Toedliche Blumen
Ich würde sie ja aus dem Schlaf reißen.«
»Wenn man beunruhigt ist, kann man durchaus anrufen«, erklärte Ludvigson, kam jedoch gleichzeitig auf den Gedanken, dass der alte Mann wahrscheinlich um seine Telefonrechnung besorgt war.
»Man traut sich ja kaum, rüberzugehen und nachzusehen«, meinte der Mann. »Denn man kann nie wissen, auf was für Typen man dort stößt. Könnten ja durchaus Ausländer sein, die einen Einbruch begehen. Und wer weiß, später kommen sie auch noch zu mir. Diese Kerle schrecken ja auch nicht unbedingt davor zurück, Leute umzulegen.«
Ludvigson kommentierte die Bemerkung nicht, verstand aber recht gut, was dem Mann im Kopf herumspukte. Die Sicherheit auf dem Lande war einfach nicht mehr das, was sie mal war. Vor einem guten Monat war ein Landwirt auf seinem eigenen Hof von irgendwelchen Dieben auf ihrer Tournee durch Schweden erschlagen worden.
Ludvigson ließ sich seine Telefonnummer und Adresse geben und erhielt eine Wegbeschreibung. Ihm war die Gegend bekannt. Man musste auf der E 23 neun Kilometer geradewegs nach Westen bis zur Abzweigung nach Århult fahren, dann nach Kristdala hoch, an Björnhult und dem See Stor-Brå vorbei, bevor man sich auf der Höhe von Kråkenäs rechts halten musste, bis man ungefähr nach einem weiteren Kilometer dort war, wie er erfuhr. Er erhielt ebenso die Telefonnummer der Besitzer des Nachbarhauses in Malmö. Ludvigson versprach, dort anzurufen, konnte jedoch für nichts garantieren. Vielleicht würden sie eine Streife zu ihm hinausschicken, er müsse jedoch erst mit seinen Kollegen Rücksprache halten, wie er sagte. Hingegen sicherte er ihm zu, dass er sich wieder bei ihm melden würde. Damit gab sich der Mann schließlich zufrieden, nachdem er etwas in der Richtung gebrummelt hatte, dass die Polizei heutzutage nie zur Stelle war, wenn man sie brauchte. Jedenfalls nicht wie früher. Er hatte immerhin sein Leben lang Steuern bezahlt, doch Ludvigson wollte sich diese Debatte nicht unbedingt zu Gemüte führen und beeilte sich, das Gespräch zu beenden.
Die Frage war, ob sie genügend Zeit investieren und Einsatzkräfte für diese Aktion abziehen wollten. Unabhängig davon wählte er erst einmal die Nummer in Malmö. Umgehend meldete sich eine verschlafen klingende Frau. Sie war gerade zu Bett gegangen, informierte sie ihn. Nein, sie waren seit längerer Zeit nicht mehr in ihrem Ferienhaus gewesen. Genauer gesagt, seit Weihnachten. Sie klang irritiert. Ludvigson beruhigte sie, so gut es ging, versprach, wieder von sich hören zu lassen, und legte auf.
Danach nahm er Kontakt zu Brandt auf, der noch nicht zu Bett gegangen war, und sie beschlossen, eine Streife loszuschicken. Nicht weil sie glaubten, dass diese Sache mit dem verschwundenen Mädchen zu tun hatte, aber zwei Kollegen würden zumindest hinfahren und sich einen Überblick verschaffen müssen. Wahrscheinlich ein gewöhnlicher Einbruch, meinte Brandt.
Conny Larsson saß mit Lena Jönsson als Beifahrerin im Auto. Sie hatten nicht besonders viel zu tun und fuhren langsam durch die Straßen. Gerade hatten sie einen Hausfriedensbruch im Stadtteil Södertorn geschlichtet. Ihre kurzen Unterhaltungen wurden von langen Phasen des Schweigens abgelöst.
Sie waren wieder einmal gemeinsam unterwegs. Das letzte Mal war vor drei Nächten gewesen, als sie die Mitteilung über das Verschwinden von Viktoria erhalten hatten, woraufhin hektische Arbeitseinsätze folgten. Die vergangene Nacht hatten sie jedoch frei gehabt, sodass beide ein wenig Schlaf nachholen konnten.
Jönsson war ein aufgewecktes Mädchen. Zumindest in Larssons Augen. Allerdings fühlte er selbst sich wie hundert, wenn er sich mit seiner jungen Kollegin verglich. Und dennoch fühlte er sich wohl in ihrer Nähe. Kein dummes Geschwafel. Und außerdem war sie eine gute Schützin, was man im Übrigen von vielen weiblichen Polizisten behaupten konnte. Sie hatte sich in den verschiedensten Wettbewerben qualifiziert. Allerdings hatte nicht sie selbst damit angegeben, sie war einfach nicht der Typ dafür. Irgendeiner der Kollegen im Präsidium, der selbst an einem Wettbewerb teilgenommen und sie auf dem Siegerpodest gesehen hatte, hatte es ausgeplaudert.
Sie befanden sich auf dem Weg nach Westen, passierten gerade das Krankenhaus und Döderhult. Dann fuhren sie durch ein dunkles Waldstück. Um diese Zeit begegneten ihnen, wie vorauszusehen war, nicht besonders viele Autos. Die Gotland-Fähre hatte ihre Abendfahrten inzwischen auf einen
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