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Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung

Titel: Tödliche Fortsetzung - Bischoff, M: Tödliche Fortsetzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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Charme verloren. Nur wand sich jetzt ein Bauzaun um die Halle und neben dem Haupteingang kündete ein Bauschild von den bevorstehenden Veränderungen. Wie ein dösendes, wenngleich wachsames Tier im Käfig, lag das einstige Papierrollenlager da.  
    Es war unvermeidbar: Sie musste den Raubtierkäfig betreten und sowohl das Tier als auch den Ort für sich zurückerobern. Je früher, desto besser.
    Ihr dunkelgrüner Mini hielt direkt vor dem Bauschild. Noras Hände krampften sich um das Lenkrad. Sie hielt den Atem an. Obwohl der Wagen stand, der Motor ruhte, presste sie den Fuß so kräftig auf die Bremse, dass ihr bereits der Oberschenkel schmerzte.
    »Soll ich mit reinkommen?« Gideons Stimme vom Beifahrersitz riss sie aus ihrer Fantasie, in der eine bluttriefende Schreibmaschine eine tragende Rolle spielte.
    Noras Hände lösten sich vom Lenkrad. Sie stieß die Luft aus und spürte dem wohligen Prickeln in den Fingern nach. Entspannungstechnik nach Jacobson. Angstlösend. Von führenden Polizeipsychologen empfohlen.
    »Danke, ich komme zurecht. Wenn ich in fünf Minuten nicht zurück bin …«
    »… schicke ich das SEK rein.«
    Nora lachte nervös, ihr Blick klebte an dem Backsteinbau. Entschlossen riss sie die Wagentür auf und stieg aus. Dann ging sie ein paar Schritte, drückte den Bauzaun an einer Nahtstelle auseinander und schlüpfte durch die entstandene Lücke.  
    Ein letztes Mal sah sie zu ihrem Wagen zurück. Richter saß auf dem Beifahrersitz und reckte ermutigend den Daumen nach oben. Der breitschultrige Mann sah aus, als hätte man ihn mit Gewalt in den Kleinwagen gequetscht.
    Nora eilte die Längsseite entlang, bis sie den Nebenein-gang erreichte. Mit einem Quietschen, bei dem sich ihre Nackenhaare sträubten, schwang die Tür auf und sie trat ein.
    Der Geruch, der ihr entgegenschlug, rief umgehend eine heftige Reaktion hervor. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie ballte die Hände zu Fäusten und hielt die Luft an. Als sich ihr Puls ein wenig beruhigt hatte, setzte sie bedächtig einen Schritt vor den anderen, bis sie in der Mitte der Halle angekommen war.
    Die Gipskartonplatten, die Garrotte und alle weiteren Spuren ihrer Gefangenschaft hatte man entfernt, nur die Europaletten, die als Bühne gedient hatten, lagen noch aufeinander. Wenige Meter entfernt, auf dem Boden, waren die Reste einer dunklen Flüssigkeit zu sehen, eingesickert, getrocknet.
    Nora drehte sich langsam um die eigene Achse. Sie nahm das düstere Innere der Halle wahr, den modrigen Geruch, den Widerhall ihrer Schritte, sie richtete ihren Blick durch die zerborstenen Fenster nach draußen ins diffuse Licht und zum Schluss auf die verwitterte Holztür, durch die Paul Krüger sie an diesen Ort des Grauens gebracht hatte. Sie fühlte beinahe die Kälte der Steinmauer, die ihren Rücken hinaufgekrochen war, während sie blind Krügers Anweisungen befolgt hatte.
    Sie boxte ein paar Mal in die Luft, ging in die Hocke, sprang hoch. Es tat gut, die Spannung herauszulassen. Dann ging sie zur Wand hinüber. Sie umrundete die ganze Halle, durchmaß das Gebäude von innen, bemächtigte sich seiner mit jedem Schritt. Sie kam an einem Stahlträger vorüber, von dem der Lack abgeplatzt war, von Schrammen übersät und mit der gleichen dunklen Flüssigkeit beschmiert, die den Boden besudelt hatte.  
    Draußen lugte die Sonne hinter einer Wolke hervor. Ein Lichtstrahl fiel in das Innere der Halle. In einer dunklen Ecke blitzte etwas auf.  
    Nora beugte sich hinunter und hob den Gegenstand auf. Er war schmal und blinkte metallisch: der Typenhebel einer Schreibmaschine. Paul Krügers Schreibmaschine. Er musste herausgebrochen sein, als Siegfried Bär mit der Maschine …
    Auf dem Typenhebel befanden sich zwei Satzzeichen: Punkt und Semikolon.
    Nora steckte den Typenhebel mit zitternden Händen in die Tasche und setzte ihre Runde fort. Als sie wieder an der Tür angekommen war, blickte sie ein letztes Mal zurück. Dann ließ sie das Papierrollenlager und die Geschichte vom Drachentöter endgültig hinter sich.
    Richter stand neben dem Mini und rauchte. Nora griff in die Tasche und reichte ihm den Typenhebel. Er drehte den Metallstab im Sonnenlicht hin und her, dann gab er ihn ihr zurück.
    »Den Sauhaufen von der Spusi nehme ich mir am Montag gleich als Erstes vor.«
    Nora lachte. Dann holte sie aus und warf den Typenhebel in hohem Bogen fort. Es schepperte, als er in geraumer Entfernung auf dem Boden aufschlug.
    Nora und Gideon stiegen ein und

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