Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman
Ratibor mitschuldig an der Entführung des Totenschiffs und seine Gefangenschaft als freiwillige an. Da sich seine Mutter Dragomira bei der zweiten Ausfahrt des Schiffs geopfert hatte, waren die Götter zufriedengestellt. Sparuna war sicher, der rechtmäßige Knes Slawomir würde auf wenig Widerstand stoßen, wenn er in seine Burg zurückkehren wollte.
So wurde entschieden, es zu wagen. Alle Männer des Dorfes schlossen sich Slawomir an. Nach ein paar Tagen des Umherziehens wuchs der kleine Haufen zu einem mehrhundertköpfigen Heer. Als die Verteidiger der Burg es herankommen sahen, verließ sie sogleich der Mut. Sie öffneten das Tor, und Pribislaw unterwarf sich.
Am liebsten wären Odo und Fulk mit aufgebrochen, um unserem Freund Slawomir die Macht zurückzuerobern. Ich riet davon ab, und die Wenden gaben mir recht, denn das wäre ein zu großes Wagnis gewesen und konnte missdeutet werden. Wir blieben im Dorf zurück und warteten ab. Auch Swinde durfte nicht mitziehen. Ihr ehemaliger Entführer, dann Stiefsohn, schließlich Gefangener und Sklave, nun Gefährte ihrer gemeinsamen Flucht und wieder Stammesfürst – er wollte es so.
Swinde, dieses reizende, aber rauhbeinige weibliche Wesen, war – wie ich erst jetzt erfuhr – erst 15 Jahre alt. Während der unruhigen Tage des Wartens und Hoffens kamen wir uns ein bisschen näher. Sie fasste Vertrauen zu mir, dem „Dicken“, auch mit Rouhfaz freundete sie sich an. Wir plauderten lange miteinander, und weil ich bemerkte, dass ihre Erziehung arg vernachlässigt war, erteilte ich ihr ein wenig Unterricht in den Wissenschaften, soweit ich selbst etwas davon verstehe. Rouhfaz unterwies sie ein bisschen im Lesen und Schreiben.
Mit Odo neckte sie sich gern und spielte weiter die gefährliche kleine Raubkatze. Doch schließlich war er es, der Kenner der weiblichen Seele, der ihr ein freimütiges Geständnis entlockte. Schon als kleines Mädchen hatte sie ihren wendischen Prinzen geliebt, und ihre Entführung hatte sie in der Tat so vorbereitet, wie es Odo vermutet hatte. Dann kam die schreckliche Enttäuschung, als Slawomir sich dem Befehl seines Vaters beugte. In der Brautnacht tötete sie den Alten, indem sie ihn mit einem Schaffell erstickte. Aus ihrer Liebe wurde Hass, weil Slawomir sich ihrer Opferung nicht widersetzte. Auf dem Schiff brachte sie ihn in ihre Gewalt und nahm sich vor, ihn sein Leben lang dafür büßen zu lassen. Aber dann wurde von ihrem Vater und Remmert sein Tod beschlossen. Da gewann die Liebe wieder die Oberhand, besiegte den Hass, und Swinde entschloss sich, noch einen zweiten Toten auf ihr wenig entwickeltes Gewissen zu laden.
Am 13. Tag nach unserer Ankunft im Wendendorf erhielten wir endlich die erlösende Nachricht, dass Slawomirs Unternehmen geglückt war. Am 17. Tag kam er selbst mit großem Gefolge. Er gab uns ein Gastmahl und rühmte uns als Befreier seiner 400 Stammesgenossen. Solange er Knes der Obodriten sei, schwor er, werde er uns diese Freundestat nicht vergessen und ein treuer Verbündeter des Kaisers sein. Zum Zeichen seines guten Willens hatte er die vier Gefangenen mitgebracht, die nun frei waren. Er lud uns ein, noch eine Zeitlang auf seiner Burg als seine Gäste zu verweilen, aber wir lehnten höflich ab. Lange waren wir unterwegs, Zeit war es heimzukehren.
Zu unserer großen Freude führten die Wenden von der Burg unsere Tiere mit sich – Odos Impetus und meinen Grisel. Auch für Fulk und die beiden Franken hatten sie Pferde mitgebracht. Sogar unser Wagen rollte über den Dorfplatz. Von seinem ursprünglichen Inhalt war zwar nichts mehr übrig, doch Slawomir ließ ihn mit Geschenken füllen – Waffen, schönen Pelzen, kunstvoll gewebten Leinentüchern, Krügen mit Honig. Die Geschenke, die wir mitgebracht hatten, konnten wir leider nicht mehr überreichen. Sie gehörten nun zum Schatz des Feindes der Franken und Obodriten, Remmert.
Der Tag des Abschieds brach an. Was wurde aus unserem Liebespaar? Odo und ich hatten lange beraten und waren zu der Meinung gelangt, dass wir das junge verwilderte Mädchen, das schon zweimal getötet hatte, doch immerhin eine edle Fränkin war, hier nicht zurücklassen durften. Ihr Vater Waratto, der sich nicht viel um sie gekümmert, sie aber beschützt hatte, lag erschlagen auf dem Grunde der Elbe. Ihre Mutter Gerberga war nach dem Tode ihres Bruders und dem Verschwinden der Tochter so schwer erkrankt, dass man sie zur Erholung auf die Familiengüter in Austrien brachte. Wir sprachen
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