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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicky Stiefel
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rief ich ein junges Mädchen an, das ich kannte, Nicky Pelletier. Nicky erklärte sich bereit, für ein, zwei Tage ein Auge auf Mrs Cheadle zu haben, da diese sich geweigert hatte, irgendwohin zu gehen, wo sie in Sicherheit war. Dann rief ich Kranak an und erzählte ihm alles.
    Ich ließ den Motor an und drehte die Heizung voll auf. Ich wendete und fuhr Richtung Cambridge-Zentrum, auf direktem Weg zu Harry Pisarros Lasterhöhle.

10
    Obwohl es erst zwei Uhr war, ließ das diffuse Nachmittagslicht die geschäftigen Straßen in Cambridge in einem weichen, impressionistischen Licht erscheinen. Ich rief die Auskunft an und tippte dann die Nummer des Byte Me ein, des Cyber-Cafés, das Pisarro gehörte. Einer seiner Handlanger meinte, Pisarro rufe mich zurück, was er tat, und zwar umgehend. Ich fragte, ob er Zeit für mich habe.
    »Für Sie habe ich immer Zeit, Madame Tally.«
    »Ich bin auf dem Weg.«
    Pisarro entblößte lächelnd die Zähne und küsste mich auf beide Wangen. Er reichte mir ein Glas Merlot und bestand darauf, mich herumzuführen. Die Theke aus dunklem Ebenholz wand sich um die Spielstationen, an denen junge Leute saßen und auf Computertasten einhämmerten oder mit Joysticks herumfuhrwerkten. An der Wand befanden sich weitere Computer und hufeisenförmige Sitzgruppen. Das Ganze war abgedunkelt und die Stimmen gedämpft, abgesehen von gelegentlichen Ausrufen der Spieler.
    Neonlichter flackerten und Technomusik pulsierte leise und eigenartig und nur knapp unter dem Stimmengemurmel. Es roch nach einem Gemisch aus Räucherstäbchen, Zigaretten und Dope.
    Ich kam mir vor, als hätte ich eine unterirdische Welt betreten, und mir lief ein Schauder über die Haut, hauptsächlich, weil ich mich von ihren Reizen angezogen fühlte.
    Wir durchquerten eine Reihe von Räumen, in denen Lautenmusik ertönte und schwarze Lichter glühten, passierten einen mit Computern ausgestatteten Alkoven, über dem das Wort »eBay« prangte, und nahmen schließlich hinten in einem kleinen Zimmer Platz, in dem ständig Neonsterne an Decke und Wänden aufblühten.
    Pisarro wedelte mit der Hand, und ein Teller mit Antipasti erschien.
    Wir aßen und tauschten gleichzeitig Höflichkeiten aus. In diesem Spiel war das Timing alles.
    Schließlich erzählte ich von dem Einbruch bei Mrs Cheadle. »Blessing ist Ihr Mann. Ich glaube, dass Sie ihn zu sehr unter Druck setzen. Meiner Meinung nach ist er so verängstigt und so wütend, dass er sich auf alle und jeden stürzt. Sie müssen sich zurückhalten.«
    »So, muss ich das? Warum sollte Roland Blessing, einer meiner Computerfritzen, eine alte schwarze Lady in Somerville überfallen?«
    »Sie wissen doch schon von dem Mord. Eine lange Geschichte.«
    »Ich habe alle Zeit der Welt, Madame Tally«, sagte er mit sanfter Stimme, die zu Vertraulichkeiten einzuladen schien.
    Ich erzählte ihm von unserer Trauergruppe und Chesas Auftauchen dort. Von Della und dem Bestattungsunternehmer McArdle und von Chesas Tod. Als ich zu dem Einbruch bei Mrs Cheadle kam, verzogen sich seine Lippen zu einem Lächeln. »Damit ich das richtig verstehe. Sie glauben, dass Blessing eine arme alte Frau terrorisiert hat, nur weil ich Druck auf ihn ausübe?«
    »Eventuell. Ja. Er dreht durch vor Angst.«
    Pisarro knurrte. »Das sollte er auch.«
    Oh verdammt. »Ich glaube, Blessing hat Mrs Cheadle auf dem Kicker, weil er meint, sie wisse etwas, das ihn in Gefahr bringen kann. Wenn das der Fall ist, wird er es erneut versuchen.«
    Er schloss die Augen und atmete tief ein. »Ich schulde Ihnen einen Gefallen für meine geliebte Angela, Madame Tally. Tatsache ist, dass ich Roland Blessing nach Angelas schrecklichem Tod angestellt habe. Wegen seiner Moira tat er mir leid. Deshalb habe ich mich mit ihm identifiziert.
    Außerdem schätze ich Sie sehr. Doch mir sagt niemand, was ich zu tun habe.«
    Jetzt zeigte sich der Gangster, der Menschen umbringen und zwischen den Bahngleisen verbuddeln ließ. »Das verstehe ich.«
    Seine strahlend blauen Augen blitzten belustigt. »Sie sind mir eine, Madame Tally.«
    »Ich muss gehen.«
    Er hob die Hand, und ein rundlicher Kerl mit leichenblasser Visage tauchte auf.
    »Das ist Johnny Bones«, sagte Pisarro.
    »Freut mich, Mr Bones«, sagte ich und versuchte, aufrichtig zu klingen.
    »Bones wird auf Ihre Mrs Cheadle aufpassen.«
    »Wie bitte? Das glaube ich nicht. Auf keinen Fall.«
    »Oho, auf jeden Fall, Madame Tally. Da nimmt doch tatsächlich jemand meinen Namen in den Mund, während er

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