bestätigung, dass man vonseiten der Polizei keine weiteren Morde befürchtete. Der Polizei lagen keine Anhaltspunkte darüber vor, dass ein Serienmörder, dessen Spezialität gerade Waschküchen waren, in der Gegend unterwegs war. Sie würde ruhig und geradewegs in die Kamera blicken, wie sie es gelernt hatte. Nicht die Sätze herunterrattern. Je mehr ihr Herz klopfte, desto wichtiger war es, die Nervosität mit einer äußeren Gelassenheit zu überspielen, mit Langsamkeit und wohl bedachten Pausen.
Dann ging sie in ihr Zimmer zurück, legte die Mappe mit den Unterlagen auf den Schreibtisch und zog sich eine weiße Bluse und einen dunklen Rock an. Zuletzt band sie ihren Uniformschlips um.
Nach einer Stunde war alles vorbei. Sie hatte es überlebt, und es war richtig gut gelaufen. Blieb nur noch zu hören, was ihre schärfsten Kritiker, nämlich die eigenen Töchter, sagten. Sie sammelte ihre Sachen zusammen, war zu geschafft, um sich umzuziehen, stieg wie sie war ins Auto und fuhr hinaus auf die Ordningsgatan.
Das Frühlingslicht schien ihr direkt in die Augen und regte sie an, ohne sie aufzuwühlen. Eher milderte es den Druck ab, von unlösbaren Konflikten und Schwierigkeiten verfolgt zu werden. Gefühle, die sie nicht einfach abschalten konnte, Unvollkommenheiten und Streitigkeiten. Die Tatsache, dass Janos ihr eine Geborgenheit vermittelt hatte, die es nicht mehr gab, und dass ein ehemals stabiles Geflecht nun nicht mal mehr aus losen Fäden bestand.
Und dennoch gab es viel, wofür sie dankbar sein konnte, fand Louise. Das Leben. Die Jahreszeiten. Zum Glück war es Frühling. Nichts konnte mit dieser langsam ergrünenden und erblühenden Jahreszeit mithalten.
Aber die Übelkeit. Auch das würde sich regeln. Sie musste letztlich nur einen Eingriff über sich ergehen lassen, den schon unzählige Frauen vor ihr durchgemacht hatten. Und die meisten schienen es überlebt zu haben.
Peter Berg war nicht der Typ, der die Dinge aufschob. Außerdem war sein Leben recht einsam geworden, seitdem er und Sara aufgehört hatten, sich zu treffen. Allein schon deshalb hatte er nichts dagegen, die Zeit mit Arbeit auszufüllen.
Er schnappte sich seine Jacke aus dunkelblauem Segeltuch und ging in Richtung Ausgang, um sich zu Viola Blom zu begeben. Eine verdrießliche alte Dame, wie er verstanden hatte. Das Gespräch würde wahrscheinlich eine Weile dauern. Vielleicht konnte er sich danach den Feierabend mit einer Trainingseinheit oder einer Laufrunde versüßen und hinterher möglicherweise ein Bier trinken gehen, vielleicht sogar zusammen mit Erika, vorausgesetzt, dass sie von sich hören ließ.
Zwischen ihnen hatte sich ein klares Muster herauskristallisiert. Wenn sie sich in ihrer Freizeit trafen, war es jedes Mal Erika, die die Initiative ergriff. Nur sehr selten meldete er sich bei ihr. Ansonsten war ihr Umgang inzwischen ziemlich unproblematisch. Alter Groll hatte sich aufgelöst, oder wie man nun das Ende ihrer früheren Faszination füreinander nennen sollte – sein Engagement war am Anfang bedeutend größer gewesen als ihres. Davon ging er jedenfalls aus. Sie war sehr hübsch.
Komischerweise veränderte sich der Kontakt zwischen ihnen weder zum Besseren, noch wurde der Umgang leichter, als Berg später anfing, sich mit Sara zu treffen. Eigentlich hätte das der Fall sein müssen, da er den Eindruck gehabt hatte, dass Erika seine Blicke und Träumereien als aufdringlich empfand. Doch als Sara ins Bild kam, schien es, als nähmen die Spannungen zwischen ihnen eher noch zu.
Zwischenmenschliche Verhaltensweisen waren manchmal erstaunlich schwer zu durchblicken. Wie auch immer, im Moment war jedenfalls keiner von beiden mit jemandem zusammen. Jedenfalls nicht, dass er wüsste.
Obwohl sie sich mittlerweile nur als gute Freunde betrachteten und sich letztlich doch ein spontanerer und natürlicherer Umgang eingestellt hatte, war es dennoch so, dass er dastand und wartete. Nicht sie. Er war ständig bereit für den Fall, dass sie ihn anrief.
Und trotzdem hegte er nicht länger Träume, die Erika betrafen, weder sexuelle noch andere. Aber er
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