Tödliche Flammen: Roman (German Edition)
sondern auch der Ablenkung dienten.
Sicher war ihr in ihrer Trauer noch mehr entgangen, sagte sie sich.
Seit zwei. Das hatte Derrick gesagt. Seit zwei schoben sie inzwischen hier Wache.
Reenas Handflächen wurden feucht. Sie wirbelte herum, griff nach ihrer Waffe und wollte die Treppe hinunter und aus dem Haus fliehen.
Doch Joey stand in der Tür und versperrte ihr den Weg. Er trug ein T-Shirt mit dem Werbeaufdruck des Sirico. Und hatte eine .22er in der Hand.
»Zeit für die große Überraschung. Es wäre besser, wenn du die Waffe ganz langsam herausholst, Reena. Wirf sie auf den Boden.«
Sie hob die Hände. Nicht die Waffe hergeben, dachte sie. Du darfst nie die Waffe hergeben. »Das Haus ist von der Polizei umstellt, Joey.«
»Ja, ich habe die Polizisten gesehen. Zwei vorne und zwei hinten. Sind etwa zehn Minuten nach mir angekommen. Heute Nacht hattest du sicher eine Menge zu tun. Du hast ja Ruß im Gesicht. Du warst in meinem Haus, richtig? Ich wusste, dass du reingehen würdest, ich habe mich nämlich eingehend mit dir befasst. Hast du sie gesehen, bevor das Feuer sie erwischt hat?«
»Ja.«
Er grinste breit. »Hey, wo ist denn dein Partner?«
Die Schadenfreude stand ihm ins Gesicht geschrieben. Reena war fest entschlossen, diesen Mann in der Hölle schmoren zu sehen, ganz gleich, welche Folgen das auch für sie persönlich haben mochte. »Du hast einen Polizisten getötet, Joey. Es ist aus und vorbei mit dir. Jeder Kollege in Baltimore ist dir auf den Fersen. Du kannst nicht entkommen.«
»Ich glaube, ich schaffe das schon. Aber wenn nicht, habe ich wenigstens das zu Ende gebracht, was ich angefangen habe. Die Pistole, Reena.«
»Wenn du schießt, stürmt die Polizei das Haus, noch ehe ich umgefallen bin. Das wäre doch kein besonders ruhmreicher Abschluss für deine Mission. Doch darum geht es dir auch gar nicht. Es ist das Feuer, richtig? Für dich bedeutet es nur eine Befriedigung, wenn ich brenne.«
»Und das wirst du. Ich wette, dein Partner hat gut gebrannt.«
Reena drängte das Bild beiseite, das vor ihrem geistigen Auge entstand. Allerdings hatte es ihre Wut entfacht.
Ja, sie konnte denken, und sie konnte fühlen. Und er hatte sich schwer in ihr verschätzt. »Ich weiß, dass dein Vater Krebs hat.«
Rasender Zorn malte sich in seinem Gesicht. »Lass meinen Vater aus dem Spiel. Du hast nicht das Recht, seinen Namen auszusprechen.«
»Womöglich befürchtest du, selbst krank zu sein. Es von ihm geerbt zu haben. Aber die Wahrscheinlichkeit ist ziemlich gering, Joey. Sie liegt im einstelligen Bereich.«
»Was verstehst du schon davon, zum Teufel? Es zerfrisst ihn von innen heraus. Man kann dabei zusehen und es riechen. Ich werde nicht so sterben und er auch nicht. Ich kümmere mich um ihn, ehe es so weit ist. Feuer reinigt.«
Reena wurde von eisiger Furcht ergriffen. Er wollte seinen eigenen Vater verbrennen. »Du kannst ihm nicht helfen. Und du heilst ihn auch nicht, indem du hier stirbst.«
»Vielleicht nicht. Aber er hat mir beigebracht, auf mich selbst aufzupassen. Ich denke, dass ich es schon schaffen werde, mich aus dem Staub zu machen. Wenn du brennst, werden alle herbeistürzen, um dich zu retten. Und währenddessen verdünnisiere ich mich. Wie Rauch.«
Als Joey einen Schritt vorwärts machte, wich Reena zurück. »Ein Bauchschuss wird dich vermutlich nicht töten, zumindest nicht gleich. Aber es wird sehr wehtun. Vielleicht hören sie es. Doch da eine kleine Pistole wie diese
nicht viel Lärm macht, kann es auch sein, dass niemand es mitkriegt. Wie dem auch sei, die Zeit reicht. Ich habe schon alles vorbereitet.«
Er stieß Reena ins Schlafzimmer und machte Licht.
Auf dem Boden und dem Bett waren Feuerbrücken und Kamine aufgebaut.
Joey packte Reena am Haar und zerrte sie zu Boden. Dabei presste er ihr die Pistole an die Schläfe. »Ein Geräusch, eine Bewegung, dann jage ich dir eine Kugel in den Kopf und verbrenne das, was von dir übrig ist.«
Ich muss am Leben bleiben, sagte sie sich. Wenn sie tot war, konnte sie ihm nicht mehr das Handwerk legen. »Dann verbrennst du auch.«
»Falls das passiert, kann ich mir keinen schöneren Tod vorstellen. Schon seit ich zwölf bin, macht es mich neugierig.« Er riss Reena die Polizeipistole aus dem Halfter und schleuderte sie beiseite. »Die knallt zu laut«, verkündete er. »Sicher fragst du dich auch, wie sich das anfühlt, reinzugehen und sich vom Feuer überwältigen zu lassen. Aber du wirst es gleich herausfinden. Wir
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