Tödliche Ewigkeit
das …«
»Und dann war ich die jüngste Anwärterin, die je bei den Detectives des NYPD angenommen wurde.«
»Mein Liebes, du weißt, dass wir alle ganz stolz auf dich sind … Aber du hast nun mal deine Wahl getroffen, und …«
»Und meine Wahl verdient es nicht, gefeiert zu werden.«
»Du hast recht. Samstagabend werden wir genauso deine brillanten Erfolge feiern. Also, abgemacht, wir erwarten dich gegen fünf …«
Die Kehrtwendung ihres Vaters verblüffte Ann, doch sie blieb hart:
»Ich habe dir doch schon gesagt, dass ich nicht kann.«
»Einen Dienst tauschen? Lass deinen Charme spielen.«
»Grüß alle schön von mir. Wiederhören, Papa.«
Als sie auflegen wollte, ließ Ann versehentlich den Hörer fallen. Er knallte auf den Boden und zerbrach in zwei Teile. Sie konnte die ganze Nacht nicht schlafen.
SPANISH HARLEM, 3.00 UHR MORGENS
Nach und nach erlöschen die Lichter. Die Rollgitter vor den Sexshops werden heruntergelassen. Die Mädchen verlassen ihre Posten und gehen nach Hause. Bevor sie sich auf den Weg machen, küssen sich einige zum Abschied auf die Wangen, als wären sie Bürokolleginnen. Jeff ist unterwegs und genießt die frische Luft. Tief in seinem Innern ist er von einer großen Ruhe erfüllt. Er denkt nicht mehr, sein Körper ist bereit. Er wird zur Tat schreiten.
Eines der größten Probleme, mit denen ein auf Erfolg abonnierter Detective konfrontiert wird, sind die Spitzel. Der Großteil der gelösten Fälle basiert nicht auf Zeugenaussagen oder gesicherten Spuren, sondern auf Hinweisen, die – vorsichtig formuliert – von Informanten stammen. In Wirklichkeit sind es berüchtigte Kriminelle ohne Skrupel. Jeff verachtet sie. Aber er weiß, dass er sie braucht. Ein guter Cop hat gute Spitzel. Das Schwierige an der Sache ist, dass jeder Informant nicht nur an der Protektion interessiert ist, die ihm der Ermittler für einen guten Tipp mehr oder weniger legal garantieren kann, sondern vor allem an Geld. Die Hinweise kosten, und zwar nicht wenig. Dafür gibt es ein Budget, doch die Mittel der städtischen Polizei sind begrenzt. Der Bundespolizei stehen ganz andere Summen zur Verfügung, weshalb sie das Exklusivrecht auf die besten Quellen besitzt.
Sergeant Mulligan hat stets ausgezeichnete Informanten gehabt. Weil er – wie er es nennt – seine Privatbank hat.
Und genau heute Abend wird er dort Geld abheben.
Octavio Sanchez ist ein glücklicher Mann. Auch in dieser Nacht sind die Einnahmen gut gewesen. In weniger als drei Jahren hat er es zum wichtigsten Zuhälter von Spanish Harlem gebracht. Natürlich steht er nicht auf einer Stufe mit den Bossen, die fünfzig Huren durch ihre Handlanger kontrollieren lassen und Provision kassieren, ohne je mit den Mädchen in Berührung zu kommen. Er ist eher auf gute alte Handarbeit spezialisiert. Sieben Mädchen stehen für ihn an guten Plätzen, die er sich hat sichern können. Um das zu schaffen, musste er zu Einschüchterungsmaßnahmen und körperlicher Gewalt greifen, auch ein paar Morde auf sich nehmen. In Harlem sind die Plätze teuer. Doch Octavio schreckt vor nichts zurück. Grenzen sind ihm fremd. Sein Spitzname ist El Loco , der Verrückte.
Langsam zählt er die Einnahmen dieser Nacht. Wenn eine mehr als hundert Dollar eingenommen hat, lässt er ihr dreißig. Großzügig wie er ist. Die Mädchen beklagen sich nicht. 2870 Dollar. Keine außergewöhnliche, aber immerhin eine gute Nacht. Octavio wird sie gemeinsam mit den Jungs, den chicos von Spanish Harlem, in einer Disko ausklingen lassen. Dann wird er sich, wie jeden Tag, bis 14.00 Uhr aufs Ohr legen. Ein saugutes Leben. Der Zuhälter schiebt ein paar Scheine in sein Portemonnaie und legt den Rest in eine metallene Kassette, die schon ordentlich mit hübschen grünen Banknoten gefüllt ist. Wenn man kein Pate ist und nicht die Möglichkeit hat, sein Geld zu waschen, kann man es sich in diesem Metier nicht erlauben, seine Einkünfte auf die Bank zu tragen. Sonst hat man sofort die Steuerfahndung am Hals, die mit Abstand schlimmsten Cops von ganz Amerika. Also muss man viel ausgeben. Wie gut, dass Octavio es versteht, mit Geld nur so um sich zu werfen.
Das Gebäude sieht nach nichts aus, aber es ist sauber und neu verputzt, was in diesem Viertel ein Zeichen für großen Reichtum ist. Jeff kauert sich in eine Türöffnung, zwei Hausnummern von der Adresse der Person entfernt, auf die er wartet. Im Verborgenen lauert er dem Mann auf. Der wird nicht lange auf sich
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