Toedliche Blumen
ihrem abrupten Ende eine erfolgversprechendere Spur entgegenzusetzen. Vorausgesetzt, es handelte sich um eine falsche Fährte. Rita Olsson war erneut verhört worden, doch das Gespräch ergab keine neuen Aufschlüsse.
Wer hatte Viktoria vor ihrem Zuhause oder dort, wo Rita Olsson angegeben hatte, sie abgesetzt zu haben, aufgegriffen? Jemand, der das Mädchen kannte? Der sie dazu gebracht hatte, freiwillig einzusteigen? Oder war es vielleicht doch nicht ganz freiwillig gewesen? Viktoria war mit großer Sicherheit nicht in ihrer Wohnung gewesen, bevor sie verschwand. Ihre Schultasche befand sich nach Aussage der Mutter nicht in der Wohnung. Sie hatten sie auch nicht in den durchsuchten Gebieten gefunden, und die Nachbarn hatten das Mädchen ebenfalls nicht gesehen.
Log Rita Olsson?, fragten sie sich. Hatte sie das Mädchen doch nicht nach Hause gebracht? Wo könnte sie Viktoria sonst hingefahren haben?
»Verschwundene Erwachsene hinterlassen immer Spuren«, bemerkte Brandt. »Sie tanken ihr Auto auf, benutzen Geldautomaten, führen Gespräche von ihren Handys aus, kaufen Fahrscheine für den Bus, die Bahn oder das Flugzeug. Aber Kinder tun das alles nicht.«
Er verstummte.
Rita Olssons weißer Kastenwagen war von den Technikern gründlich durchsucht worden. Benny Grahn hatte sich die halbe Nacht damit um die Ohren geschlagen, sodass er vor Müdigkeit nahezu grün im Gesicht war. Das Mädchen hatte tatsächlich auf dem Beifahrersitz gesessen, Haare und Fasern sprachen dafür. Zumindest einen positiven Bescheid hatte die Untersuchung des Wagens ergeben. Keine Blutspuren. Nicht ein einziger Tropfen konnte gefunden werden.
Vielleicht stimmte also Rita Olssons Behauptung, dass sie das Mädchen nach Hause gefahren und am Solvägen abgesetzt hatte. Sie beharrte darauf, dass sie selber nicht aus dem Auto gestiegen, sondern hinter dem Steuer sitzen geblieben war. Auch hatte sie nicht gesehen, in welche Richtung das Mädchen ging, weil sie selbst gleich wieder losgefahren sei. Denn Rita Olsson hatte es eilig gehabt. Sie musste ein Regal termingerecht ausliefern, was durch eine Kontrolle bestätigt worden war.
»Aber sollten wir uns nicht noch einmal diesen Mann, der mit Viktorias Mutter liiert ist, vorknöpfen? Der, den du vorhin erwähnt hast. Gunnar, oder wie er heißt«, schlug Lundin zu Larsson gewandt vor. »Wir müssen doch sowieso alle, die mit dem Mädchen in irgendeiner Form zu tun haben, verhören, oder?«
»Ich denke, ja«, antwortete Conny Larsson. »Gunnar scheint ein wenig bedrückt zu sein, wirkt aber nicht gerade betroffen, wie ich finde.«
»Du meinst also, er tut nur so?«, wollte Peter Berg wissen.
»Möglicherweise«, entgegnete Larsson.
»Aber hat denn nicht schon jemand mit ihm gesprochen?«, wollte Janne Lundin wissen und strich sich mit der Hand übers Gesicht.
Er sah müde aus.
»Ich habe nur kurz ein paar Worte mit ihm gewechselt, als ich am ersten Abend bei der Mutter war«, antwortete Conny Larsson. »Aber wir müssen ihn unbedingt zum Verhör bestellen. Das versuche ich ja schon die ganze Zeit zu sagen.«
»Sie wohnen nicht zusammen, oder? Also die Mutter und er?«, lautete Lundins anschließende Frage.
»Nein«, entgegnete Larsson.
In der Gruppe um den Tisch herum wurde es still. Louise fasste kurz die Verbindung zum Västlund-Fall zusammen. Das Mädchen hatte im Treppenhaus, in dem sich auch Doris Västlunds Wohnung befand, Maiblumen verkauft, was jedoch Zufall sein konnte.
»Aber eben auch ein möglicher Zusammenhang«, schloss sie.
»Was kann Viktoria also gesehen haben? Ist es das, was du meinst?«, wollte Brandt wissen.
»Ja, genau. Vielleicht hat sie sogar beobachtet, wie der Täter die Treppe zur Waschküche hinunterging, aber seine Absicht nicht geahnt. Und dieser oder meinetwegen auch die Täterin ist daraufhin unruhig geworden, vielleicht sogar paranoid. Hatte sich eher vorgestellt, ein leichtes Spiel zu haben. Andererseits muss man sagen, dass das Mädchen ja immerhin noch ein Kind ist. Und einige halten Kinder für blind und taub, nur weil sie klein sind.«
Louise spürte, wie ihre Handflächen klebten. Sie ließ ihren Blick über die abgearbeiteten Gesichter ihrer Arbeitskollegen schweifen, die ihrerseits hohläugig zurückstarrten. Die Luft im Raum war jetzt merklich abgestanden. Dazu kam noch, dass sie aufgrund der Enge geradezu aufeinander hockten. Ihre Gedanken verloren sich in Relation mit dem sinkenden Sauerstoffgehalt.
»Also kommt schon!«, appellierte sie
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