Tödliche Ernte
sehr kochten die fbi -Agenten vor Zorn. Sogar die Luft roch nach Wut. Keine schöne Sache.
Kranak war ebenfalls da, genau wie zusätzliche Beamte von den Crime Scene Services der State Police, Ermittlungstechniker und drei Beamte von der Bostoner Polizei. Weil ich darauf bestanden hatte, war auch Gert dabei. Veda hatte den Kopf einige Male durch die Tür gesteckt, war aber nicht hereingekommen.
Am Abend zuvor hatte ich auf Geheiß des fbi umfangreiche Notizen zu Della und Chesa angefertigt und die Lücken zu Angela Pisarro, Patricia Boch, Elizabeth Flynn, Moira Blessing und Inez Brown gefüllt.
Die Kriminaltechniker hatten auch das an sich genommen, was von den Blumen, der Vase und der Karte übrig geblieben war. Sie waren nicht gerade erfreut darüber, dass ich sie an die Wand geworfen hatte.
Zusätzlich zu den Notizen hatte ich Stunden damit verbracht, die Aufmerksamkeiten des Schnitters mir gegenüber in allen Einzelheiten darzustellen und zu beschreiben, wie die Spur weiter zu Blessing führte.
Das fbi bestand darauf, mich überwachen zu lassen, da man gefolgert hatte, dass ich eine Art Objekt der Begierde für den Killer zu sein schien.
Witzig, aber auf diese abschreckende Erkenntnis war ich längst allein gekommen.
Tiefes Schweigen erfüllte den Raum, als die Leute durch meine Aufzeichnungen zum Schnitter blätterten.
Ich hatte schon früher an derartigen Sitzungen teilgenommen, und wenn sie typisch verlaufen wäre, hätten die Leute geplaudert und miteinander gescherzt – um den Druck im Hinblick auf die bevorstehende Aufgabe abzulassen.
Heute war alles anders. Heute lag eine von uns dort unten auf einer kalten Bahre aus Stahl.
Und deshalb war es ruhig. Geradezu unheimlich ruhig.
Kaltes Vormittagslicht schien herein. Ich stand auf, um die Jalousien so zu stellen, dass die Sonne nicht mehr blendete. Niemandem sonst schien es aufgefallen zu sein.
Es ist eine Sache, wenn ein solches Monster unschuldige Frauen anlockt und umbringt. Eine andere ist es, eine gerissene und bewaffnete fbi -Agentin an den Haken zu bekommen.
Wie hatte der Schnitter es geschafft, sich an Reen heranzumachen? Jeder stellte diese Frage, da jeder davon überzeugt war, dass es der Schnitter war. Was, wenn der Kerl es geschafft hatte, dass Reen nicht mehr auf der Hut war? Zuvor hatten einige Agenten behauptet, der Killer müsse große Körperkräfte besitzen. Jeder wusste schließlich, dass er sie nicht mit seinem Charme entwaffnen konnte. Nicht Reen.
Mir schien es jedoch viel plausibler, dass ein unscheinbares Männchen wie McArdle sich an Reen heranmachte, als dass irgendein muskelbepackter Kerl sie überwältigte.
Alle stimmten darin überein, dass er clever war. Clever sein musste.
Als ich ihnen von McArdle und dem Pseudo-Gunderson erzählte, erwärmten manche sich für die Idee, es handele sich um ein Team. Doch die leitende Beamtin merkte zu Recht an, dass Serienmörder meist allein arbeiteten.
Das war bezeichnend für den Fall des Schnitters – jede Spur machte die vorangegangene Vermutung nur noch komplizierter. Frust breitete sich aus.
Ein magischer Fotokopierer hatte über Nacht zwei Dutzend Stapel mit meinen Anmerkungen, den Akten und Diagrammen angefertigt. Auch Angelas Kiste und die Alben und Aufzeichnungen von Elizabeth hatte ich hergebracht. Autopsieunterlagen und Tatortberichte lagen auf dem Tisch verstreut, neben einer großen Kanne Kaffee, drei Schachteln mit Muffins und Donuts, einem Dutzend Telefonen und zwei fbi -Laptops, die direkt mit Washington verbunden waren. Zusätzlich waren zwei Rechner auf Rollwägen hereingeschoben worden, genauso wie zwei tragbare Aktenschränke.
Jemand hatte eine abwaschbare Weißwandtafel herangekarrt, auf der Namen, Todesursache, fehlende Körperteile und Tatorte verzeichnet worden waren, ergänzt durch eine ganze Menge grüner und roter Pfeile.
Für meine Begriffe sah das alles nach einem wirren Durcheinander aus.
An der großen Wand gegenüber von mir hatte jemand eine riesige Karte von Massachusetts aufgehängt. Dreizehn rote Nadeln waren darauf verteilt. Sie markierten die Stellen, an denen die Frauen gefunden worden waren. Blaue zeigten, wo jede von ihnen gelebt hatte.
Auch die toten Frauen waren hier. Sie starrten uns in einer Reihe vom Anschlagbrett am Ende der Wand entgegen, an dem sie mit Reißzwecken befestigt worden waren.
Reens ältliche Mutter war aus Hawaii hergeflogen. Obwohl ich ihr meine Wohnung angeboten hatte, wohnte sie im Copley Plaza, bis Reens
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