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Toedliche Blumen

Toedliche Blumen

Titel: Toedliche Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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Zeigefinger bewegte sich auf den Tasten des Rechners hin und her.
    »Rund eintausendsiebenhundert Kronen hätte er ihr in diesem Fall pro Woche gegeben«, rechnete er aus. »Vielleicht bekam sie jedes Mal, wenn sie sich sahen, fünfhundert. Scheint nicht besonders viel für einen von seinem Kaliber, aber Kleinvieh macht schließlich auch Mist.«
    »Wäre denkbar.«
    »Außerdem könnte es sich ja auch um einen noch größeren Zeitraum gehandelt haben. Wenn wir annehmen, dass sie jedes Mal Bargeld erhalten und der Alte die Mäuse nicht von seinem Konto überwiesen hat, können wir davon ausgehen, dass keiner etwas von ihrem Deal erfahren hat.«
    Er stand auf.
    »Es tut mir leid. Aber ich muss gehen.«
    Sie folgte ihm in den Flur, wo er seine Jacke überwarf, und verließ gemeinsam mit ihm das Haus. Er schloss die Tür ab. Mit einem Mal fühlte sie sich entsetzlich nackt und geradezu hinausgeworfen. Sie hätte gern noch länger mit ihm zusammengesessen und diverse Möglichkeiten erwogen und sich dabei an seinen Hinweisen festgehalten, an den Fragen, die er stellte, an seinem gesunden Menschenverstand, der letztlich auch seine Persönlichkeit ausmachte.
    »Wenn das Geld einem Geldautomaten entnommen worden ist, muss es sich übrigens um glatte Beträge handeln«, meinte er auf dem Weg zu seinem Auto.
    »Ja, genau«, entgegnete Louise, die unabhängig davon in Erfahrung gebracht hatte, dass es sich auf keinen Fall um Beträge handeln konnte, die per Überweisung auf das Konto eingegangen waren.
    »Habt ihr Roos verhört? Die Familie? Die Beziehungen untereinander? Die finanziellen Verhältnisse?«
    »Nein, aber wir hatten bisher auch keinen Grund, ihn zu verdächtigen …«
    »Ich muss los, die Familie abholen«, brach Claesson das Gespräch ab und schloss das Garagentor auf.
    Sie ging zu ihrem Auto, das an der Straße geparkt war, und stieg ein. Im Rückspiegel sah sie ihn seinen V 70 rückwärts aus der Garage manövrieren und in die schmale Straße des Wohnviertels biegen, wo er zügig verschwand. Die Familie abholen. Der Stachel des Neides bohrte sich tief in ihre Seele.
    Noch immer war es Sonntag. Doch bald würde es dunkel werden. Der Tag war ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen. Sie ließ schließlich den Motor an, schaltete das Autoradio ein und drehte es voll auf. Ließ ihren Kopf mit Hardrock bombardieren. Versuchte ihren Schädel freizupusten. Ihn wieder klar zu bekommen, während sie langsam nach Hause fuhr.

ELFTES KAPITEL
Montag, 15. April
    L ina saß auf ihrem Platz. Es war die erste Schulstunde, und sie hatten Schreiben.
    Sie hätte eigentlich nicht zur Schule gehen brauchen. Mama und Papa hatten ihr angeboten, zu Hause zu bleiben. Die Lehrerin hatte es ebenfalls gesagt, als sie Lina gestern besuchte. Sie sei ganz außer sich, wie sie hinzufügte, als sie gemeinsam mit Mama und Papa mit einem Becher Kaffee vor sich am Küchentisch saß. Dabei sah sie sehr traurig aus. Viel mehr wurde nicht geredet. Jedenfalls nichts, was darüber hinausging, dass alles ganz schrecklich sei. So unbegreiflich! Viktoria war verschwunden! Gerade sie, die sich immer so im Hintergrund gehalten hatte! Die immer nett und so ordentlich war. Kein einziges Mal auch nur die Schule geschwänzt hatte. Mitarbeitete, so gut sie konnte, wie die Lehrerin kopfschüttelnd bemerkte. Linas Mama und Papa schüttelten ebenfalls den Kopf. Alle drei Erwachsenen saßen da und waren entsetzt: Lina hingegen stand mucksmäuschenstill im Flur und lauschte durch die angelehnte Küchentür.
    Der Platz neben ihr war leer. Lina hielt den Kopf gesenkt, schaute weder zur Tafel noch die Lehrerin oder ihre Klassenkameraden an und erst recht nicht zur Seite. Der Stuhl schrie förmlich vor Sehnsucht. Nur Luft. Die Leere breitete sich wie ein unsichtbarer Fächer in ihr aus. In ihrem gesamten Körper. Keine, die auf ihrem Stuhl saß und mit offenem Mund atmete, wie Viktoria es zu tun pflegte. Keine, die sich unruhig hin und her bewegte oder eine Haarsträhne zwischen den Fingern zwirbelte. Und auch keine, die mit den Wörtern auf dem Papier oder mit den Rechenaufgaben kämpfte. Stattdessen war es kalt und einsam.
    Lina versuchte die Tränen zu unterdrücken. Überlegte, welchen Kindern aus ihrer Klasse sie gewünscht hätte, verschwunden zu sein. Ihr fielen gleich mehrere ein. Miesepeter und kleine Kriecher. Solche, mit denen sie und Viktoria in den Pausen nie spielten. jene, die nicht mit ihnen zusammen sein wollten. Tessan, Mia und Elin. Zum Beispiel.
    Doch nun

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