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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicky Stiefel
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Menschenseele.«
    Wir hielten Händchen, als wir über die lange Galerie zum Raum für gotische Kunst gingen. Beide hatten wir einen kunstinteressierten Blick aufgesetzt, zu dem meine Gefühle allerdings nicht passten. Was hatte ich getan?
    Eine Bewegung zu meiner Linken ließ mich herumfahren. Zwei Frauen saßen auf einer Bank, die Köpfe über ein Buch gebeugt.
    »Sagtest du nicht ›keine Menschenseele‹?«, zischte ich.
    »Die hab ich nicht gesehen. Ist doch egal, oder?«
    Ich umklammerte seine Hand fester, und wir setzten unseren Weg kunstbeflissen fort.
    »Tally! Miss Whyte!«
    So ein Mist. Ich drehte mich um. »Ja so was, Mary«, sagte ich.
    Mary und ihre Freundin besuchten jede Woche ein anderes Museum. Und war es nicht cool, dass diese Woche das Gardner dran war?
    Jake, die Ratte, ersann eine faule Ausrede und verdünnisierte sich.
    Mary, ihre Freundin und ich endeten im Bistro des Museums, wo wir einen Kaffee tranken. Und das nur, weil Mary ganz aus dem Häuschen war, denn jetzt bekam sie Informationen aus erster Hand darüber, wie ich vor zwei Tagen abends dem Tod ins Auge gesehen hatte.
    Nachdem wir uns verabschiedet hatten, besuchte ich Mrs Cheadle. Die alte Dame lag noch immer im Koma. Völlig angepisst von dieser Welt fuhr ich hinüber nach Roxbury, und als ich die Stufen zum Haus des Cellisten hinaufstieg, wurde ich wütender und wütender. Penny stand neben mir, während ich wieder und wieder auf den Klingelknopf drückte. Ich würde nicht weggehen, bis ich nicht ein paar Antworten zu McArdle hatte.
    Selbst um drei Uhr nachmittags stand die Sonne noch hell am Himmel. Die Tage wurden länger.
    Schritte, eine Pause, dann ging die Tür auf.
    »Hallo, Mr Cellist.«
    Er kratzte sich an seinem Kinnbart. »Ich habe mich schon gefragt, wann sie mir einen zweiten Besuch abstatten.«
    Er führte mich durch Zimmer voller Gobelins und Gemälde, die an mit mahagonigetäfelten Wänden hingen und auf wuchtige Möbel blickten, die ihrerseits auf handgeknüpften Perserteppichen standen. Er bot mir einen Stuhl in einem gemütlichen Zimmer an, dessen Wände vom Boden bis zur Decke mit Büchern bedeckt waren. Ein behagliches Feuer knisterte hinter der Glastür des Kamins, und von einem silbernen Kaffee- und Teetablett stiegen verlockende Düfte auf.
    »Nennen Sie mich Jazz, Danny oder Mr Brown. Wie Sie wollen.«
    Daniel Brown. Gateway Properties. McArdles Vermieter. Warum war ich nicht überrascht?
    Brown deutete auf das Essen und die Getränke. »Bedienen Sie sich.«
    Der Kaffee duftete nach Haselnüssen, der Tee nach Orangen. Er hatte Eclairs und Obsttörtchen auf einen Porzellanteller gehäuft.
    Ich kam mir vor wie der Fremde, der dem Sturm entrinnt, hereinkommt und wie ein verehrter Gast behandelt wird. Wurde der dann nicht auf dem Höhepunkt der Geschichte ermordet?
    »Danke für das Essen«, sagte ich. »Aber …«
    »Das haben wir Inez zu verdanken.« Er deutete in eine Ecke des Zimmers. Ein hübsches, etwa zwanzigjähriges Mädchen mit schwarzen Haaren saß dort etwas versteckt.
    »Es sieht köstlich aus, Inez.«
    Ihr Lächeln ließ ihre Augen erstrahlen.
    »Ich mache auch manchmal Gebäck«, sagte ich.
    Ihr Blick wanderte zu Brown.
    »Inez spricht nicht«, sagte Brown.
    Das Gesicht des Mädchens verzog sich. Unbeholfen erhob sie sich, wobei sie sich auf Krücken stützte, die mir vorher entgangen waren. Ein langer, gemusterter Rock umhüllte ihre Beine.
    »Es ist an der Zeit für Inez’ Nickerchen«, sagte Brown, nachdem er die Tür hinter ihr geschlossen hatte.
    »Sie ist sehr hübsch«, sagte ich. »Ihre Tochter?«
    Er grinste. »Frau.«
    »Und die Krücken?«
    »Inez hat ihre Füße und ihre Stimme bei einem Autounfall verloren.«
    »Das tut mir sehr leid.«
    Er lachte. »Das tut es, nicht war, Missy? Ihr Gesicht ist wie ein offenes Buch. Nachdem ich in der Zeitung gelesen habe, dass Sie nur knapp dem Tod entkommen sind, freut es mich, Sie in einem Stück wiederzusehen.«
    »Danke.« Die Luft veränderte sich. Ich konnte nicht sagen, wie genau, aber sie wurde dicker. »Als ich Sie das erste Mal nach McArdle fragte, warum haben Sie mir da nicht gesagt, dass Sie sein Vermieter waren?«
    »McArdle war auch so was wie ein Freund. Und er tat mir leid. Ich habe nie einen Menschen getroffen, egal ob Mann oder Frau, der sich selbst mehr verachtete. Ich werde nichts gegen diesen Mann sagen.« Er zündete sich eine Zigarre an und sog dann lächelnd daran.
    »Fahren Sie fort, bitte.«
    »Sie müssen wissen, dass ich

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