Tödliche Flammen: Roman (German Edition)
einer Viertelstunde zurück.«
Sie hastete zurück zum Wagen, bevor ein Familienmitglied sie bemerkte. Denn wenn erst einmal alle nach draußen strömten, würde sie es nie schaffen, nach Hause zu fahren und sich umzuziehen.
»Deine Familie hält fest zusammen«, meinte Bo, als sich das Auto in Bewegung setzte. »Ein Fundament aus Granit, Catarina. Ganz gleich, wie verängstigt und besorgt sie auch sein mögen, nichts kann sie auseinanderbringen.«
»Er will ihnen etwas antun. Und ich fürchte, dass ich die Angst um sie nicht mehr lange aushalte.«
»Bald haben wir es ausgestanden. Und wenn ich mich wirklich auf eine Ehe einlasse – hast du gehört, ich habe das Wort laut ausgesprochen! –, also auf eine Ehe und auf Kinder, will ich, dass unsere Beziehung auch auf einem guten und stabilen Fundament steht.«
»Tja, der Zeitpunkt ist ein wenig eigenartig, aber war das etwa ein Heiratsantrag?«
»Hmmm. Eigentlich kam der Heiratsantrag ja von dir. Ich habe ihn nur angenommen. Allerdings sehe ich nirgendwo einen Ring. Offiziell ist es erst, wenn du mir einen Ring schenkst.«
Sie stoppte den Wagen einfach mitten auf der Straße, stützte den Kopf aufs Lenkrad und brach in Tränen aus.
»O nein, mein Gott, so wein doch nicht.« Bo zerrte an seinem Sicherheitsgurt und beugte sich hinüber, um Reena in die Arme zu nehmen.
»Ich kann aber nicht anders. Gleich geht es wieder. Vorhin im Haus, in dem Schlafzimmer, als ich sah, was er mit ihnen gemacht hatte, dachte ich, ich würde gleich durchdrehen. Er hat sie erschossen und sie ins Bett gesetzt wie Puppen.«
»Wen?«
»Carla und Don Dimarco. Ich kannte sie nicht gut, denn sie hatten das Haus erst vor wenigen Monaten gekauft. Ein junges Ehepaar, ihr erstes eigenes Zuhause. Ihre Mutter und die von Gina waren Klassenkameradinnen.« Reena setzte sich auf und wischte die Tränen weg. »Er hatte das Bett nicht angezündet, damit ich sie auch gut sehen konnte. Den Schall der Schüsse hat er mit Kissen gedämpft. Ich
stand da, um mich herum tobte das Feuer, und ich erkannte genau, wie er hereingekommen ist, während sie schliefen, ihnen die Kissen aufs Gesicht gedrückt hat… ein kleines Kaliber. Ein winziges Loch. Einfach nur ein winziges Loch.«
Schweigend nahm Bo ihre Hand.
»Rings um mich herum brennt es. Die Flammen, die Hitze, der Qualm, das Licht. Es spricht zu mir. Man kann hören, wie es murmelt, singt und brüllt. Es hat eine eigene Sprache. Es fasziniert mich und zieht mich an. Das war schon immer so, seit der Nacht, als ich, ein Glas Gingerale in der Hand, auf der Straße stand und beobachtete, wie hinter den Fensterscheiben des Sirico die Flammen züngelten. Ich verstehe, warum… warum es ihn so fasziniert«, sagte sie und drehte sich zu Bo um.
»Ich kann nachvollziehen, warum er sich ausgerechnet für Feuer entschieden hat und nicht mehr davon loskommt. Ich begreife die Schritte, die uns hierhergeführt haben, uns alle. Doch nun, seit O’Donnell tot ist, fühle ich mich, als stünde ich am Rande des Abgrunds. In diesem Zimmer bin ich aus dem Gleichgewicht geraten, als ich die beiden Menschen betrachtete, die nichts weiter verbrochen hatten, als sich ein hübsches Haus in einem netten Viertel zu kaufen. Ich schaute sie an und spürte das Feuer, und plötzlich ist etwas in mir zerbrochen. Im nächsten Moment stand mein Partner in der Tür. Er hat mich vom Abgrund zurückgezogen und mich daran erinnert, dass Arbeit auf uns wartete. Und dafür ist er gestorben.«
Zitternd atmete sie aus. »Ich verstehe, was er tut und warum. Und warum er keine andere Wahl hat. Das Feuer fasziniert ihn ebenfalls.«
»Hast du dich etwa auf die Schwachsinnsidee verstiegen, du und dieses Schwein, ihr könntet etwas gemeinsam haben?«
»Es ist so, und zwar in mehr als einer Hinsicht. Nur mit
dem Unterschied, dass ich ein Fundament aus Granit habe, für das ich Gott danke. Und jetzt habe ich zusätzlich noch dich. Wie ich schon sagte, hast du eine beruhigende Wirkung auf mich, Bo. Wenn ich aus dem Gleichgewicht komme, bringst du mich wieder in den Tritt. Warum sonst solltest du in dieser entsetzlichen Nacht neben mir sitzen und von Ehe und Kindern reden?«
»Willst du das wirklich wissen?« Er zog ein Taschentuch aus der Gesäßtasche und wischte ihr damit die tränennassen Wangen ab. »Den Großteil der heutigen Nacht habe ich im Haus deiner Eltern herumgesessen oder -gestanden oder bin auf und ab gelaufen. Und ich habe deiner Familie zugesehen, wie sie dasselbe tat. Dabei
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