Toedliche Blumen
– oder was sie sonst in die Hände bekommen – zu greifen und damit andere, die zu so etwas niemals fähig wären, zu erschlagen.
»Um auf die Waschküche zurückzukommen«, begann sie erneut mit einer stoischen Ruhe, denn sie konnte die Tragweite des Streites um die Waschküche, auf den so viele hingewiesen hatten und der offensichtlich dazu geführt hatte, dass Frau Hammar mehr oder weniger ausgeschlossen wurde, genauso gut gleich untersuchen. »Was wurde denn daraufhin unternommen?«
»Unternommen?«
»Ja. Um die Isolierung zu verbessern – oder welche Maßnahmen man nun ergreifen könnte.«
»Nichts.«
Nichts, notierte Louise. Sigurd »Sigge« Gustavsson gab sich ziemlich einsilbig, stellte sie fest und richtete den Blick auf sein aalglattes Gesicht. Schwarzer Bart, gestärkter und aufgeknöpfter Hemdkragen. Wenn er keinen Bart getragen hätte, hätte sie wetten können, dass ihm die Schweißperlen auf der Oberlippe stünden.
»Schließlich ist sie ja die Verrückte«, stellte er dann klar.
»Reif für die geschlossene Anstalt, meinen Sie?«
»Nein, um Himmels willen! Sie ist die Redlichkeit in Person. Arbeitet als eine Art Pflegerin irgendwo. In einem Heim für Entwicklungsgestörte, glaube ich. Das ist ja das Merkwürdige. Dass sie es schafft, angesichts ihrer geringen Toleranzbereitschaft mit Menschen zu arbeiten, meine ich. Aber die – mit denen sie arbeitet – stellen wohl nicht so hohe Ansprüche.«
Louise starrte ihn schweigend an. Gleich sagt er was richtig Dummes, dachte sie.
»Aber wir haben immerhin die Zeiten geändert«, bemerkte er dann zufrieden. »Die neue Regelung ist zwar nicht so angenehm für Eltern mit kleinen Kindern, denn ihnen muss ja so häufig wie möglich Zugang zu den Maschinen gewährt werden, aber wir haben einen Beschluss gefasst, dass die Waschküche um neun Uhr geschlossen wird.«
»Ah ja. Nach neun kommt also keiner mehr rein?«
»Doch. Alle haben einen Schlüssel, aber es ist nicht erlaubt, länger als bis neun zu waschen. Alle Maschinen müssen ausgeschaltet sein. Einschließlich des Trockners.«
Louise notierte eine Neun und klappte ihren Block zu.
»Eine reine Routinefrage noch. Was haben Sie heute Nachmittag gemacht?«
»Alibi, nicht wahr? Genau wie in den Fernsehkrimis«, grinste Sigurd Gustavsson selbstsicher und schob stolz seinen Brustkorb vor. »Ich war bei der Arbeit.«
»Und wo?«
»Technische Verwaltung. Abteilung für Wasser und Abwasser.«
Erraten, dachte sie. Ingenieurtyp.
»In der Byggmästaregatan?«
»Ja. Ich bin für Abonnentenfragen zuständig. Ich gebe Ihnen meine Karte«, sagte er und stand auf.
Sie schlug den Block erneut auf und schrieb sich zur Sicherheit seine Büroadresse auf.
»Ansonsten haben wir nur angenehme Mieter hier«, unterstrich er noch einmal. »Denn man will ja nicht, dass die Adresse einen schlechten Ruf bekommt.«
»Nein, natürlich nicht.«
»Außerdem wollen wir die Preise nicht vermiesen. Eine gute Investition.«
Louise nickte.
»Steht denn gerade eine der Wohnungen zum Verkauf?«
»Soweit ich weiß, ja. Aber man sollte vielleicht lieber noch ein wenig warten«, meinte Sigge und erzeugte mit den Lippen einen Schmatzlaut, während er die Augenbrauen hochzog und sich leicht zurücklehnte.
Louise wurde den Eindruck nicht los, dass er jeden Moment vor Selbstzufriedenheit platzen könnte. Es ist übrigens keineswegs sicher, dass die Preise wegen des Vorfalls hier sinken, dachte sie. Manche zieht es förmlich in die Nähe des Makaberen. Vielleicht passiert also genau das Gegenteil, nämlich dass die Preise in die Höhe schnellen. Man kann nie wissen. Auf jeden Fall hatte sie selbst aufgehört, sich zu wundern.
Eine Wohnung hier wäre vielleicht etwas für sie und die Mädchen, für den Fall, dass sie das Reihenhaus nicht halten konnte, auch wenn ihr Vater ihr netterweise versprochen hatte, sie zu unterstützen. Eine schöne Gegend, relativ zentral und dennoch ruhig und nicht allzu weit von der Schule der Mädchen entfernt. Sie würden den Kontakt zu ihren Freunden ohne größere Probleme halten können. Und wenn erst einmal die Waschküche gereinigt war, würde sie mit ihrer Ausstattung als ziemlich modern gelten.
Als ihr jedoch der Streit um die Waschküche wieder einfiel, fanden ihre Träume ein abruptes Ende. Die Unstimmigkeiten würden vermutlich auch nach dem heutigen tragischen Vorfall nicht abreißen, eher würden sie sich weiter zuspitzen, hochgepuscht werden. Der Mensch ändert sich nicht so
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