Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman
folgte kein weiterer, d. h. kein weiterer ist überliefert. Vielleicht gab es nicht mehr „Mitteilenswertes“. Im Nachlass des Priors fanden sich die sechs ausführlichen Briefberichte über die Reisen der beiden Königsboten, die jetzt erst publiziert worden sind. Es ist möglich, dass Lupus noch öfter an seinen Vetter schrieb, darauf lässt zum Beispiel der Wechsel der Mandatsgebiete schließen. Da Lupus nur in den ersten beiden Briefen und im letzten präzise Zeitangaben mitliefert, wissen wir nicht, ob die anderen Reisen der beiden Königsboten unmittelbar aufeinander folgten oder ob zwischen ihnen ein Abstand von mehreren Jahren lag. Vielleicht war auch die Reihenfolge eine andere. Mit Sicherheit können wir sagen, dass zwischen der ersten und letzten Reise, von denen Lupus in den uns bekannten Briefen berichtet, 14 Jahre vergingen.
Die Rezeptionsgeschichte der Texte ist schnell erzählt. Nach dem Tode des Volbertus (um 820) kam dessen Nachlass in das Archiv des Skriptoriums, wo sich vermutlich jahrhundertelang niemand seiner annahm. Im Zuge der bayerischen Säkularisation des 18. Jahrhunderts wurde auch das kleine Bergkloster N. geschlossen, und die Archivbestände kamen in andere Klöster. Als auch diese 1803 im Zuge des sog. Reichsdeputationshauptschlusses aufgehoben wurden, geriet der noch immer ungeöffnete und unbearbeitete Nachlass des Volbertus nach Preußen. Hier, in einer Universitätsbibliothek, begann man sich endlich für ihn zu interessieren. Junge Wissenschaftler beugten sich über die uralten Pergamente, die Lupus, stets unter Mangel an Beschreibstoff leidend, mit seiner winzigen, kaum noch lesbaren Schrift bedeckt hatte. Eine erste Rohübersetzung des lateinischen Textes entstand. Sie wurde aber nicht publiziert, weil sprachlich unvollkommen und zu lückenhaft. Ein weiteres Jahrhundert musste vergehen, ehe um 1990 eine druckreife Übertragung ins Neuhochdeutsche vorlag. Diese hält sich im Wesentlichen an Lexik und Duktus des Verfassers und vermeidet sprachliche Modernismen, enthält aber auch, um flüssige Lektüre zu ermöglichen, hie und da kleine Zusätze, Worte und Satzgebilde aus neuerer Zeit. Die ersten fünf Briefberichte erschienen 1995 bis 1997, elf Jahre später (2008) konnte auch der sechste und letzte Brief publiziert werden.
Fast alles, was wir über den Verfasser und seinen Amtskollegen Odo wissen, steht in den Briefen. Das weitere Schicksal der beiden ist unbekannt. Allerdings geht aus gelegentlichen Randbemerkungen (vermutlich des Adressaten Volbertus) hervor, dass Odo sein wichtigstes Ziel erreicht haben könnte. Zweimal wird er hier als „Comes Odo“ bezeichnet. Das lässt den Schluss zu, dass Odo schließlich eine Grafschaft links des Rheins, d. h. in seiner Heimat, erhielt. Ob er einen seiner ehrgeizigen Heiratspläne verwirklichen konnte, wissen wir nicht.
Lupus betreffend, gibt es keinerlei weitere Informationen. Er war (nach eigener Angabe im ersten Brief) auf der Reise zu den Wenden schon fast 50 Jahre alt. Es ist anzunehmen, dass der bescheidene „Kärrner im Dienste höherer Mächte“ bis zuletzt in der Hofkanzlei tätig war, jedoch – mit seinen Erfahrungen als Königsbote – besonders wichtige und spezielle Aufgaben übertragen bekam. Als Rechtsgelehrter könnte er maßgeblich an der Kodifizierung des sächsischen, thüringischen und friesischen Volksrechts, die Anfang des 9. Jahrhunderts erfolgte, beteiligt gewesen sein.
R. G.
Dramatis personae
Im Laufe der Handlung auftretende oder namentlich erwähnte Personen:
Karl I. („der Große“) , König des Fränkischen Reiches, Römischer Kaiser
Einhard , sein Ratgeber
Hiltrud , eine Tochter des Kaisers
Camerarius (Kämmerer, Finanzverwalter)
Odo , Vasall Karls I. (Königsbote)
Lupus , Mönch und Diakon (Königsbote)
Im Sachsengau:
Waratto , fränkischer Adeliger, Graf
Gerberga , seine Gemahlin
Hereswind , genannt Swinde , beider Tochter
Berulf , Bruder der Gerberga
Chrok , Bischof
Remmert , sächsischer Edeling
Wido , sein Sohn
Wiprecht , ein Schreiber
Die Wenden:
Ratibor , Knes (Stammesfürst)
Dragomira , dessen älteste Gemahlin
Slawomir , beider Sohn
Pribislaw , Ratibors Neffe
Sparuna , ein Vetter des Ratibor, Gesandter
Niklot , Gesandter
Zelibor , Herbergswirt
Ein Zupan (Dorfvorsteher)
Eine Zauberin („Todesengel“)
Unna , alte Frau
Bromios , Sklavenhändler
Martinga , eine Magd
Gefolge der Königsboten:
Rouhfaz , Diener und Schreiber
Helko , Anführer des
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