Toedliche Blumen
dem Sofa, einem solide gepolsterten, aber nach all den Jahren verschlissenen Möbelstück in braun gemustertem Plüsch, lag ein dickes rosafarbenes Synthetikplaid, das dunkle Fasern und Haare statisch anzuziehen schien. In der einen Ecke war ein mit gestickten Rosen versehenes Zierkissen drapiert, das allerdings aussah, als würde es als Kopfkissen benutzt. Wenn sich der dicke, handgewebte Teppich in einem etwas repräsentativeren Zustand befunden hätte, wäre er in einer Boutique für Secondhandartikel der Renner gewesen. Alte Teakholzmöbel, unter anderem typische Stringregale mit nylonbespannten Metallbügeln aus den Fünfzigern an den Wänden, sowie mehr oder weniger dekorative Gegenstände aus schwerer, dunkler Keramik mit auffälliger, farbenfroher Lasur dominierten den Raum. Die stark geblümte Tapete erschlug den Besucher fast, doch Peter Berg war nicht wegen des Interieurs gekommen.
»Sie wohnen aber schön«, sagte er einleitend.
»Wie bitte?«
»Sie wohnen aber schön«, wiederholte er etwas lauter.
Sie nickte, während er sich an das eine Fenster stellte, das auf die Länsmansgatan wies, die sich in ihrer ganzen Breite, aber auch in der Länge bis zur Rådmansgatan hin unter ihm ausdehnte, wo sie endete. Sogar die Gehwege auf beiden Seiten konnte man einsehen, und vor allem die Einfahrt zum Hof, die der Täter vermutlich auf dem Weg zur Waschküche passiert hatte.
»Ja, es ist ganz schön hier«, antwortete Viola Blom hinter ihm.
Er wandte sich zu ihr um.
»Können Sie mir noch einmal erzählen, was Sie gesehen haben?«
»Die im Krankenhaus hat es gesagt«, begann Frau Blom, doch Peter Berg konnte ihr nicht ganz folgen.
»Wen meinen Sie genau?«
»Die Ärztin.«
»Aha. Können Sie wiedergeben, was genau sie gesagt hat?«
»Sie sagte, dass ich die Polizei anrufen und nicht ins Krankenhaus fahren soll.«
»Und wann waren Sie im Krankenhaus?«
Viola Blom blieb stehen – ihre trüben Augen wurden durch die Brillengläser noch vergrößert – und schaute nachdenklich abwechselnd ihn und die Decke an. Ihre Schultern wölbten sich dabei leicht nach vorn, und der Rücken bekam einen leichten Buckel. Sie hatte gelblich graues Haar, das auf Höhe der Ohren zu einer Art Pagenfrisur gestutzt war.
»Wollen wir uns nicht setzen?«, schlug sie vor.
Sie wählte einen dunkel gebeizten Eichenstuhl mit einem dicken Kissen, von dem Peter Berg annahm, dass sie es vom Pflegedienst erhalten hatte. Die anderen Stühle um den Tisch herum waren nur mit einer einfachen braunen Lederpolsterung versehen.
»Ich habe Angst bekommen«, fuhr sie mit leicht zitternder Stimme fort.
»Sie haben Angst bekommen?«
»Ja. Es fuhren plötzlich ein Krankenwagen und Polizeiautos vor, und dazu liefen jede Menge Leute herum. Und außerdem habe ich gesehen, wie sie jemanden heraustrugen.«
Peter Berg nahm an, dass es sich um die Ereignisse am Freitag vor einer knappen Woche handelte, fand es jedoch ziemlich sinnlos, die Frau nach dem Wochentag oder dem Datum zu fragen.
»Und was dachten Sie da?«
»Dass etwas Gefährliches passiert ist. Ein Mörder vielleicht. Es geschehen ja so viele Morde neuerdings. Jeden Tag, wenn ich den Fernseher einschalte, ist wieder etwas neues Schreckliches geschehen. Früher war das nicht so. Und wenn man alt und einsam ist, bekommt man Angst. Es kann ja jeden Augenblick jemand hereingestürzt kommen und einen einfach niederschlagen.«
Sie blickte sich rasch im Wohnzimmer um. In der Küche tropfte ein Wasserhahn, und eine Wanduhr tickte.
»Sahen Sie den Krankenwagen und die Polizeiautos?«
Sie nickte.
»Sie saßen also dort am Fenster?«, wollte er wissen und zeigte auf einen anderen, bequemeren Stuhl mit hoher Rückenlehne und Armstützen sowie einer gepolsterten Sitzfläche. Der Abnutzung des Sitzes nach zu urteilen, musste es sich um einen Lieblingsplatz handeln.
»Ja. Und da bekam ich Angst, und es begann in diesem Bereich ziemlich zu schmerzen«, führte sie aus und betastete mit der einen Hand vorsichtig ihren Brustkorb. »Und hier«, fügte sie hinzu und legte die stark geäderte Hand flach auf den Bauch. »Ich dachte, dass man ja nie wissen kann, ob es sich nicht um etwas Ernstes handelt.«
»Ja?«
Stille legte sich über die stickige Wohnung. Peter Berg warf erneut einen Blick durch das Fenster und sah, wie die Türen zum Laderaum eines weißen Kastenwagens geöffnet wurden und zwei Personen begannen, einen Sekretär herauszuheben.
»Und was haben Sie dann gemacht?«
»Den
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