Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Blumen

Toedliche Blumen

Titel: Toedliche Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
Vom Netzwerk:
Schimmer davon, wie alt das Haus tatsächlich war.
    »Seit wann wohnen Sie selbst hier?«
    Andrea Wirsén nickte in Richtung der Kleinen auf ihrem Schoß: »Seitdem sie auf der Welt ist. Drei Jahre sind es schon. Rund drei Jahre.«
     
    »Ist ja gut«, versuchte Kriminalkommissar Claes Claesson in seiner Eigenschaft als ernstlich beunruhigter Vater seine schniefende Tochter liebevoll zu beruhigen.
    Er hatte sie schon etliche Runden durchs Wohnzimmer getragen, während ihr Körper schwer über seiner Schulter hing. Der Fernseher war eingeschaltet. Der Reporter von der Sendung Rapport schaute durch die Mattscheibe, sein Mund bewegte sich, aber Claes konnte nicht hören, was er sagte, da er den Ton leise gestellt hatte. Selbst die Bilder aus fernen Krisengebieten zogen lautlos an ihm vorbei. Er hätte genauso gut ausschalten können.
    Eine ihm unbekannte Person aus dem Krankenhaus hatte vor einer Weile angerufen und ihm mitgeteilt, dass Veronika später kommen würde. Das hatte er sich zu dem Zeitpunkt bereits selbst ausgerechnet, da sie nicht aufgetaucht war, nachdem er während ihres Einkaufs bei Kvantum mit ihr telefoniert hatte. Irgendetwas musste also dazwischengekommen sein, denn sie war unerreichbar. Ein Verkehrsunfall, eine überfüllte Notaufnahme, eine langwierige Operation. Was auch immer. Es war ihm völlig egal. Im Moment hatte er einzig Augen für das kranke Bündel auf seinem Arm und wollte, dass Veronika so schnell wie möglich nach Hause kam, um Klaras Zustand zu beurteilen und sowohl die Tochter als auch ihn zu beruhigen.
    Doch wie es eben so ist mit Pfarrers Kindern und Müllers Vieh.
    Klara hatte kurz geschlafen, unruhig und unregelmäßig atmend. Sie war völlig desorientiert aufgewacht, hatte schlaftrunken die Augen geöffnet und verzweifelt versucht zu schreien, bekam jedoch keine Luft. Stattdessen brachte sie nur ein Wimmern zustande. Die Atemgeräusche wurden heftiger und steigerten sich zu einem Pfeifen aus der Luftröhre, was er als Zeichen dafür wertete, dass sie unter Atemnot litt. Oder, genauer gesagt, Schwierigkeiten hatte auszuatmen. Sie brachte gerade mal ein mühsames Röcheln zustande, und er hatte den Eindruck, dass ihr Gesicht eine leicht blaue Färbung annahm. Vielleicht bildete er sich alles auch nur ein, denn er war es nicht gewohnt, sich um Kranke zu kümmern, schon gar nicht um ein krankes Kleinkind.
    In diesem Fall handelte es sich außerdem um sein eigenes Kind. Sein erstes und einziges. Sein eigen Fleisch und Blut. Und er litt mit seiner Tochter.
    Seine Unterarme umschlossen sicher den Windelpopo, er wiegte sie vorsichtig, um sie zu beruhigen, doch obgleich sie es zu mögen schien, eingelullt zu werden, spürte er, dass es nicht genügte, dass sie weder ruhiger wurde noch leichter atmete. Seine Irritation darüber, dass Veronika nicht zurückkam, nahm zu. Nicht mal auf das Auto konnte er zurückgreifen. Es stand mit ziemlicher Sicherheit auf dem Dienstparkplatz des Krankenhauses. Er würde also ein Taxi bestellen müssen. Seine hauptsächliche Befürchtung aber war, dass er stundenlang in der Notaufnahme zusammen mit anderen kranken Kindern warten müsste.
    Sei’s drum, beschloss er nach unzähligen weiteren Runden durch das Wohnzimmer mit Klara im Arm. Er traute sich einfach nicht, noch länger zu warten. Konnte es nicht mehr verantworten.
    Vor einer guten Stunde hatte er eine Krankenschwester in der Kinderklinik angerufen, die ihm geraten hatte, mit Klara zu kommen, falls ihr Zustand nicht besser wurde oder sich sogar verschlechterte. Und genau das war die Frage: ob es nicht sogar schlimmer geworden war oder zumindest schlimm genug, um kurzfristig einen Arzttermin zu erhalten. Nur: Wie sollte er das als beunruhigter Vater beurteilen können?
    Auch egal!, dachte er ungeduldig. Nachdem er sich entschieden hatte, in die Klinik zu fahren, spürte er eine deutliche Erleichterung. Tatkräftig wechselte er Klaras Windel, packte eine Ersatzwindel in den Rucksack und zog seiner Tochter einen frischen Schlafanzug an. Die Farbe um ihre Augen und Wangen herum hatte womöglich einen noch blaustichigeren, durchsichtigen Zug angenommen, befand er, als sie vor ihm auf dem Wickeltisch lag, was ihn in seinem Entschluss noch bestärkte. Sie schaffte es nicht einmal zu protestieren.
    Er bestellte ein Taxi, setzte Klara die Wintermütze mit dem Lammfellbesatz auf und wickelte sie in eine Decke.
    Als er schließlich in dem etwas ausgekühlten Taxi saß, fragte er sich, warum er nicht früher

Weitere Kostenlose Bücher