Tödliche Ernte
zu gern zeigen wollte, sollte ich zufällig einmal in der Nähe sein.
Völlig entnervt wechselte ich ins Internet und bestellte einen neuen Fernseher für Mrs Cheadle. Wenigstens das konnte ich tun.
Ich rief Billy Christensen vom kriminaltechnischen Labor in Sudbury an. Billy hatte an meinem Psychologiekurs für Polizisten an der Northeastern teilgenommen.
»Ich bräuchte Hilfe bei einigen Fingerabdrücken, die die Bostoner Polizei genommen hat.«
»Ich seh mal, was ich machen kann«, sagte Billy.
Ich erzählte ihm von Chesas Tod bei McArdle. Er versprach, mich baldmöglichst zurückzurufen. Eine Stunde später meldete er sich.
»Sie haben sieben vollständige Abdrücke, dich, eine Frau namens Mrs Cheadle und die Tote, Chesa Jones, ausgenommen. In der Datenbank für Massachusetts gab es nur einen Treffer, einen gewissen Roland Blessing. Keine weiteren Treffer. Dasselbe bei der Datenbank des fbi . Die Polizei hat Kopien nach New York, Jersey und in die anderen Neuengland-Staaten geschickt.«
»Ich brauche jede einzelne Information zu diesem McArdle, Billy. Rufst du mich an, wenn du was hast?«
»Mach ich.«
Ich steckte den Kopf zur Tür unseres Hauptbüros hinein. Leer. Ich wollte gerade Gert anpiepsen, als mein Telefon klingelte. »Tally Whyte«, meldete ich mich.
»In mein Büro. Sofort.«
Veda. Und sie klang stinksauer.
Ich machte mich auf den Weg nach oben, mit Penny auf den Fersen. Als ich mich Vedas Büro näherte, ging die Tür auf. Sie kam heraus, gefolgt von Fogarty.
Ich rang mir ein Lächeln ab. »Hallo, Tom. Veda.«
»Na, mal wieder auf der Suche nach Almosen, Tally?« Fogarty krallte sich an einer Akte fest.
Mein Lächeln wurde breiter. »Bin ich das nicht immer?«
Veda verschränkte die Arme.
»Ich geh dann mal besser zu meiner Verabredung mit der PR-Frau von Warner.« Fogarty grinste. »Street Fighter läuft bestens. Ach, übrigens. Ihr Kumpel Kranak hat von seinem Vorgesetzten einen Verweis bekommen. Es ging dabei um irgend so ein Bestattungsunternehmen.« Fogarty eilte geschäftig davon, und sein Laborkittel wehte hinter ihm her.
Das Wort Arschloch lag mir auf den Lippen.
Veda ließ sich mit gefalteten Händen hinter ihrem großen Schreibtisch nieder. »Musst du immer und immer wieder mit Tom Fogarty aneinandergeraten? Ich kann es mir nicht leisten, ihn zu verlieren, Tally.«
»Warum hast du mich gerufen?«
Sie schenkte sich und mir eine Tasse Kaffee ein. Wir tranken beide, und unsere Blicke trafen sich wie Tausende Male zuvor. Ich sah ihre Güte und ihre Sorge. Veda hatte ein Patent auf dieses Gefühl.
Schließlich fuhr sie sich durch das ergraute Haar. »Gertrude hat mir gegenüber aus Versehen die Zeichnungen erwähnt, die Jake von Chesa und ihrer Schwester angefertigt hat. Ich habe sie auf deinem Schreibtisch gesehen.«
Ich nahm einen Schluck Kaffee. »Du weißt doch, was Chesa mir bedeutete. Das ist zur Erinnerung an sie.«
Veda seufzte und blickte dann hinaus in den wolkenschweren Himmel. »Diese Jagd nach Roland Blessing. Das beeinflusst deine Arbeit. Du bist mit den Gedanken ganz woanders.«
»Er war ein Kunde. Und Chesa eine Freundin. Und du übertreibst.«
»Die Leute reden. Und machen sich Sorgen.«
»Wenn das stimmt, dann tut es mir leid. Aber ich habe das mgap nicht ausgenutzt.«
»Vielleicht geht es hier ja gar nicht um Chesa Jones.«
Veda kannte mich besser als sonst jemand auf dieser Welt. »Vielleicht.«
Veda schenkte uns Kaffee nach. »Raus damit, bitte.«
»Also vielleicht geht es um Dad. Und auch um Chesa. Vielleicht mache ich mir Vorwürfe, dass ich nicht für sie da war.«
»Wie bei deinem Vater. Aber das verstehe ich.«
»Das Seltsame daran ist nur, dass alles, was ich über Blessing erfahre, nicht ins Bild passt, Veda. In der Regel weiß ich, woran ich mit meinen Kunden bin. Aber nicht bei diesem Kerl.«
»Deine Kunden sind Opfer. Dieser Mann ist ein Killer.«
»Und ein Opfer.«
Der Bleistift in Vedas Hand zerbrach. »Jetzt hör dich mal reden. Ein Opfer. Du frustrierst mich ohne Ende. Genau darum geht es doch. Es ist gefährlich, sich da so hineinziehen zu lassen, den Tod deines Vaters wieder auszugraben und dich auch noch von Fogarty manipulieren zu lassen.«
Ich stemmte die Hände auf ihren Schreibtisch. »Du weißt, dass ich nicht die Finger davon lassen werde.«
Veda warf den zerbrochenen Bleistift in den Abfall. »Man sollte meinen, dass du es nach Arlo Noyce’ Tod tun wirst.«
»Wa… Was?« Ich versuchte, meine zitternden Hände
Weitere Kostenlose Bücher