Tödliche Flammen: Roman (German Edition)
über das Spielfeld bestimmen.
Und sie spielte gern.
Manchmal musste man eben auf seinen Bauch hören, sagte sich Reena, als sie ihren Wagen abstellte und nach ihrer Tasche griff. Es war zwecklos, eine Angelegenheit totzugrübeln.
Also marschierte sie geradewegs auf Bos Eingangstür zu und klopfte. Es dauerte so lange, bis er aufmachte, dass sie schon glaubte, dass er, wie so oft am Abend, hinten im Garten arbeitete. Doch als er schließlich die Tür öffnete, setzte sie sofort ein keckes Lächeln auf.
»Hallo, ich war gerade in der Gegend und dachte …« Sie stellte fest, dass er aussah, als wäre er einem Gespenst begegnet: bleich und eingefallen. »Was ist los?«
»Ich … ich muss weg. Tut mir leid … ich muss …« Er verstummte und sah sich verdattert um, als habe er vergessen, was er vorhatte.
»Bo, was ist denn passiert?«
»Was? Ich muss … meine Großmutter.«
Reena nahm seinen Arm und bemühte sich um einen ruhigen Ton. Es war offensichtlich, dass er unter Schock stand. »Was ist mit deiner Großmutter?«
»Sie ist gestorben.«
»Oh, das ist ja entsetzlich. Es tut mir so leid. Wann?«
»Sie … gerade kam der Anruf. Vor ein paar Minuten. Ich muss zu ihr. Sie ist bei sich zu Hause. Ich muss mich um alles kümmern. Alles erledigen.«
»Gut. Ich fahre dich hin.«
»Was? Moment, warte eine Sekunde.« Er presste die Finger an die Augen. »Ich bin total durch den Wind.«
»Das ist doch verständlich. Deshalb will ich dich ja hinfahren.«
»Nein, nein, schon in Ordnung.« Kopfschüttelnd ließ Bo die Hände sinken. »Das ist ziemlich weit draußen in Glendale.«
»Komm, wir nehmen mein Auto. Hast du den Hausschlüssel?«
»Den …« Er zog den Schlüssel aus der Hosentasche. »Ja, da ist er. Pass auf, Reena. Das ist wirklich nicht nötig. Ich brauche nur ein paar Minuten, um mich wieder zu beruhigen.«
»In diesem Zustand solltest du nicht Auto fahren, glaube mir. Und allein sein solltest du auch nicht. Schließ die Tür ab«, wies sie ihn an und schob ihn dann zu ihrem Auto. »Wo in Glendale?«
Er rieb sich das Gesicht, als wäre er gerade aus einem tiefen Schlaf erwacht. Dann gab er ihr die Adresse und eine wirre Wegbeschreibung. Allerdings kannte Reena die Gegend aus ihren Collegetagen.
»War deine Großmutter krank?«
»Nein. Wenigstens nichts Ernstes. Zumindest nichts, von dem ich gewusst hätte. Vermutlich das eine oder andere Zipperlein, das man mit siebenundachtzig eben so kriegt. Oder mit achtundachtzig. Mist, das habe ich vergessen.«
»Frauen stört es nicht weiter, wenn man ihr Alter vergisst.« Beim Fahren tätschelte sie ihm kurz die Hand.
»Möchtest du mir erzählen, was geschehen ist? Oder willst du lieber nicht reden?«
»Keine Ahnung. Ich weiß nicht genau, was los war. Ihre Nachbarin hat sie gefunden. Sie machte sich Sorgen, weil sie nicht ans Telefon gegangen ist. Und sie hatte morgens ihre Post nicht reingeholt. Meine Großmutter ist nämlich ein Gewohnheitstier.«
»Ja …«
»Die Nachbarin hat den Schlüssel. Also ist sie rüber, um nach ihr zu sehen. Sie lag noch im Bett. Offenbar ist sie im Schlaf gestorben. Den ganzen Tag hatte sie so dagelegen. Mutterseelenallein.«
»Bowen, es ist immer schwer, wenn man einen geliebten Menschen verliert. Aber kannst du dir einen schöneren Tod vorstellen als zu Hause im eigenen Bett und im Schlaf, wenn der Tag gekommen ist?«
»Vermutlich nicht.« Er holte tief Luft. »Sicher. Ich habe erst gestern mit ihr geredet. Alle paar Tage habe ich sie angerufen, um sie zu fragen, wie es ihr geht. Sie meinte, in der Küche tropfe schon wieder der Wasserhahn. Eigentlich wollte ich heute oder morgen hinfahren, um ihn zu reparieren. Aber dann ist mir etwas dazwischengekommen, und ich habe es nicht geschafft. Mist.«
»Aber du hast dich um sie gekümmert.«
»Nein, ich habe nur hin und wieder etwas im Haus in Ordnung gebracht und sie etwa alle zwei Wochen besucht. Viel zu selten. Ich hätte öfter nach ihr sehen sollen. Warum fällt einem das immer erst ein, wenn es zu spät ist?«
»Weil wir Menschen uns eben gern mit Selbstvorwürfen zermürben. Hat sie noch andere Angehörige?«
»Nicht wirklich. Mein Vater lebt in Arizona. Verdammt, ich habe ihn noch gar nicht angerufen. Dann gibt es noch einen Onkel in Florida und einen Cousin in Pennsylvania.« Bo lehnte den Kopf zurück. »Ich muss die Nummern heraussuchen.«
Reena wurde klar, dass er mit der Situation ganz allein dastand. »Weißt du, wie sie beigesetzt werden
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