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Tödliche Feindschaft

Tödliche Feindschaft

Titel: Tödliche Feindschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Guben
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halten.«
»Ihr seid Künstler und folglich anders als die anderen.«
»Künstler«, meinte er nachdenklich, »ein Künstler bin ich noch nicht. Ein Künstler war Bach.
Ich bin ein Stümper. Vielleicht auch ein Stümper im Leben. Seht, da schreitet Ihr nun neben mir,
und ich weiß das Glück gar nicht in Worte zu kleiden. Und dabei ist es nur ein flüchtiges Glück,
ein unfaßbares.«
Sie war rot geworden bei diesen Worten.
»Ein unfaßbares?« fragte sie.
»Ja. Es ist nur der Widerschein eines Glücks, das nicht für mich bestimmt ist.«
»Verzeiht, Herr Rachmann, aber das verstehe ich nicht.«
Er blieb stehen und wandte sich ihr voll zu.
    »Doch, kleine Rachel, Ihr versteht es. Ich — ich — ich liebe Euch.«
    Seine großen, dunklen Augen ruhten voll auf ihr. Sein Blick drang in sie. Sie spürte es fast körperlich. Und sie erzitterte unter diesem Blick. Ein tiefes Gefühl der Seligkeit umfing sie. Wie lange hatte sie auf dieses Wort gewartet!
    Nun mußte doch kommen, was immer kam. Jetzt würde er sie in die Arme nehmen, würde sie küssen.
    Sie war ein wenig enttäuscht, als nichts dergleichen geschah. Er wandte sich vielmehr wieder zum Gehen und meinte:
    »Ja, ich mußte es einmal sagen. Ich liebe Euch. Es ist vermessen von mir. Ich weiß, daß ein Mädchen wie Ihr nicht für mich bestimmt sein kann.«Jetzt blieb sie stehen.
    Er merkte es nicht sogleich, so faßte sie nach seinem Arm und hielt ihn fest. Mit fester Stimme sagte sie:
    »Ihr wißt, daß ich auch anders bin als die anderen. Und deshalb reagiere ich jetzt so, wie kein anderes Mädchen reagieren würde. Ich liebe dich nämlich auch. Und ich kann mir nicht denken, daß etwas zwischen uns stehen sollte. Ich denke, wir könnten uns doch die Albernheit des Fragens nach dem Stand, dem Reichtum, der Erziehung und all der anderen schönen Dinge ersparen. Habe doch den Mut, mich zu lieben. Was sind denn Hindernisse? Ist nicht der Weg unseres ganzen Volkes voll von Hindernissen? Wie sagte doch der Rabbiner neulich? — An den Hindernissen wachsen wir.« »Rachel!« rief er nur. Sie flüchtete an seine Brust.
    Das Glück, von dem sie sich beide überflutet fühlten, war unfaßbar. Der göttliche Funke war nicht an ihnen vorbeigeflogen. —
    Das Mädchen mußte nach Hause. Sie trennten sich sehr bald. Später saß Jehu in dem
    unwirtlichen Einbettzimmer des Gasthauses, das er bewohnte. Um ihn war Stille. Noch waren keine Gäste da, und so hatte er ein wenig Zeit, ehe er zum Tanz aufspielen mußte. Mit bebenden Fingern suchte er nach Notenpapier. Dann hielt er einen Bleistift in der Hand. Das größte Erlebnis seines Lebens wurde zu Musik.

    28

    Im Verlauf der kommenden vierzehn Tage ritt Rudolf von Eberstein des öfteren mit Rachel Hirschfelder über die Parkwege der Stadt. All seinen Bemühungen, ihr näherzukommen, begegnete sie mit gleichbleibender Freundlichkeit.
    Anfangs hatte sie ihrem Vater gegenüber das Ansinnen des Grafen, sie auf diese Weise spazierenzuführen, abgelehnt. Aber auf das inständige Bitten Abrahams hin, der meinte, daß man die Familie Eberstein nicht verärgern dürfe, willigte sie dann schließlich ein. Und bald stellte sie fest, daß das Reiten Spaß machte. Daß Eberstein ihr ständiger Begleiter war, berührte sie in keiner Weise. Dennoch wäre sie keine Frau gewesen, wenn sie nicht bemerkt hätte, daß alle Artigkeiten des Grafen nur darauf hinzielten, ihr erfolgreich den Hof zu machen.
    Mutter Judith war voller Hoffnung; denn nach außen hin hatte es tatsächlich den Anschein, als würden nun ihre geheimsten Wünsche in Erfüllung gehen. Sie konnte sich nicht genug tun, bei den gemeinsamen Mahlzeiten die Vornehmheit des Grafen und seine feine Erscheinung herauszustreichen. Rachel lachte dazu und reagierte nicht darauf. Für sie gab es täglich nur ein Erlebnis, dem sie ständig mit bebendem Herzen entgegensah. Das war ihr heimliches Treffen mit Jehu nachmittags um vier Uhr. Die übrigen Stunden des Tages bedeuteten ihr nichts. Sie waren Wartezeit. Und ohne es zu wissen, trug Eberstein dazu bei, sozusagen als zerstreuender Gesellschafter, die unangenehme Wartezeit verkürzen zu helfen. Weder Vater noch Mutter wußten genau, was Rachel in den Stundendes Nachmittags trieb. Man hatte ihr früher zu viel Freiheit gelassen. Nun, da das Mädchen erwachsen war, war es nicht einfach, ihr das gewohnte Tun und Lassen zu verbieten. Und ein Mensch wie Rachel würde es sich auch nicht verbieten lassen.

    29

    »Nun«, fragte der alte Graf

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