Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Blumen

Toedliche Blumen

Titel: Toedliche Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
Vom Netzwerk:
Standard der Krankenpflege in den restlichen Teilen der Welt auf Entwicklungsländerniveau. Sie repräsentierte vermutlich die schwedische Selbstgefälligkeit und Selbstgenügsamkeit, dachte sie, konnte jedoch auf keinen anderen Referenzrahmen zurückgreifen.
    »Wo hast du übrigens vorher gearbeitet?«, fragte sie neugierig.
    Ihr wurde bewusst, dass sie sich nie danach erkundigt hatte, und ebenso wenig hatte jemand etwas erwähnt. Doch das Interesse wäre auch nicht größer gewesen, wenn er nun aus Umeå, Gävle oder Borås gekommen wäre. Nur sehr wenige Kliniken interessierten sich wirklich dafür, was an anderen Orten passierte. Meistenteils stufte man die Methoden der anderen sowieso als fremd und deswegen bedrohlich ein oder erachtete sie ganz einfach als uninteressant. Es lag eben in der Natur des Menschen.
    »Iran und USA«, antwortete er.
    Iran, das durfte sie nicht vergessen. Nicht Irak. Hingegen stutzte sie, als sie hörte, dass er in den USA gearbeitet hatte. Sie besaß nur diffuse Vorstellungen vom Gesundheitssystem der USA. Dort hielt man einen hohen Standard, und ebenso war man auch in der weltweiten Forschung führend, doch die Pflege für die ärmeren Mitglieder der Bevölkerung dürfte sich in Grenzen halten.
    »Dein Nachname, Parvane, spreche ich ihn richtig aus?«
    Er nickte.
    »Das bedeutet Schmetterling.«
    »Oh, wie hübsch!«
    »Frauen können Parvane mit Vornamen heißen«, erklärte er und sah aus, als würde er ein wenig auftauen.
    Ihr Gespräch wurde von einer Schwester unterbrochen.
    »Der Sohn ist gekommen«, teilte sie durch den Türrahmen mit.
    »Weiß er, dass seine Mutter nicht mehr hier ist?«
    Die Schwester hob fragend die Schultern. Gleichzeitig piepste der Sucher der Notaufnahme in Rhezas Brusttasche. Er war fast den gesamten Nachmittag zwischen der Notaufnahme im Erdgeschoss und der Röntgenabteilung sowie der Intensivstation weiter oben im Haus hin- und hergelaufen, je nachdem wo sie sich mit dem Schädeltrauma befanden. Es war ihm sehr daran gelegen, möglichst bei sämtlichen Behandlungsschritten anwesend zu sein.
    »Willst du das Gespräch mit dem Sohn übernehmen?«, fragte Veronika hauptsächlich deswegen, um ihn nicht zu überfahren. »Du kannst ja erst mal gucken, was sie in der Notaufnahme wollen.«
    Während er nach dem Telefonhörer griff, um die Suchmeldung zu beantworten, dachte sie zum hundertsten Mal an diesem Abend an Klara. Doch schließlich vertraute sie darauf, dass Claes die Situation im Griff hatte.
    »Es ist gerade ein Patient hereingekommen«, erklärte Rheza, nachdem er den Hörer aufgelegt hatte. »Nierenschmerzen.«
    Er wies mit dem Daumen in Richtung Rücken.
    »Nierensteinschmerzen«, präzisierte sie, um ihm ein neues Wort zu übermitteln, und er wiederholte es, indem er lautlos seine Lippen bewegte. »Dann ist es wohl am besten, wenn du dich auf den Weg machst. Die Patienten leiden oftmals unter so starken Schmerzen, dass sie nicht unbedingt warten sollten. Ansonsten hätten wir das Gespräch gemeinsam führen können«, sagte sie und lächelte.
    Rheza trottete von dannen.
    Eigentlich war sie erleichtert. Sie fühlte sich freier, wenn sie die Angehörigen der Patienten alleine traf. Denn dann hatte sie keine Zuschauer, deren Anwesenheit im Zimmer sie möglicherweise ablenkte.
    Sie griff zum Telefon und rief zu Hause an. Die Signale klingelten beharrlich. Es meldete sich keiner.
    Ihre Unruhe wuchs.
     
    In der Wohnung über der Waschküche war nach wie vor alles still, stellte Louise fest, nachdem sie mehrfach an der Tür geklingelt hatte. Auf einem Messingschild stand der Name B.
    Hammar. Wie sie von mehreren Wohnungsinhabern erfahren hatte, musste diese Frau Hammar eine richtige Schreckschraube sein. Doch die Ansichten gingen zum Teil auseinander. Das ältere Paar aus der Wohnung darüber fand, dass sie gar nicht so schlimm war. Louises Neugier war jedenfalls geweckt.
    Plötzlich trat ein Mann ins Treppenhaus. Er stellte sich etwas wichtigtuerisch als Vorsitzender der Mietervereinigung, Sigurd Gustavsson, genannt Sigge, vor. Ein rundlicher Ingenieurstyp um die fünfzig, mit dem man keinesfalls einen so heiteren und gleichzeitig altmodischen Spitznamen wie Sigge verband. Er gab sich künstlich bemüht.
    »Können wir uns nicht lieber unter vier Augen unterhalten?«, wollte er wissen, während er Louise aufdringlich anblickte. »Wir können zu mir nach Hause gehen. Ich wohne im Nebeneingang«, erklärte er, woraufhin sie quer über den Hof

Weitere Kostenlose Bücher