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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicky Stiefel
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unter Kontrolle zu bringen, was mir nicht gelang.
    »Ich dachte, du wüsstest Bescheid. Es tut mir leid, Tally.« Sie schüttelte den Kopf. »Er ist der Unbekannte, von dem wir beim Morgen-Meeting gesprochen haben.«
    »Die Enthauptung?«
    »Ja. Er ist gerade erst identifiziert worden.« Sie seufzte. »Irgendjemand hatte da so eine Ahnung, wegen der Mundharmonika, die man bei ihm gefunden hat.«
    Oh, Arlo, was ist nur mit dir geschehen?
    Ich schleppte mich zur Toilette. Mein Magen krampfte sich so stark zusammen, dass ich mir vor Schmerzen den Bauch hielt. Obwohl Veda versuchte, mir beizustehen, schickte ich sie fort, genau, wie ich es als Kind getan hatte.
    Unten traf ich Gert am Telefon. Mary kauerte auf einem Schemel und brachte den Arbeitsplan auf den neuesten Stand, und Donna ging eine Liste auf ihrem Klemmbrett durch.
    Alle sahen jämmerlich aus, ihre Gesichter waren tränennass und verquollen.
    »Veda hat mir das mit Arlo gerade erzählt«, sagte ich. Auf dem Arbeitsplan stand Gert als Zuständige für Arlos Schwester. »Nur die Schwester?«
    »Ein Bruder kommt mit dem Flieger aus Michigan«, sagte Gert. »Das Kind …« Ihre Lippen bebten.
    »Ich übernehme die Schwester, Gert«, sagte ich.
    »Warum sollte Mr Blessing ihn köpfen?«, bemerkte Mary.
    Donna begann zu weinen.
    Ein leises Klopfen, dann steckte Strabo den Kopf zur Tür herein. Er blickte von einer Frau zur anderen, die nun im Chor weinten, und winkte mich dann mit dem Finger zu sich.
    Draußen auf dem Flur legte er mir eine Hand auf die Schulter. »Sie haben den Kopf gefunden.«
    »Ich denke mal, das ist gut.« Ich schlang die Arme um mich. »Ja. Das ist gut.«
    »Der Kopf – also, der Killer hat dem Toten eine Mundharmonika in den Rachen gerammt.«
    Es war schon spät, als ich Arlos trauernde Schwester und ihren Mann verabschiedete. Alle hatten für heute Schluss gemacht, nur Gert nicht, die riesige Kaugummiblasen blies, schniefte und wütend auf die Tastatur einhämmerte.
    »Da hat jemand vom kriminaltechnischen Labor angerufen. Zitat: ›Ich hab was für Sie.‹«
    Ich hörte Billys Anruf ab. Mist. Ich hinterließ ihm die Nachricht, dass ich auf seinen Rückruf warten würde.
    Um die Zeit herumzubringen, erkundigte ich mich nach Mrs Cheadle, bei der laut ihrem Aufpasser alles in Ordnung war. Ruf an, Billy. Ruf an. Die Warterei nervte. Vielleicht würde ich Mundharmonikastunden nehmen. Ich lachte. Ich wäre eine totale Niete.
    Ach, Arlo.
    Ich war sauer. Stinksauer.
    Ich fing an, die Budgetanträge zu zerreißen. Scheiß auf Fogarty. Scheiß aufs Budget. Scheiß –
    Ich schleuderte die Papierschnipsel von mir, sodass sie wie Konfetti durch das Zimmer wirbelten.
    »Wie nett«, sagte Gert von der Tür aus.
    »Komm rein, Gertie«, sagte ich. »Lust auf einen Schluck Bourbon?«
    »Schon vergessen, dass wir heute noch zu Trip’s gehen?«
    »Ich geh nicht.«
    »Du musst aber. Um ein bisschen Dampf wegen Arlo abzulassen. Komm schon, Tally.«
    Ich holte zwei Pappbecher aus der Toilette und schenkte jeder von uns einen Fingerbreit Rebel Yell ein. Er glitt warm durch die Kehle. »Wie geht es Mary und Donna?«
    »Nicht schlecht. Ich habe mit beiden gesprochen.«
    Ich hob anerkennend meinen Becher. »Danke.« Ich erzählte ihr von Arlos großem Vorhaben, Blessing kriegen zu wollen.
    »Das hast du hoffentlich der Polizei gesagt.«
    »Schon vor Tagen. Anscheinend konnten sie ihn nicht abbringen.«
    »Ich fahr mal rüber. Kommst du mit mir?«
    »Ich komme nach.«
    Ich arbeitete bis spät, bis ich mit der Nachtschicht und den Toten allein war.
    Gegen acht versuchte ich es noch einmal bei Billy und machte mich dann auf zu Trip’s. Ich suchte den Parkplatz nach Blessing ab. Kein Schwein zu sehen, zumindest keines von der zweibeinigen Sorte.
    Aber ich könnte schwören, dass irgendwo aus der Dunkelheit die Töne einer Mundharmonika herübergeweht kamen. Das Lied, das gespielt wurde, war »Amazing Grace«.

12
    An diesem Abend saß unsere Gruppe um den zerkratzten, runden Tisch bei Trip’s, einer Bar im Stadtteil East Berkeley.
    Die Dekorvorstellungen des Besitzers Toots Schwartz beschränkten sich auf Werbeschilder von Budweiser, eine grässliche weiße Jockey-Statue und die gerahmten Drucke von hiesigen Suffolk-Downs-Gewinnern.
    Polizisten und Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft mischten sich hier in ihrer Freizeit mit der Belegschaft des Kummerladens, und manchmal mischten sich auch Spieler der Bruins darunter. Aus irgendeinem Grund fanden sie alle das

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