Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Titel: Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
Vom Netzwerk:
dass an einem langgestreckten, niedrigen Bau in der Mitte der Burg eine Prozession vorüberzog. Hunderte, wenn nicht Tausende drängten sich in dieser Masse, Männer, Frauen und Kinder, und jeder Einzelne war anscheinend bestrebt, so viel Getöse wie irgend möglich zu machen. Da war keiner, der nicht das Maul aufsperrte und schrie, als würde er auf einem Grill geröstet. Besonders die Weiber kreischten, als seien Affenherden hinter ihnen her. Dazu hatte jeder irgendetwas in Händen, womit er Geräusche erzeugte. Die Männer schlugen wie im Krieg Schwerter und Lanzen auf ihre Schilde, die Frauen trommelten mit eisernen Löffeln auf Teller und Schüsseln. Kinder schleppten Körbe mit Tongeschirr, das sie zu Boden schleuderten, damit es klirrend zerbrach. Alte Männer ließen Spaten und Stangen gegeneinanderkrachen. Wer in den Händen Fackeln schwenkte, hatte wenigstens Schellen an den Füßen. Die Gesichter waren verzerrt und verzückt, manche von greulichen Masken bedeckt. Über der Menschenmasse schwebten Kultfiguren, die sie mitführten, roh geschnitzte Göttergestalten, manche mit zwei und mehreren Köpfen. Flammen hochlodernder Feuer im Burghof beleuchteten alles. Die lärmende Prozession bewegte sich langsam, fast auf der Stelle. Sie schien kein Ziel zu haben, sondern sich unentwegt nur im Kreise um das längliche, niedrige Haus zu bewegen.
    Odo saß ab, und wir anderen folgten seinem Beispiel. Unsere Männer kümmerten sich um die Tiere, die sehr unruhig waren, und führten sie etwas beiseite. Vorsichtig – um nicht gleich aufzufallen – bewegten wir anderen uns auf das offene Tor zu, das unbewacht war. Wir sprachen kein Wort. Es wäre auch gar nicht möglich gewesen, sich bei dem Getöse zu verständigen. Niemand achtete auf uns. Wer aber zufällig zu uns herübersah, schien durch uns hindurchzusehen, so vollständig war er von seinem Tun beherrscht.
    Halb betroffen, halb belustigt suchte Odo meinen Blick, und ich antwortete mit einer Geste der Ratlosigkeit.
    Plötzlich tauchten Sparuna und Niklot neben mir auf, die gerade eingetroffen waren. Der Sichelbart rief mir etwas zu, das ich jedoch bei dem Lärm nicht verstand, und beide liefen in den Burghof hinein. Im nächsten Augenblick sah ich sie mitten in der tobenden Menge, und auch sie aus Leibeskräften brüllend und ihre Schwerter gegeneinanderschlagend.
    Da kam mir auf einmal die Erleuchtung: Die Geister! Sie vertrieben die bösen Geister. Mit dem Lärm wollten sie verhindern, dass die Geister in das Haus eindrangen und … Gott im Himmel! Wir waren zu spät gekommen! Da drinnen, in diesem Hause, befand sich der Knes der Obodriten mit seiner fränkischen Braut und „vollzog“ die Ehe. Und draußen hielt das ganze Volk Wache und sorgte dafür, dass die Geister nicht störten und dem hohen Paar Unheil brachten.
    Ich packte Odo am Arm und bedeutete ihm, er möge mir ein paar Schritte folgen. Gerade war Rouhfaz mit unserem Wagen eingetroffen, wir traten hinzu und stellten uns so, dass das Planverdeck ein wenig den Lärm dämpfte. Ich sagte Odo, wie ich mir das seltsame Schauspiel erklärte.
    Er starrte mich fassungslos an. „Verflucht, das ist doch nicht möglich! Du meinst, dass die sich da drinnen vergnügen, während …“
    „Vermutlich ein uralter Brauch. Sie sind Heiden, glauben an Geister. Die sind unsichtbar anwesend, aber …“
    „Aber Lärm vertragen sie nicht.“
    „So scheint es. Sie sollen erschreckt werden, damit sie sich davonmachen. Dazu werden wohl auch die Götzenbilder herumgetragen.“
    „Was sagt man dazu! Das muss ja wahrhaftig der höchste Genuss sein … eine Brautnacht bei solchem Höllenspektakel! Wenn ich mit meiner Braut zugange wäre, würde ich lieber die Geister hereinlassen, aber das ganze krakeelende Volk zum Teufel jagen.“
    „Vielleicht denkt Knes Ratibor genauso. Doch er muss sich an das Herkommen halten. Die Brautnacht des Stammesfürsten ist sicher bei ihnen so eine Art Fruchtbarkeitsritual. Wenn … nun wenn …“
    „Du meinst, wenn da etwas schiefgeht, trifft es gleich alle. Die Felder verdorren, die Kälber sterben, den Weibern geht die Milch aus …“
    „Das sagt ihnen wohl ihr Aberglaube.“
    „Bei mir würde alles schiefgehen, wenn ich jetzt an der Stelle des Knes wäre.“
    „Und die arme Braut … eine Christin. Wie wird sie sich fürchten!“
    „Die Braut!“
    Odo riss die Augen weit auf. Er ballte die Fäuste und schüttelte sie. Dann ließ er die Arme kraftlos sinken.
    „So ist es

Weitere Kostenlose Bücher