Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman
über die Mitte des Flusses hinaus, als unser Kahn so vollgelaufen war, dass er jeden Augenblick sinken musste. Odo und Fulk ruderten nur noch allein, wir Übrigen schöpften – nur mit den Händen – atemlos Wasser. Ich bin ein schlechter Schwimmer, und um die meisten anderen war es nicht besser bestellt. Schon schwappten die Wellen ins Boot, es musste jeden Augenblick sinken.
Da wurden unerwartet sechs von uns auf Kosten des Siebten gerettet.
Aus dem Uferschilf schwirrte ein Pfeil heran. Er traf Zelibor, der am Bootsheck Wasser schöpfte, mit solcher Wucht, dass er ihn über die Bordwand warf. Der alte Wende versank und hinterließ eine Blutspur im Wasser. Das um einen Mann erleichterte Boot trug uns weiter. Es ging erst unter, als wir hinausspringen konnten und Boden unter den Füßen spürten.
Wir stiegen ans Ufer, und diesmal – das hatten wir ja schon festgestellt – wurde unser Kommen bemerkt. Eine ganze Horde wendischer Krieger umringte uns, als wir triefend die Böschung hinaufstiegen. Sie richteten ihre Lanzen auf uns, und was sie uns zuschrien, waren keine Freundlichkeiten. Anscheinend hielten sie uns für einen der Menschenfängertrupps von der anderen Seite, und sie hatten Zelibor als den vermeintlichen Anführer gleich erkannt und getötet. Freilich mochten sie sich gewundert haben, dass der schlaue Wilze, dessen sie niemals habhaft werden konnten, so leichtfertig bei Sonnenschein auf ihr Ufer zusteuerte. Überrascht waren sie, als sie uns nach Waffen untersuchten und keine einzige fanden. Zum Glück hatte ich ein bisschen Wendisch gelernt. Unter Zuhilfenahme von Händen und Füßen erklärte ich, dass wir Freunde seien, und ich nannte zwei Namen, mit denen ich gleich die schönste Wirkung erzielte: Slawomir und Sparuna. Kaum waren sie ausgesprochen, hellten die Mienen der wendischen Krieger sich auf, und einer, der Anführer, erklärte uns wortreich und umständlich, die beiden Genannten seien ganz in der Nähe. Dann forderte er uns auf, ihm zu folgen.
Tatsächlich, unser Marsch war nur kurz. Nach etwa 500 Schritten erreichten wir ein kleines Dorf. Die Wenden führten uns auf den freien Platz in der Mitte. Aus einer der Hütten traten Slawomir, Sparuna und ein paar andere, auch Frauen. Die Dunkelhaarige … war das nicht Swinde?
Alle kamen auf uns zu …
Um den Rest zu erzählen, kann ich mich kurz fassen. Ich hatte mich nicht getäuscht, als ich Swinde in der Nacht mit einem anderen aus dem Verlies heraufkommen sah als dem, mit dem sie hinuntergestiegen war. Während ihr Vater und Remmert im Blockhaus miteinander zechten und wie gewöhnlich stritten, drängte sie Wido, mit ihr in den Kerker hinabzusteigen und ein letztes Mal vor der Hinrichtung Slawomirs Rache an ihrem Entführer zu nehmen. Der eitle und grausame Tölpel war schnell bereit. Für einen Beutel mit byzantinischen Goldmünzen, von Swinde ihrem Vater entwendet, schloss ihnen Zelibor die Kerkertür am Fuße der Treppe auf und ließ sie dann mit dem Gefangenen allein. Der schlaue Wilze mochte sich über die Absicht der Grafentochter nicht täuschen, aber auch glauben, dass sie im Einvernehmen mit Waratto handelte, der nur halbherzig Remmerts Forderung nach der Hinrichtung des jungen Wendenfürsten zugestimmt hatte.
Swinde handelte auch diesmal mit erstaunlicher Tatkraft und Umsicht. Als Wido seine Folterwerkzeuge auspackte, ergriff sie eines davon, einen Hammer, und schlug ihn nieder. Dann befreite sie Slawomir, der schon in einen Sack gesteckt und verschnürt war, um am nächsten Tag in die Elbe geworfen zu werden. Gemeinsam banden und knebelten sie den Ohnmächtigen, zogen ihm Hosen und Schuhe aus und steckten ihn in den Sack, den sie wieder fest verschnürten. Slawomir zog die Kleider an, die seine Befreierin, unter dem Mantel versteckt, für ihn mitgebracht hatte. Swinde verschloss den Kerker und brachte Zelibor den Schlüssel. Als Remmert später mit seiner betrunkenen Bande hinabstieg, um sein widerwärtiges Possenspiel zu treiben, schöpfte er keinen Argwohn. So blieb die Vertauschung unentdeckt. Swinde und Slawomir konnten fliehen. Ein Boot hatte sie flussaufwärts versteckt, und sie gelangten glücklich hinüber.
Sie waren gerade erst angekommen, als wir zu ihnen stießen. Sparuna war schon tags zuvor nach der Erfüllung seiner Mission zurückgekehrt. Er konnte Slawomir berichten, dass Pribislaw, der sich inzwischen zum Knes aufgeworfen hatte, kaum Zuspruch unter den Obodriten fand. Die wenigsten sahen den Sohn des
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