Tödliche Flammen: Roman (German Edition)
mal erwachsen.«
»Ich habe immer noch Kontakt mit vielen meiner damaligen Freundinnen. Sogar mit denen, die weggezogen sind. Wir bleiben in Verbindung.«
»Bei Mädchen ist das vielleicht anders. Joey ist nach New York abgehauen, als wir etwa zwölf waren. Das ist lange her.«
Reena stellte fest, dass Tony zwar weiterarbeitete, aber immer wieder nervös zu O’Donnell hinübersah.
»Du hast seitdem auch ein paar Mal Ärger gehabt, Tony.«
»Ja, richtig. Und gesessen habe ich auch. Wenn man mal im Knast war, trauen die meisten einem nicht mehr zu, dass man sein Leben wieder in den Griff kriegen könnte. Inzwischen bin ich verheiratet, habe ein Kind und hier einen festen Job. Ich bin ein guter Mechaniker.«
»Ein Talent, das dir auch beim Handel mit gestohlenen Autoteilen geholfen hat.«
»Damals war ich zwanzig, verdammt, und meine Schuld gegenüber der Gesellschaft habe ich abgetragen. Was willst du von mir?«
»Ich will wissen, wann du zuletzt Joey Pastorelli gesehen oder mit ihm gesprochen hast. Er war öfter in Baltimore, Tony. Und wenn jemand seinem alten Viertel einen Besuch abstattet, schaut er vermutlich auch bei seinen
Freunden von früher vorbei. Du verschweigst mir etwas, und wenn du nicht endlich mit der Sprache rausrückst, kann ich dir ordentlich Ärger machen. Ich täte das zwar nur ungern, aber mir bliebe dann nichts anderes übrig.«
»Das hat doch alles mit der Abreibung zu tun, die er dir als Kind verpasst hat.« Tony zeigte mit einem ölverschmierten Finger auf Reena. »Damit hatte ich nichts zu tun. Ehrenwort. Ich schlage keine Mädchen oder Frauen. Oder steht in meinem Vorstrafenregister vielleicht irgendwas über Gewalt gegen Frauen?«
»Nein, Gewalt war offenbar noch nie dein Thema. Allerdings habe ich gelesen, dass du nach deiner Verhaftung wegen der gestohlenen Autoteile den Mund gehalten hast. Du hast keine Namen genannt. Tust du das aus Freundschaft, Tony? Wir suchen Joey in Zusammenhang mit einem Mordfall. Hast du etwa Lust auf eine Anklage wegen Beihilfe?«
»Hoppla, Moment mal! Warte.« Den Schraubenschlüssel in der Hand, wich Tony zurück. »Mord? Ich weiß nicht, wovon du redest. Ich schwöre.«
»Erzähl mir alles über Joey.«
»Okay, kann sein, dass er ein paar Mal kurz hier war und dass wir ein Bierchen miteinander getrunken haben. Das ist doch nicht verboten.«
»Wann? Wo?«
»Mann.« Als Tony die Kappe abnahm, sah Reena, dass sein Haar schütter geworden war und dass er lange, spitz zulaufende Geheimratsecken bekommen hatte. »Nach dem Brand und dem ganzen Chaos habe ich erst wieder von ihm gehört, kurz bevor ich die Jungs mit den Autoteilen kennengelernt habe. Er tauchte auf und meinte, er habe etwas zu erledigen. Dann sagte er, falls ich mir ein bisschen was dazuverdienen will, würde er mich den richtigen Leute vorstellen. Er hat mich in die Werkstatt mitgenommen. So habe ich damit angefangen.«
»Du wurdest 1993 verhaftet.«
»Richtig. Davor hatte ich etwa ein Jahr lang gestohlene Autos ausgeschlachtet.«
Sie spürte, wie sich ihr der Magen zusammenkrampfte. »Also hat Joey dich 1992 vermittelt?«
»Stimmt.«
»Wann genau? Wenigstens die Jahrszeit! War es Frühling, Sommer, Winter?«
»Ach herrje, wie soll ich das jetzt noch wissen?«
»Versuch, dich an das Wetter zu erinnern, Tony. Nach so vielen Jahren steht Joey plötzlich wieder auf der Matte, und ihr geht einen trinken. Zu Fuß? Hat es geschneit?«
»Nein, es war schönes Wetter. Ich habe einen Joint geraucht und mir ein Baseballspiel angehört. Es war noch früh in der Saison. April oder Mai.«
Obwohl es in der Garage heiß und stickig war, hatte der Schweiß auf Tonys Stirn seine Ursache sicher nicht in der schlechten Luft an seinem Arbeitsplatz. »Pass auf, falls er jemanden umgelegt hat, hat er es mir nicht erzählt. Das heißt nicht, dass mich das wundert oder dass ich es ihm nicht zutrauen würde. Doch er hat es jedenfalls mit keinem Wort erwähnt.« Tony fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Aber über dich hat er geredet.«
»Ach, wirklich?«
»Nur so blödes Zeug. Hat mich gefragt, ob ich dich noch ab und zu sehe … und ob, du weißt schon, ich je was mit dir gehabt hätte.«
»Was sonst noch?«
»Ich war ziemlich bekifft, Reena. Wir haben eben den üblichen Mist gelabert, und dann hat er mir den Kontakt zu der Bande vermittelt. Dafür habe ich drei Jahre gesessen, und jetzt bin ich ehrlich. Seitdem arbeite ich in diesem Laden hier. Ein paar Jahre nach meiner Entlassung ist
Weitere Kostenlose Bücher